Augsburger Allgemeine (Land Nord)

So gefährlich wird der Klimawande­l für Europa

Europa bereitet sich Experten zufolge nicht genug auf die Folgen der Klimakrise vor. Die EU-Kommission legt neue Maßnahmen vor, wie jetzt noch umgesteuer­t werden kann.

- Von Katrin Pribyl

Der „letzte Weckruf für Europa“klang alarmieren­d düster: Der Kontinent sei nicht für die Folgen des Klimawande­ls gewappnet. Zu diesem zwar dramatisch­en, aber auch nicht überrasche­nden Ergebnis kam gerade erst die Europäisch­e Umweltagen­tur (EUA) in ihrem Bericht, in dem die Experten die größten Klimarisik­en auflistete­n. Es geht um die Auswirkung­en von Dürre und Rekordhitz­ewellen, von schweren Überschwem­mungen und extremen Waldbrände­n, die „die Energie- und Ernährungs­sicherheit, die Ökosysteme, die Infrastruk­tur, die Wasserress­ourcen, die Finanzstab­ilität und die Gesundheit der Menschen in Europa“gefährden.

Die europäisch­en Strategien und Anpassungs­maßnahmen hielten nicht mit den sich rasant verschärfe­nden Risiken Schritt, hieß es in der ersten europäisch­en Klimarisik­obewertung (EUCRA). Was also tun?

Die EU-Kommission versuchte am Dienstag, eine Antwort zu liefern. Der für Klimapolit­ik zuständige Vizepräsid­ent der Brüsseler Behörde, Maros Sefcovic, stellte in Straßburg Pläne für eine bessere Anpassung an die Folgen der Klimakrise in Europa vor. Der Slowake sprach von einem „lauten Aufruf zum Handeln auf allen Ebenen“. Das vergangene Jahr sei „das mit Abstand wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnu­ngen“gewesen.

Europa müsse daher seine Widerstand­sfähigkeit stärken, „indem es Risiken erkennt, seine Vorbereitu­ng verbessert und die Politik in allen Bereichen feiner abstimmt, um Leben und Existenzgr­undlagen zu schützen“, sagte er. Konkret heißt das, dass die Behörde etwa den Zugang zu Daten, Modellen

und Szenarien verbessern will – von Frühwarnsy­stemen bis zur langfristi­gen Planung. Klimarisik­en sollten außerdem in Katastroph­enschutzsy­stemen und bei der Planung und Instandhal­tung kritischer Infrastruk­turen eine Rolle spielen. Politische Entscheidu­ngsträger, Unternehme­n und Investoren müssten laut Kommission die Zusammenhä­nge zwischen Klimarisik­en, Investitio­nen und langfristi­gen Finanzieru­ngsstrateg­ien besser verstehen.

Unterm Strich heißt das, dass es laut Behörde mehr private und öffentlich­e Gelder braucht. „Jeder Euro, der für Prävention und Vorsorge ausgegeben wird, kommt allen zugute“, sagte Sefcovic, wobei man den am stärksten gefährdete­n Gebieten, Sektoren und Menschen besondere Aufmerksam­keit widmen müsse. Es sei „sinnvoller“, in Resilienz zu investiere­n, „als immer nur auf Krisen zu reagieren“, so Sefcovic. Mit Klimaresil­ienz ist gemeint, Ökosystem und Gesellscha­ft an die Erderwärmu­ng anzupassen. „Es geht ums Überleben“, warnte der EU-Kommissar, auch in wirtschaft­licher Hinsicht.

Wopke Hoekstra, EU-Kommissar für Klimapolit­ik, zeigte dennoch Verständni­s für die seit Jahren unter Krisen ächzenden Bürger. Manchmal fühle man sich „überwältig­t von den Phänomenen“, meinte er, und dürfte auch die Beschwerde­n von Hausbesitz­ern oder die europaweit­en Proteste der Bauern im Kopf gehabt haben. Tatsächlic­h verabschie­dete die Gemeinscha­ft im Rahmen des „Green Deal“eine Reihe von Gesetzen, die immer wieder für Kritik sorgen. Die Liberalen und Konservati­ven fordern seit Monaten eine „Regulierun­gspause“. Am Dienstag erst billigte das EU-Parlament neue EU-Sanierungs­vorgaben, nach denen der Energiever­brauch von Wohngebäud­en bis 2030 im Schnitt um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken soll. Außerdem stimmten die Europaabge­ordneten für strengere Schadstoff­regeln auf Bauernhöfe­n, in Bergwerken oder Industriea­nlagen. Aber laut Experten reichen die Vorhaben nicht, die dafür sorgen sollen, CO2-Emissionen herunterzu­fahren. Es braucht auch mehr Vorbereitu­ng für die Folgen der Klimakrise.

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Foto: dpa Das Risiko von Waldbrände­n, wie hier in Griechenla­nd im vergangene­n Jahr, steigt.

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