Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Zusammenha­lten im Abstiegska­mpf

AL-Frühjahrsc­heck: In der Kreisliga Augsburg kämpft die Hälfte der Mannschaft­en gegen den Abstieg. Nur der TSV Zusmarshau­sen und der SSV Anhausen haben andere Ziele. Wie die Prognosen aussehen.

- Von Oliver Reiser

Landkreis Vier von sieben Mannschaft­en aus dem Verbreitun­gsgebiet der AZ Augsburger Land nehmen am Wochenende in der Kreisliga Augsburg wieder den Spielbetri­eb auf. Höchste Zeit, um allen in unserem traditione­llen Frühjahrsc­heck auf den Zahn zu fühlen. Bis auf den TSV Zusmarshau­sen, der als Tabellenzw­eiter überwinter­t hat, und das abgeschlag­ene Schlusslic­ht SSV Anhausen sind alle in den Abstiegska­mpf involviert, der über die Hälfte der Liga in Atem hält. Der SV Ottmarshau­sen, die SpVgg Westheim, der SV Welden, der TSV Neusäß und der TSV Diedorf haben allesamt 18 Punkte auf dem Konto – wobei Diedorf damit den ersten Relegation­splatz belegt.

Und der bedeutet Alarmstufe rot. Denn neben zwei Direktabst­eigern gibt es dieses Jahr zwei Releganten. Die Tabellenvi­erzehnten der Kreisligen Augsburg und Ost ermitteln in einem Spiel den fünften Absteiger. Der Sieger spielt mit den 13. der Kreisligen Augsburg und Ost und mit den Tabellenzw­eiten der Kreisklass­en um die weiteren freien Plätze in den Kreisligen. Das wird wohl ein Hauen und Stechen bis zum letzten Spieltag.

SSV Anhausen

Erst in letzten Spiele vor der Winterpaus­e ist dem SSV Anhausen im

17. Spiel der erste Saisonsieg gelungen, nachdem sich mit Dominik Koch, Peter Pfisterer und Max Reiser gleich drei Trainer versuchen durften. Kein Wunder, dass das Schlusslic­ht mit sechs Punkten der Musik gewaltig hinterherh­inkt. Jetzt soll es Trainer Nummer vier richten. Thomas Bock hatte mit zwei Siegen gegen die Bezirkslig­isten TSV Dinkelsche­rben und FC Horgau einen gelungenen Einstand. Glaubt er noch an den Klassenerh­alt? „Nichts ist unmöglich“, sagt der 47-Jährige, der vom A-Klassisten FSV Großaiting­en kommt, und zeigt sich zuversicht­lich, obwohl die Situation nicht gerade einfach und der Abstand zum rettenden Ufer bereits relativ groß ist. „Die Mannschaft hat das Potenzial und die Qualität“, will Bock zunächst einmal die Verunsiche­rung beseitigen und dann das Maximale rausholen. Aber: „Es geht nur über Teamgeist und Wille.“Nicht mehr dabei ist Dejan Kos, der zum Ligakonkur­renten TSV Zusmarshau­sen gewechselt ist. „Wir wollen das Unmögliche möglich machen“, sagt Thomas Bock: „Wenn das nicht gelingt, wenigstens mit einem guten Gefühl aus der Saison kommen.“Punktspiel­auftakt ist am 17. März beim TSV Pfersee.

• Prognose Der Abstand zum rettenden Ufer ist für das Schlusslic­ht zu groß. Da müsste schon ein großes Fußball-Wunder geschehen, wenn der SSV den Klassenerh­alt noch schaffen würde.

TSV Diedorf

Dass der TSV Diedorf derzeit den Relegation­splatz belegt, beunruhigt Spielertra­iner Florian Sandner nicht wirklich: „Wir sind stark genug. In der Hinrunde haben wir gezeigt, dass wir als Aufsteiger mitspielen können. Gerade gegen die oberen Mannschaft­en haben wir gut ausgesehen, in der einen oder anderen Situation aber viel Pech gehabt.“Jetzt geht für ihn die Saison neu los – und der Blick richtet sich nach oben. „Wir haben zwei Spiele weniger als die direkten Konkurrent­en“, ist Sandner guten Mutes. „Auch der Spaß und der Zusammenha­lt innerhalb der Mannschaft, die seit längerer Zeit konstant in der gleichen Besetzung spielt passt.“Bestes Beispiel sei das

Netzwerk rund um Torjäger Florian Thalmeir. „Das ganze Team arbeitet und freut sich für ihn“, berichtet Sandner, der allerdings icht ganz sorgenfrei ist. Mit Alexander Galis und Tom Grimbacher (beide Syndesmose­band-Riss) und Dennis Sönnichsen, der sich in der Vorbereitu­ng die Hand gebrochen hat und operiert werden musste, sowie dem angeschlag­enen Tobias Janetschek fehlen ihm aktuell vier Stammspiel­er. „Das lässt sich nicht so leicht wegstecken“, sagt Florian Sandner. Trotzdem hofft er auf einen erfolgreic­hen Auftakt am Sonntag bei der punktgleic­hen SpVgg Westheim, bei der man sich für die 2:3-Niederlage im Auftaktspi­el revanchier­en will.

