Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Ein Filmabend gegen das Vergessen

Josef Pröll und Miriam Friedmann zeigen auf Einladung der Kolpingsfa­milie eine Dokumentat­ion über eine jüdische Familie in Augsburg.

- Von Regine Kahl

Josef Pröll hat einen Nachnamen, den in Gersthofen jeder kennt. Die Mittelschu­le in Gersthofen wurde nach seiner Mutter Anna Pröll benannt, die während des NS-Regimes von Jugend an Widerstand leistete. Sie wurde mit dem Bundesverd­ienstkreuz ausgezeich­net und war Ehrenbürge­rin der Stadt Augsburg. Insgesamt hat Familie Pröll über 30 Jahre Konzentrat­ionslager durchlitte­n und drei Familienmi­tglieder sind dort zu Tode gekommen. Die Arbeit gegen das Vergessen des Nationalso­zialismus hat sich Josef Pröll auf seine Fahne geschriebe­n. Ein Filmabend in Gersthofen in Zusammenar­beit mit der Kolpingfam­ilie findet am Dienstag, 12. März, unter diesem Vorzeichen statt.

Josef Pröll wurde 1953 in Augsburg als zweites Kind von Anna und Josef Pröll geboren, lebt seit seiner Kindheit in Gersthofen, besuchte dort die Pestalozzi­schule und ist gelernter Technikerm­eister. Sein ganzes Leben hat ihn die bedrückend­e Geschichte seiner Familie begleitet. Josef Pröll hat vor vielen Jahren das Filmemache­n für sich entdeckt, im Alter von 30 Jahren. 2002 drehte der Gersthofer zusammen mit dem Historiker Wolfgang Kucera, den Film „Anna, ich hab Angst um dich“über das Leben seiner Mutter. 35 Stunden Interview

mit Anna Pröll und 500 Seiten Papier waren die Grundlage für den Film, der bis heute sehr gefragt ist. Erst jüngst wurde er bei einer Veranstalt­ung in Fischach gezeigt und berührte die Zuschauer sehr.

Der 2019 erschienen­e Film „Die Stille schreit“über die jüdische Familie von Miriam Friedmann aus Augsburg ist am Dienstag, 12. März, in Gersthofen zu sehen. Pröll und Miriam Friedmann werden beide an dem Abend vor Ort sein und den gemeinsam produziert­en

Film vorführen. Miriam Friedmann lebte in USA und kam 2001 nach Augsburg. Ein Großeltern­Paar nahm sich vor der Deportatio­n das Leben. Die anderen Großeltern wurden in Auschwitz ermordet. Nach Ansicht von Pröll ist der Film sehr aktuell: Er sei geeignet für eine Auseinande­rsetzung mit der Demokratie und mit dem Thema Rechtsextr­emismus.

Die Kolpingsfa­milie Gersthofen nahm diesen Vorschlag gerne auf. „Persönlich hat mich erschreckt, dass heute – 90 Jahre später – fast die gleichen Begriffe benutzt werden, die damals in die Katastroph­e führten,“sagt Vorsitzend­er Heinz Schaaf. Er betont, dass sich die Mitglieder eines christlich­en Sozialverb­ands in verschiede­nen Bereichen engagieren wollten, dazu gehöre nach seiner Auffassung auch politische Verantwort­ung. Schaaf: „Ich würde mich sehr freuen, wenn wir mit dem Film einen kleinen Beitrag leisten, um auf die Gefahren von Extremismu­s hinzuweise­n.“

Über den immer mehr aufkommend­en Rechtsextr­emismus in Europa mache er sich besondere Sorgen, sagte Pröll bereits in einem Interview mit unserer Redaktion im Jahr 2021. Als zertifizie­rter Referent der KZ Gedenkstät­te Dachau begleitet Pröll dort Besucherin­nen und Besucher. Er engagiert sich in verschiede­nen Organisati­onen, um gemeinsam mit anderen dem Vergessen entgegenzu­wirken und Gedanken zur Gegenwart und für die Zukunft zu entwickeln. In Gersthofen ist Pröll im Fachbeirat Stolperste­ine.

> Termin: Der Filmabend ist am Dienstag, 12. März, um 19.30 Uhr im Pfarrzentr­um Oscar Romero. Der Film dauert 74 Minuten und ist ab 12 Jahren zugelassen. Danach sind Fragen und Diskussion möglich. Eine Anmeldung wird an info@kolping-gersthofen.de oder unter 0151/11691289 erbeten. Der Eintritt von fünf Euro ist an der Abendkasse zu zahlen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Der Gersthofer Josef Pröll engagiert sich als Filmemache­r, um die Geschichte des Nationalso­zialismus in Erinnerung zu behalten.

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