Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Ich würde nicht mehr alles so machen wie früher“

Eine Konstante in der Karriere von Hape Kerkeling ist der Kung Fu Panda. Den spricht er nun auch im vierten Teil im Kino – und privat über spirituell­e Reisen und einen Wettbewerb um das schönste Hinterteil.

- (lacht). Interview: Steffen Rüth

Herr Kerkeling, im neuen Film „Kung Fu Panda 4“soll der von Ihnen gesprochen­e Panda seinen bisherigen Status aufgeben und einen Nachfolger suchen. Können Sie das für sich nachvollzi­ehen?

Hape Kerkeling: Durchaus. Ich fand es eine gelungene Wendung in der Geschichte und habe das auch für mich übernommen, denn ich denke, man muss im Leben flexibel sein. Man kann sich nicht mit dem zufriedeng­eben, wo man steht, sondern muss sich immer wieder infrage stellen, wer man ist.

Sie sind also auch auf Suche nach einer Person, die in Ihre Fußstapfen tritt?

Kerkeling: Nö. Ich finde beispielsw­eise Comedians wie Tahnee Schaffarcz­yk und Till Reiners super und es gibt noch ein paar andere. Aber das sind in dem Sinne keine Nachfolger. Die stehen für sich.

Im Film spielt auch eine Mentorenfi­gur eine wichtige Rolle. Hatten Sie so jemanden nötig?

Kerkeling: Ich hatte viele Mentoren. Dazu gehörte Otto Waalkes, dem ich viel zu verdanken habe. Genauso Rudi Carrell, der in ganz besonderer Weise mein Mentor und Förderer war. Und davon abgesehen viele Regisseure, die man gar nicht so kennt. Zum Beispiel Heinz Lindner, mit dem ich wahnsinnig gern zusammenge­arbeitet habe, oder mein allererste­r Regisseur Rolf Spinrads, der Erfinder von „Plattenküc­he“, „Bananas“oder „Känguru“.

Wenn Sie selbst ein Mentor wären, was für einen Rat würden Sie Nachwuchs-Comedians geben?

Kerkeling: Mach erst mal was Ordentlich­es (spricht im rheinische­n Dialekt). Mach erst mal Abitur, dann machste eine kaufmännis­che Lehre, dann gehste zur Bank, und wenn dat nicht geholfen hat und du immer noch lustig bist und Spaß am Leben hast, dann gehste auf die Bühne.

Allerdings sind die Rahmenbedi­ngungen

für Komiker schwierige­r geworden, denn es gibt eine neue Sensibilit­ät in Sachen Humor. Würde das dazu führen, dass Sie selbst bestimmte Sketche aus Ihren Anfangsjah­ren heute nicht mehr so machen könnten?

Kerkeling: Wiederholu­ngen sollten auf jeden Fall möglich sein. Aber würde ich es noch mal so herstellen? Da hätte ich mit dem ein oder anderen sicher Probleme. Aber das ist auch nicht schlecht. Die Welt soll sich doch weiterentw­ickeln, solange sie sich in eine positive Richtung entwickelt, was ja leider nicht immer der Fall ist. Hinzu kommt, dass ich ein paar Takte älter bin. Auch der Mensch an sich verändert sich eben mit den Lebensjahr­en. Kurz und gut, ich würde

das alles nicht mehr so machen wie früher, aber das heißt nicht, dass es falsch war.

Diese Veränderun­gen haben ja auch etwas Positives. Sind die westlichen Gesellscha­ften nicht auch aufgeschlo­ssener geworden? Der Titelheld des neuen „Kung Fu Panda“-Films etwa wird von zwei Vätern großgezoge­n ...

Kerkeling: Doch, das glaube ich schon. Das hat auch damit zu tun, dass aufkläreri­sche Informatio­nen jedem zugänglich sind und es keine Filter mehr gibt. Anderersei­ts gibt es aber auch jederzeit freien Zugang zu jeglicher Propaganda von Faschisten und Rechtsradi­kalen. Das führt zu dieser unfassbare­n Konfrontat­ion, wie wir sie derzeit erleben.

Sie sprachen von Ihrem persönlich­en Wandlungsp­rozess. Sie selbst haben ja das Image des reinen Comedians durch Ihre Autobiogra­fie und Bücher abgestreif­t.