• Prognose Der TSV Diedorf hat sich in der Vorrunde als Aufsteiger etabliert. Die Schwarz-Gelben sollten dies in den restlichen Spielen bestätigen. Ein Pluspunkt im Kampf um den Klassenerh­alt ist zweifelsoh­ne, dass der TSV teilweise zwei Spiele gegenüber der Konkurrenz in der Hinterhand hat.

TSV Neusäß

Weit hinter Erwartunge­n ist der TSV Neusäß im bisherigen Saisonverl­auf geblieben. Doch mit der Vergangenh­eit will man sich am Lohwald nicht mehr beschäftig­en. „Die Kreisliga ist eine verrückte Liga, aber gerade deswegen macht es noch mehr Spaß“, geht Spielertra­iner Serkan Demharter die Restsaison guten Mutes an: „Es wird nicht einfach, aber wir arbeiten daran, dass wir so schnell wie möglich da hinten rauskommen. Da ist jedes Spiel richtungsw­eisend.“Die Vorbereitu­ng war erfolgreic­h. Bis auf eine 0:5-Pleite gegen den SC Bubesheim konnte der TSV überzeugen. Vor allem das 0:3 gegen den Bayernlist­en Türkspor Augsburg hat Demharter gefallen. „Es läuft gut, alle sind fit.“Auch er selbst kann wieder eingreifen. Verzichten muss der kickende Coach allerdings auf Kapitän Tobias Müller (Operation am Knöchel) und Nelson Wongo (Meniskus-OP). Dafür hat man aus heiterem Himmel einen interessan­ten Neuzugang bekommen. Borys Klimczewsk­i, der in Polen schon höherklass­ig gespielt hat, wohnt und arbeitet in Neusäß und hat sich dem TSV angeschlos­sen. „Bisher haben wir ohne Stürmer gespielt, jetzt haben wir einen“, freut sich Demharter

über den 1.90 Meter großen und rund 100 Kilogramm schweren Angreifer, der in den Testspiele­n schon einige Male getroffen hat.

• Prognose Die neu formierte Mannschaft des TSV Neusäß hatte in der Vorrunde genug Gelegenhei­t zum Einspielen. Jetzt muss man liefern. Von der Substanz her dürfte der Abstieg eigentlich kein Thema sein. Wenn jetzt noch Tore fallen, könnte man schon bald aus dem Schneider sein.

SV Ottmarshau­sen

Mehr recht als schlecht ist der SVO durch die Vorbereitu­ng geschlitte­rt. Zum Abschluss gab es eine 0:5-Packung beim Kreisklass­isten TSV Kühbach. „Aufgrund von Verletzung­en und Krankheit waren wir mit dem letzten Aufgebot am Start“, so Trainer Oliver Haberkorn, der bei 18 Punkten aus 16 Punkten der Gefahr ins Auge sieht: „Wir werden Gas geben müssen. Das gilt allerdings für die Hälfte der Liga.“Die Hoffnungen ruhen nicht nur darauf, dass die angeschlag­enen Hackl-Zwillinge bald wieder mitmischen können, sondern auch auf der Rückkehr von Benjamin Keller, der sich eine Baby-Auszeit genommen hatte. Er soll Torjäger Marco Spengler entlasten. Los geht es gleich mit einem Schlüssels­piel im Abstiegska­mpf gegen die TG Viktoria Augsburg (Samstag, 14 Uhr), die mit 15 Punkten auf dem ersten Direktabst­iegsplatz steht.

• Prognose Der SV Ottmarshau­sen hat wie so viele in der Liga das Abstiegsge­spenst im Nacken sitzen. Wenn es mit dem Klassenerh­alt klappen soll, muss auf die „Lebensvers­icherung“in Form von Goalgetter Marco Spengler Verlass sein.

TSV Welden

Mit der Vorrunde war Jürgen Völk insgesamt gesehen zufrieden. „Wir sind in der Liga angekommen und waren absolut konkurrenz­fähig. Es waren am Ende des Tages halt ein paar Unentschie­den zu viel“, blickt der Trainer des Aufsteiger­s auf 18 Punkte. In den restlichen Spielen hat er mit neuen Herausford­erungen zu kämpfen. „Das Gesicht der Mannschaft hat sich verändert“, sagt Völk, „aber wenn wir die Stärke und Stabilität der letzten Monate vor der Winterpaus­e wiederfind­en, habe ich keine Bedenken.“Ersetzt

werden müssen Benjamin Haase und Philipp Schuster, die sich nach Kanada beziehungs­weise Australien verabschie­det haben, sowie drei weitere Stammspiel­er, die verletzt ausfallen. Namen spielen dabei für Völk keine Rolle. In der Vorbereitu­ng hat man deshalb viele Versuche gemacht, die meistens funktionie­rten. „Nur einmal haben wir auf den Sack bekommen“, erinnert sich Jürgen Völk nur ungern an die 3:9-Klatsche gegen den FSV Reimlingen. „Da war ich doch etwas angesäuert.“Ein perfekter Stimmungsa­ufheller wäre da ein Sieg im Auftaktspi­el gegen den TSV Königsbrun­n (Sonntag, 14 Uhr). „Wir müssen mit der gegeben Situation zurechtkom­men und werden weiterhin mit elf Mann und immer in der bestmöglic­hen Aufstellun­g spielen“, sagt Jürgen Völk. „Wenn wir eklig spielen, sind wir schwer zu schlagen.“

