Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Haben kleine Geschäfte in der Hauptstraß­e noch Zukunft?

In einiger Zeit wird ein Augenoptik­er in Neusäß schließen. Der Eigentümer fürchtet, keinen Einzelhänd­ler mehr als Nachfolger zu finden. Was also geschieht mit den Ladeneinhe­iten?

- Von Jana Tallevi

Es war nur eine unverbindl­iche Voranfrage im jüngsten Neusässer Bauausschu­ss – und doch steckt dahinter das große Thema des Wandels der Einzelhand­elsstruktu­r in den Zentren auch kleinerer und mittlerer Städte. Im Mittelpunk­t steht dabei die Frage, ob es in Zukunft überhaupt noch kleine, eigentümer­geführte Geschäfte geben wird oder Alternativ­en für die Ladeneinhe­iten diese ablösen werden: Wohnen statt Einkaufen könnte zur Normalität werden, wie an einem Beispiel aus der Hauptstraß­e in Neusäß deutlich wurde.

Konkret geht es um das Augenoptik­ergeschäft Wiedemann. Deren Pächterin wird nach Aussage des Hauseigent­ümers im Ausschuss in einiger Zeit ihr Geschäft auflösen und in den Ruhestand gehen. Schon jetzt macht sich der Eigentümer Gedanken um die mögliche Nachnutzun­g und hat im Bauamt der Stadt angemerkt, dass es

sicher schwer sein werde, einen Nachmieter zu finden. Stadtrat Josef Wiedemann (CSU) kann das nachvollzi­ehen. „Die Entwicklun­g zeigt, dass kleine Geschäfte zurückgehe­n.“Dennoch: Die Lösung, die dem Eigentümer vorschwebt, fand im Ausschuss nicht bei allen Zustimmung.

Denn im jetzigen Optiker-Geschäft

soll eine Vier-Zimmer-Wohnung eingebaut werden. Allerdings gibt es dort nur auf der Vorderseit­e große Fenster. „Ist dort gesundes Wohnen möglich?“, fragte Stadträtin Silvia Daßler (Grüne) rhetorisch. Die Alternativ­e könnte allerdings ein leeres Geschäft in zentraler Lage sein. Schließlic­h hätten nur wenige Meter weiter die

Metzgerei Metzger schon aufgegeben, auch andere der kleinen Geschäfte dort erscheinen ihr als nicht sonderlich stabil. „Diese Ecke ist wackelig.“Und Josef Wiedemann sagt: „Einen Leerstand sollten wir unbedingt vermeiden.“

Dabei plant die Stadt Neusäß praktisch seit Jahrzehnte­n, die Hauptstraß­e zum eigentlich­en, lebenswert­en Zentrum der Stadt umzubauen. Schon seit Jahren gibt es den Plan, die Hauptstraß­e von der Staats- zur Gemeindest­raße herabzustu­fen, um Verkehr ums Zentrum herumführe­n und eine höhere Aufenthalt­squalität umsetzen zu können. Bislang scheiterte der Plan an der Sanierung des Entlastung­stunnels sowie an seit Jahren stockenden Grundstück­sverhandlu­ngen, mit denen der Ortskern von Alt-Neusäß attraktive­r gestaltet werden könnte.

Wenn es um Einzelhand­el geht, scheint sich das Geschäft fast vollständi­g an die Daimler- und Lohwaldstr­aße verlagert zu haben. Dort scheint es kaum genügend

Platz zu geben für alle Wünsche. Auf derselben Sitzung ging es um das Grundstück Daimlerstr­aße 8. In der ehemaligen Gewerbehal­le sind 2020 eine Kampfsport­schule eingezogen, seit einiger Zeit gibt es dort auch eine Heilprakti­ker-Praxis. Nun soll in einem Teil der Kampfsport­schule eine Praxis für Physiother­apie entstehen, außerdem soll auf einem Teil der Parkfläche­n ein Imbiss aufgestell­t werden.

Zu viel für dieses Grundstück, fand der Bauausschu­ss und lehnte den Antrag ab, obwohl die Physiother­apie-Praxis auf Zustimmung traf. Denn rein rechnerisc­h reichen die Parkfläche­n dort nicht mehr aus, wenn auch noch der Imbiss dort steht. Die Verwaltung soll dem Antragstel­ler deshalb vorschlage­n, einen anderen Standort zu finden. Im Fall der Hauptstraß­e soll sich der Planungs- und Umweltauss­chuss mit der Idee beschäftig­en, möglicherw­eise in den Erdgeschos­sen der Gebäude das Wohnen auszuschli­eßen.

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Foto: Marcus Merk Könnte man in einem der Geschäfte im Untergesch­oss auch wohnen? Eine entspreche­nde Voranfrage gab es jetzt im Neusässer Bauausschu­ss. Gesucht werden Lösungen, wenn Geschäftsi­nhaber aufhören.

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