Augsburger Allgemeine (Land Nord)
„Der Sparkurs läuft und funktioniert“
Die Umstrukturierung der Kreiskliniken Dillingen-Wertingen ist in vollem Gange. Abteilungen werden geschlossen, andere Angebote geschaffen. Was haben die Sparmaßnahmen bisher gebracht?
Die Zuschauerbänke im großen Sitzungssaal des Dillinger Landratsamtes sind voll. Die meisten der Interessierten sind Mitarbeiter der beiden Kreiskliniken. Angekündigt war ein Bericht der Geschäftsführung und der Wirtschaftsprüfer über aktuelle Entwicklungen und den Stand der Umsetzung des Medizinkonzepts. Ein Wasserstandsbericht also. Schlau geworden sei sie mit den Informationen nicht, sagt eine Zuhörerin am Ende der Sitzung. „Nur, dass das Wasser offenbar bis zum Hals steht.“Aber stimmt das auch?
Selten sind bei Ausschusssitzungen die Ränge so voll wie an diesem Tag. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik wollen wissen, ob es in der Sitzung des Krankenhausausschusses Neuigkeiten gibt. Und die gibt es. Nur sind die wie so oft gut versteckt in den Berichten der Geschäftsführerin Sonja Greschner und des Beraters Martin Köbler.
Zusammengefasst könnte man es so beschreiben: Man hat im vergangenen Jahr mehr eingespart als erwartet. Erreicht hat man die angepeilten Fallzahlen, also die Anzahl der behandelten Fälle, im Jahr 2023 zwar nicht, dennoch belaufe sich das Defizit auf zehn statt der ursprünglich erwarteten zwölf Millionen Euro, so Geschäftsführerin Greschner. Dies liege an Einsparungen, aber auch daran, dass es 2023 seitens des Bundes Ausgleichszahlungen für die Kliniken gab. Allein 5,4 Millionen Euro flossen unter anderem im Rahmen des Härtefallfonds und der CoronaAusgleichszahlungen. Verteilt auf die zwei Häuser entfällt also laut den aktuellen Hochrechnungen im Jahr 2023 ein Minus von rund 5,7 Millionen Euro auf die Dillinger und ein Minus von 4,3 Millionen Euro auf die Wertinger Klinik.
Das Berliner Beratungsunternehmen
Peritinos begleitet die Umstrukturierung der beiden Häuser und hat einen genauen Sparfahrplan bis ins Jahr 2029 vorgelegt. 16 Maßnahmen sollen über die Jahre dazu führen, dass die Kliniken sowohl mehr Geld erwirtschaften als auch mehr Geld sparen. Im Laufe von vier bis fünf Jahren, rechnet Köbler vor, wolle man mit diesen Maßnahmen insgesamt 7,5 Millionen Euro einsparen. Bereits bemerkbar macht sich der laut Köbler bedeutendste Einsparungspunkt: die Verringerung der Ausgaben für Leihpersonal.
Er führt das auf „intelligentes Personalmanagement“zurück. Heißt: Um die Leihkräfte in der Pflege, im Funktionsdienst und in der Ärzteschaft durch fest angestelltes Personal zu ersetzen, habe man einige Hebel in Bewegung gesetzt. Vom Dienstwagen bis zu einem ansprechend gestalteten Schwesternzimmer sei vieles möglich. Denn Leihkräfte kosten Geld. Werden Pflegekräfte von der Leiharbeitsfirma
ausgeliehen, dann verdienen sie häufig mehr als diejenigen, die nach Tarif bezahlt werden. Doch nur die Tariflöhne bekommen die Krankenhäuser über das Pflegebudget ersetzt. Köblers Fazit: „Der Sparkurs läuft und funktioniert.“Das ist die gute Nachricht. Eine schlechte Nachricht aus Sicht der Kliniken sei, so Köbler, dass die Hilfezahlungen vom Bund für 2024 wegfallen würden. „Das hat die Sparmaßnahmen noch mal beschleunigt.“Karl Lauterbach habe, so Köbler gegenüber unserer Redaktion, für 2024 keine Hilfen vorgesehen, weil er wohl bereits mit dem In-Kraft-Treten der Krankenhausreform gerechnet habe. Doch bei der Reform sei noch zu viel im Unklaren, vor allem, wenn es um harte Fakten, wie die Höhe der Vorhaltepauschalen gehe. Diese Gelder sollen Kliniken bekommen, damit sie defizitäre Abteilungen – wie die Notfallmedizin – weiter betreiben können.
Doch dass kleine Kliniken wie
die in Dillingen oder Wertingen schlicht nicht mehr genug selbst machen dürfen, um sich finanzieren zu können, das ist die Sorge vieler Lokalpolitiker. Auch die von Dillingens Oberbürgermeister Frank Kunz. Sehe man sich andere Kliniken in der Umgebung an, sei man in Sachen Defizit noch im Mittelfeld unterwegs. „Wir sehen, wie viele Bürger und Beschäftigte auch, wofür im Land überall Geld da ist.“Man müsse in Berlin darum kämpfen, dass die Versorgung „im flachen Land“auch sichergestellt sei. Wenn der Gesundheitsminister die Klinikqualität an der Menge der dort behandelten Fälle ablese, „dann sind Versorger wie wir weg vom Markt“.
Berater Köbler sieht es im Gespräch mit unserer Redaktion so: „Auch die kleinen Häuser haben eine Überlebenschance, wenn sie nur tun, was sie sehr gut können und was sie nicht können, weitergeben.“Diese Strategie soll in den Kreiskliniken nun auch Schritt für
Schritt umgesetzt werden. Belegabteilungen, die nicht genug Fälle behandeln, wurden geschlossen. Hinzu kommen Ärzte, die am Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) arbeiten. Dort hat seit Januar Psychiater und Kreisrat Albert Pröller einen Vertragsarztsitz. Ein weiterer soll, so Geschäftsführerin Greschner, ab April hinzukommen. Dann soll das MVZ um einen Allgemeinarztsitz erweitert werden.
„All das hat auch die Mitarbeiter vor eine große Herausforderung gestellt“, sagt Landrat Markus Müller über die Vorgänge an den Kreiskliniken. „Danke für Ihre Arbeit und Ihr Mitwirken.“Auch Ausschussmitglied Peter Holfeld interessiert sich für die Mitarbeiter. Es habe geheißen, dass in Wertingen wegen der Umstrukturierung Pfleger gekündigt hätten. Dies bestätigt Geschäftsführerin Greschner. Dennoch seien in Wertingen alle Stellen besetzt, in Dillingen erwarte man, dass das im Frühjahr der Fall sei.