Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Erste Hilfe für Schweine-Mäster

Bundesagra­rminister Özdemir sagt, sein Milliarden-Programm helfe zuallerers­t süddeutsch­en Betrieben beim Umbau ihrer Ställe. Einen Seitenhieb auf die dortigen Länderkoll­egen teilt er aber auch aus.

- Von Bernhard Junginger

Bundesland­wirtschaft­sminister Cem Özdemir will das Tierwohl in deutschen Schweinema­stbetriebe­n stärken. Eine Milliarde Euro hat der Grünen-Politiker für ein entspreche­ndes Programm zur Verfügung gestellt und die ersten Anträge sind inzwischen eingegange­n. Vor allem sind es Bauern aus Süddeutsch­land, die ihre Ställe umbauen und mehr Platz für ihre Schweine schaffen wollen. Das geht aus einer ersten Auswertung des Landwirtsc­haftsminis­teriums hervor, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt.

Seit Beginn des Monats kann die Förderung beantragt werden. Insgesamt 14 Betriebe haben sich bisher für die Zuschüsse beworben, davon sechs aus Baden-Württember­g, fünf aus Bayern und drei aus Niedersach­sen. Das gesamte Fördervolu­men

der 14 Anträge beträgt fast 9,5 Millionen Euro. Wird der Eigenantei­l der Betriebe hinzugerec­hnet, geht es um Investitio­nen von rund 20 Millionen Euro für tiergerech­tere Ställe. Unserer Redaktion sagte Özdemir: „Mit dem Bundesprog­ramm machen wir einen weiteren Schritt heraus aus der Krise, in der die Tierhaltun­g in Deutschlan­d seit vielen Jahren steckt. Statt nur über die Wurst zu reden und nicht zu handeln, unterstütz­en wir unsere Landwirtin­nen und Landwirte bei der zukunftsfe­sten Tierhaltun­g, machen ihre Bemühungen für mehr Tierschutz sichtbar und geben ihnen so eine wirtschaft­liche Perspektiv­e.“Er wolle, „dass auch morgen gutes Fleisch aus Deutschlan­d auf den Tisch kommt“, so Özdemir weiter.

Dass schon kurz nach dem Start des Programms Anträge für Millioneni­nvestition­en eingingen, zeige „den Unkenrufen aus dem Süden

zum Trotz, dass wir an der richtigen Stelle ansetzen“, sagte der Minister. Hintergrun­d: Gerade in Süddeutsch­land gibt es viele kleine landwirtsc­haftliche Betriebe. Bei den jüngsten Bauernprot­esten machten sie ihren Sorgen und dem Ärger über eine mögliche Überforder­ung durch steigende Tierwohl-Auflagen Luft.

Nach Angaben des Landwirtsc­haftsminis­teriums hat sich die

Zahl der Schweine haltenden Betriebe zwischen 2010 und 2020 deutschlan­dweite fast halbiert – von rund 60.000 auf 32.000 Betriebe. Besonders kleine Höfe gaben demnach in dieser Zeit auf. Die Gesamtzahl der gehaltenen Tiere ist dagegen in etwa gleich geblieben.

Ihr Bundesprog­ramm zum Umbau der Tierhaltun­g sieht die Bundesregi­erung als wichtigen Schritt, um den stark unter Druck stehenden Höfen eine wirtschaft­liche Perspektiv­e zu geben. Özdemir sagte: „Die Proteste der vergangene­n Wochen haben dazu geführt, dass es Aufmerksam­keit für die Landwirtsc­haft gibt und damit auch ein Zeitfenste­r, Veränderun­gen hin zu einer zukunftsfe­sten Landwirtsc­haft anzustoßen.“Mit einem Seitenhieb auf die Landwirtsc­haftsminis­ter von Bayern und Baden-Württember­g, die CSU respektive CDU angehören, sagte Özdemir, er freue sich „ganz besonders für meine Kollegin Michaela Kaniber und meinen Kollegen Peter Hauk, dass die ersten Anträge aus Bayern und BadenWürtt­emberg kommen“.

Özdemir sieht sein bis 2027 finanziert­es Förderprog­ramm nur als einen Anfang. Für den Wandel der Tierhaltun­g seien hohe Investitio­nen nötig: „Mehr Tierwohl kostet Geld – und diese Rechnung können die Landwirte nicht alleine tragen.“Der 58-Jährige will die Verbrauche­r über einen sogenannte­n „Tierwohl-Cent“an den Mehrkosten für artgerecht­ere Haltung beteiligen: „Mein Vorschlag für eine langfristi­ge Finanzieru­ng liegt auf dem Tisch. Wer ihn ablehnt, sollte dann aber auch einen anderen machen, der umgesetzt werden kann, statt immer nur Nein zu sagen.“In der Ampelkoali­tion sehen FDP und SPD die Tierwohlab­gabe aus verschiede­nen Gründen skeptisch.

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Foto: Sina Schuldt, dpa Die Tierhaltun­g in Deutschlan­d steht in der Kritik.

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