Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Tempo 30: Autofahrer beleidigt Radarmesser
Der Obere Graben in der Innenstadt wurde unlängst zur Tempo-30-Zone. Als ein Autofahrer dort geblitzt wurde, rastete er aus. Das kommt ihn nun teuer zu stehen.
Die italienische Stadt Bologna mit 380.000 Einwohnern hat auf 70 Prozent ihres Straßennetzes Tempo 30 eingeführt – was dort hochumstritten ist und den Innenminister auf den Plan gerufen hat. Auch in Augsburg wird, teils probeweise, auf immer mehr Straßen ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde angeordnet, nicht nur vor Schulen und Kindergärten. So auch auf dem Oberen Graben am Rande der Innenstadt. Wer dort die Tempo-30-Schilder übersieht und in alter Gewohnheit mit 50 Sachen die Straße entlangfährt, riskiert ein Bußgeld. Falls er bei einer Radarkontrolle erwischt wird, wie es einem 50-jährigen Lenker eines VW-Busses passiert ist. Doch anstatt Einsicht zu zeigen und das Büßergewand anzulegen, rastete er offenbar aus.
Das Messfahrzeug des städtischen Ordnungsamtes stand auf Höhe der Straße „An der Brühlbrücke“und hatte den Temposünder am Oberen Graben im Fokus. Der Autofahrer fuhr mit Tempo 50, genauso schnell, wie er vor der Einführung des Tempo-30-Limits hätte fahren dürfen. Abzüglich einer Messtoleranz war er also genau 17 Stundenkilometer zu schnell, was ein Bußgeld von 70 Euro bedeutete. Als der Temposünder das Blitzen des Messgerätes bemerkte, hielt er an. Er ging auf das Messfahrzeug zu, riss die Türe auf und herrschte den städtischen Radarmesser wutentbrannt an: „Hast du nichts Besseres zu tun? Taugenichts, du Arsch.“
Der beleidigte Mitarbeiter der Stadt hatte danach tatsächlich Besseres zu tun. Er stellte mit Unterstützung seines Vorgesetzten Strafantrag wegen Beleidigung. Die Staatsanwaltschaft erwirkte bei Gericht einen Strafbefehl über 2800 Euro (70 Tagessätze zu je 40 Euro). Dagegen legte der geblitzte Autofahrer Einspruch ein, sodass es jetzt zum Prozess kommen sollte. Doch kurz vor dem Termin beschränkte der Temposünder den Einspruch auf die Höhe des Tagessatzes, der sich nach dem Einkommen bemisst.
Damit ist der Strafbefehl, was das Tatgeschehen und die Zahl der Tagessätze anbelangt, rechtskräftig. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes, der wohl niedriger als 40 Euro ausfallen wird, berechnet die Justiz nun auf dem Bürowege.