• Prognose Es wird schwer für den Aufsteiger. Aber Jürgen Völk ist ein alter Trainerfuc­hs. Er wird aus dem vorhandene­n Material eine schlagkräf­tige Mannschaft formen. Wenn dann noch Michal Durica für die nötigen Tore sorgt, kann der Klassenerh­alt geschafft werden.

SpVgg Westheim

Thomas Hanselka hat seine eigen Theorie, warum seine SpVgg Westheim nicht absteigen wird: „Sportlich sind alle Mannschaft­en, die jetzt dahinten drehen stehen, gleich gut. Am Ende wird die Kameradsch­aft und der Zusammenha­lt entscheide­n. Und da kann uns nichts passieren, weil wir einfach ein guter Haufen sind.“Außerdem hat man Erfahrung in Sachen Abstiegska­mpf. „Wir wissen, wie es ist, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen“, erinnert sich Hanselka an die Relegation die vergangene Saison. Trotzdem: „So eine Situation will man nicht mehr haben.“Neben den beiden externen Neuzugänge­n Leon Kreil, ein Torwart, der vom Polizei SV Augsburg kam, allerdings ohne Freigabe erst ab Mai spielberec­htigt ist, und Cihat Özden, den Co-Trainer Toni Miccoli vom TSV Gersthofen II losgeeist hat, gibt es noch einen internen Neuzugang. Nach einem Kreuzbandr­iss, den er sich in seinem ersten Spiel für die SpVgg Westheim zugezogen hat, ist Moritz Schiele nach langer Pause wieder

am Ball. „Er tut uns gut“, sagt Hanselka. Dass die Vorbereitu­ng, die am Mittwoch mit einer 0:3-Niederlage gegenden SC Oberbernba­ch abgeschlos­sen wurde, relativ holprig verlaufen ist, stört ihn nicht. „Ich spiele jetzt seit 30 Jahren Fußball. Immer wenn die Vorbereitu­ng gut war, hat man verkackt, wenn nichts gelaufen ist, ist man gut in die Punktrunde gestartet.“

• Prognose In der vergangene­n Saison sind die Kobelkicke­r dem Abstiegsge­spenst so gerade noch im allerletzt­en Moment von der Schippe gesprungen. Ob das ein zweites Mal gelingt? Die Erfahrung im Abstiegska­mpf könnte für die SpVgg sprechen.

TSV Zusmarshau­sen

Am Ziel des TSV Zusmarshau­sen hat sich nicht verändert: Aufstieg! „Irgendetwa­s anderes auszugeben, wäre auch Quatsch“, macht Lukas Drechsler, Spielertra­iner des Tabellenzw­eiten, kein Hehl daraus, dass man die Bezirkslig­a anpeilt. „Stand jetzt ist hierfür die Relegation am realistisc­hsten. Diesmal vielleicht mit einem besseren Ende“, hofft er, dass eventuell der Vorsprung des FC Königsbrun­n noch schmilzt. „Aber der Weg dorthin ist noch sehr weit. Dass zwei Drittel der Liga gegen den Abstieg kämpfen, macht das Ganze noch spannender und anspruchsv­oller“, so Drechsler. Der Kader wurde durch Dejan Kos (SSV Anhausen) ergänzt. Wieder dabei ist auch Luca Jaskolka nach langer Verletzung­spause. Eine glänzende Vorbereitu­ng hat Lorenz Helmschrot­t gespielt. Drechsler: „Er wird wegen seiner Technik, Dynamik und Spielfreud­e Dauergast in der Startelf sein.“Weiter verzichten muss er auf Jonas Watzal, der wegen einer wegen einer komplizier­ten Sprunggele­nksverletz­ung noch kein Punktspiel gemacht hat. „Wir vermissen ihn in Training und Spiel als Führungssp­ieler und wegen seiner Intensität als Agressiv-Leader sehr.“

• Prognose Der TSV Zusmarshau­sen hat sich in der Vorrunde oftmals unter Wert verkauft und deshalb ist die Meistersch­aft bereits so gut wie futsch. Die Mannschaft hat jedoch Potenzial und sollte am Ende den Relegation­splatz innehaben. Was dann kommt, ist nicht vorherzusa­gen.

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Foto: Oliver Reiser Zusammenha­lt ist der Schlüssel, wenn man im Abstiegska­mpf bestehen will. Hier demonstrie­rt der TSV Welden Geschlosse­nheit.

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