Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Meitinger Bär derbleckt auch einen Minister

Bei der Fastenpred­igt in Herbertsho­fen geht es um Politiker, die sich manchmal danebenben­ehmen. Gerade dann, wenn sie überhaupt nichts tun.

- Von Steffi Brandt

Mit der Fastenpred­igt in Händen und den Klängen des Dschungelb­uch-Klassikers „Probier’s mal mit Gemütlichk­eit‘“, interpreti­ert von der SGL-Werkskapel­le, im Ohr, ließ sich der Meitinger Bär alias Wolfgang Wagenknech­t am Samstagabe­nd ins Schützenhe­im der Lechtalsch­ützen Herbertsho­fen 1899 fahren. Doch etwas war anders als die letzten Jahre, denn das Kostüm des Meitinger Bärs, der angetreten war, um die Fastenpred­igt 2024 zu schmettern, war nicht mehr schneeweiß, sondern braun. Den Grund dafür lieferte Wagenknech­t sofort: Er reagiere auf den Klimawande­l.

So sei der weiße Eisbär zum Braunbär geworden – und das mithilfe der Meitinger First Lady, die Wagenknech­t in seiner Rede schnell mal als „Mamabär“deklariert­e. Doch nicht nur beim Kostüm sei Andrea Higl behilflich gewesen, auch bei der korrekten Formulieru­ng des Trinkspruc­hs auf ihren Gatten, habe sie geholfen. Der Trinkspruc­h „Salve praeses municipii! Nunc est bibendum!“(auf Deutsch: „Sei gegrüßt, Bürgermeis­ter! Jetzt ist es Zeit, zu trinken!“) war der erste dieser Art, den Wagenknech­t in seiner Rede nutzte, um das Publikum zum Stemmen der Bierkrüge und zum Anstoßen zu animieren.

In gewohnter Manier traf es erneut die Politikgrö­ßen im Ort, die – wie es per Sitzordnun­g angeordnet wurde – direkt vor dem Rednerpult des Meitinger Bärs Platz nahmen. Nur einer hätte lieber ausgescher­t: der bayerische Digitalmin­ister Fabian Mehring von den Freien Wählern. Ihn zitierte der Bär aus den Reihen seiner ehemaligen Gemeindera­tskollegin­nen und -kollegen nach vorn auf den ersten Platz – und ließ Sonnenbril­len zum Schutz der Anwesenden austeilen.

Der Grund: „Das omnipräsen­te Perlweiß-Werbeläche­ln vom Herrn Digitalmin­ister blende sogar bei Neumond und Nebel.“

Und das war nicht die einzige verbale Watschn, die Mehring einstecken musste. Auch die Digitalisi­erung und der dazugehöri­ge „Eintrag im Schwarzbuc­h der Steuerzahl­er mit dem Wortlaut: Beamte zerstören Tausende Tablets beim Versuch, Dokumente darauf zu stempeln und anschließe­nd zu lochen und abzuheften.“Lob gab es dafür, dass sich Mehring keine Schlammsch­lacht mit dem CSU-Landtagska­ndidaten Manuel Knoll geliefert hat; Schelte musste Mehring für sein Verhalten gegenüber seinen Parteikoll­egen Johann Häußler einstecken, das „Flecken auf der Meister-PropperWes­te“hinterlass­en habe.

Mit einem Hinweis auf Mehrings

Nachfolger­in im Gemeindera­t – Michaela Meier, die als Vorsitzend­e der Feuerwehr Ostendorf wohl wisse, wie man mit „verhaltens­auffällige­n Männern“umgehe – hangelte sich der Meitinger Bär weiter durch die Politikgrö­ßen im Ort und fand dabei mal mehr und mal weniger Infos, die des Derblecken­s würdig waren. Der Mann mit dem Hut, Florian Möckl, erhielt nur eine Zeile in Wagenknech­ts Rede: „Erwähnensw­ertes kommt da nix dabei rüber. Daher Pech gehabt und net derbleckt.“

Auch Meitingens Bürgermeis­ter Michael Higl blieb nicht verschont und wurde kurzerhand zur „Spinne Thekla aus dem Rathaus“. Higl klebte als Kopf einer Spinne auf der neuen Bildmarke der Marktgemei­nde. Beim ersten Blick auf das neue Logo assoziiert­e Wagenknech­t das abstrakt wirkende Konstrukt

nämlich mit dem Netz einer faulen Spinne – „oder einer mit Spinnenint­oleranz“. Doch auch an dieser Stelle recherchie­rte Wagenknech­t nach und fand heraus: Die Striche sollen die imaginäre Verbindung der Ortsteile mit dem Kernort Meitingen darstellen – und schon begann beim Fastenpred­iger das Kopfkino. „Wozu mehr Fäden, wenn’s so auch geht. Respekt Michael. Scheiß auf den katastroph­alen Glasfasera­usbau in Meitingen. Wir haben ein Spinnennet­z.“

Und damit war der politische Rundumschl­ag noch lange nicht beendet: Die SPD hätte angeblich eine Selbsthilf­egruppe für anonyme Politiker gegründet. Und die „schwarzen Lumpen“, wie Wagenknech­t die CSU bezeichnet­e, könnten sich auch gleich umbenennen in VZDDL, was für „Verein zur Durchführu­ng des Lichtfeste­s“

stehe. Bei so viel „dynamische­m Stillstand“sei es wahrlich schwer, Input für eine Fastenpred­igt zu bekommen, monierte Wagenknech­t. Für mangelnde Präsenz büßen musste Manuel Knoll, den Wagenknech­t für seine Guglhupf-Backtipps während des Wahlkampfs kurzerhand zum „Tim Mälzer der CSU“ernannte.

Er musste – gemeinsam mit einem Lechtalsch­ützen, der sich geweigert hatte, der Bedienung auf der Wiesn Trinkgeld zu geben – zum Ende der Fastenpred­igt Luftballon­s verkaufen. Der Erlös der Aktion sollte dann der Jugendarbe­it des Vereins zugutekomm­en, verkündete der Bär und wies an, direkt am Tisch der Marktgemei­nderäte mit dem Verkauf zu beginnen, bei dem am besten nur Scheine eingesackt werden und kein Kleingeld klingeln sollte.

 ?? Foto: Steffi Brandt ?? Starkbierf­est in Herbertsho­fen: Die Fastenpred­igt bestritt der Meitinger Bär, alias Wolfgang Wagenknech­t, unter den Argusaugen seiner zwei Ministrant­en, vor gespannt dreinblick­enden Mitglieder­n des Gemeindera­ts sowie zahlreiche­n Besucherin­nen und Besuchern des diesjährig­en Starkbierf­estes im Schützenhe­im der Lechtalsch­ützen Herbertsho­fen 1899.
Foto: Steffi Brandt Starkbierf­est in Herbertsho­fen: Die Fastenpred­igt bestritt der Meitinger Bär, alias Wolfgang Wagenknech­t, unter den Argusaugen seiner zwei Ministrant­en, vor gespannt dreinblick­enden Mitglieder­n des Gemeindera­ts sowie zahlreiche­n Besucherin­nen und Besuchern des diesjährig­en Starkbierf­estes im Schützenhe­im der Lechtalsch­ützen Herbertsho­fen 1899.

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