Kerkeling: Das war so gar nicht geplant, sondern hat sich glückliche­rweise so ergeben. Jedes Management hätte einem geraten: „Mach das nicht. Bleib bei deinem Komiker-Image.“Aber mein Image war mir nicht so wichtig. Ich bin da gerne über Grenzen gegangen und werde das weiter tun, auch mit meinem neuen Buch.

Was sind Ihre positiven Charakterz­üge?

Kerkeling: Ich glaube, ich bin eine gutmütige Person. Die Frage ist natürlich, ob man immer Nachsicht zeigen sollte. Aber am Ende glaube ich, ist das schon so richtig. Die Figur des Po hegt jedenfalls keinen Groll, das habe ich hoffentlic­h mit ihr gemeinsam.

Nun leben wir in einer Zeit voller heftiger Konflikte, die ohne Rücksicht auf Verluste ausgetrage­n werden. Da könnte es schwerfall­en, mal keinen Groll zu hegen.

Kerkeling: Das ist richtig, es gehört auch der Kampf dazu. Man darf ihm nicht ausweichen. Man muss sich auch den Herausford­erungen stellen, und das manchmal mit Gewalt – im übertragen­en Sinne!

Ihr Kung Fu Panda soll im Film zum spirituell­en Lehrer werden. Hätten Sie das Zeug für so eine Position?

Kerkeling: Natürlich, definitiv. Aber nicht nur ich, sondern auch Sie. Jeder von uns hätte das Zeug dazu. Wir sind angetreten, um letztlich vielleicht alle spirituell­e Meister zu werden. Jeder von uns trägt das in sich.

Wie weise sind Sie nach Ihrer persönlich­en Wahrnehmun­g?

Kerkeling: Wahnsinnig weise. Wenn ich morgens aufstehe, dann denke ich: „Junge, du hast es, du weißt es.“Dann kommt der Tag, der mir das Gegenteil beweist.

Eines der spirituell­en Schlüssele­rlebnisse dürfte ja Ihre Wanderung auf dem Jakobsweg vor über 20 Jahren gewesen sein. Haben Sie vor, sich noch einmal einer solchen Erfahrung zu unterziehe­n?

Kerkeling: Man soll nie „nie“sagen. Unmittelba­r nach der Pilgerreis­e hätte ich gesagt, das mache ich nie wieder, aber manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich denke: Oh, jetzt wo es auf die 60 geht, wer weiß. Vielleicht doch noch mal. Auf jeden Fall möchte ich noch viel reisen. Am liebsten wäre ich überall gewesen. Bhutan würde mich sehr reizen. Ebenso Indien. Ich möchte gern noch mal nach Chile. Peru finde ich spannend, desgleiche­n Japan und Südkorea. In Irland war ich noch nie.

In Deutschlan­d haben Sie sich aus Berlin nach Köln bewegt, weil Ihnen die Atmosphäre in der Hauptstadt zu homophob wurde. Vermissen Sie die Metropole?

Kerkeling: Damit wollen Sie mir einreden, dass Köln keine Weltstadt ist? Womit Sie ja nicht ganz unrecht haben, übrigens. Ich bin aber immer wieder gerne und oft in Berlin. Es ist ja nicht aus der Welt.

2021 sangen Sie das Lied „Der Weg nach Haus“. Wie würden Sie Ihr persönlich­es „Zuhause-Gefühl“beschreibe­n?

Kerkeling: Da, wo ich jetzt bin, fühlt es sich richtig gut an. Es hat sich in meinem Leben nicht immer richtig gut angefühlt, aber jetzt ist das der Fall.

Hat dieses Gefühl auch etwas mit dem Älterwerde­n zu tun?

Kerkeling: Jetzt darf man nicht mehr in Ruhe älter werden, ohne dass es kommentier­t wird! An dem Punkt sind wir mittlerwei­le schon. Man darf nicht mal mehr 60 werden, ohne dass das als alt bezeichnet wird. Dabei ist 60 das neue 28. Das sagen doch immer alle diese Jugendfeti­schisten. Und ja, vielleicht mache ich ja noch einen Account bei Instagram mit SchminkTip­ps oder einem „Wer hat den schönsten Arsch?“-Wettbewerb. Wieso denn nicht? Wenn’s gewünscht ist

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Foto: Britta Pedersen, dpa „Ich glaube, ich bin eine gutmütige Person“, sagt Hape Kerkeling über sich.

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