Augsburger Allgemeine (Land Nord)

„Haben einen Fuß in der Rakete“

Der Mensch will wieder auf den Mond – und in Bayern entsteht eines von zwei Kontrollze­ntren. Langfristi­g soll es auf den Mars gehen. Söder sieht die Mission schon vor sich.

- Von Christoph Frey

Der Weg zurück zum Mond führt über Bayern – zumindest ein wenig. Denn in Oberpfaffe­nhofen im Kreis Starnberg wird das dortige Raumfahrtz­entrum zu einem Mondkontro­llzentrum ausgebaut. Von dort aus sollen im Wechselspi­el mit dem Nasa-Zentrum im texanische­n Houston die nächsten bemannten Nasa-Missionen zum Mond überwacht werden. Und der Ehrgeiz geht noch viel weiter.

Am Mittwochna­chmittag war München der Schauplatz eines Meilenstei­ns für die Raumfahrt in Bayern. So jedenfalls lautete die Lesart der Teilnehmen­den. Eine Jazz-Band intonierte den Frank-Sinatra-Klassiker „Fly me to the moon“, kurz darauf setzen Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) sowie die Spitzen der europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Unterschri­ften unter eine Absichtser­klärung, deren Ziele bis zum Mars reichen. Esa-Generaldir­ektor Josef Aschenbren­ner

sprach von „einem ganz wichtigen Schritt“und lobte die Weitsicht seines Gastgebers Söder. Der blickte sehr, sehr zufrieden drein und schlüpfte in eine blaue Astronaute­njacke, die ihm Aschenbren­ner mitgebrach­t hatte.

Darum geht es: Die Nasa nimmt die bemannte Raumfahrt zum Mond wieder auf und die Europäer wollen über ihre Agentur Esa mit dabei sein. 2027 soll mit dem Bau des „Lunar Gateway“begonnen werden. Die gemeinsame Raumstatio­n von Amerikaner­n, Kanadiern, Europäern und Japanern soll den Mond umkreisen und als Zwischenst­ation für Landungen auf dem Erdtrabant­en dienen. Außerdem sollen dort Tests für erste Reise des Menschen zum Mars unternomme­n werden.

Oberpfaffe­nhofen, wo das DLR Forschungs­einrichtun­gen mit rund 2000 Beschäftig­ten unterhält, hat schon ein RaumfahrtK­ontrollzen­trum. Von dort aus betreuen Wissenscha­ftler und Ingenieure die europäisch­en Aktivitäte­n auf der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS und sind damit die direkte Verbindung ins All. Nun soll die Mondmissio­n als Aufgabe hinzukomme­n. 2027 soll der damit verbundene Ausbau abgeschlos­sen und „das rote Band durchgesch­nitten werden“, wie Aschenbren­ner sagt. Bayern spendiert 33 Millionen Euro für den Bau eines neuen Gebäudes.

Für Söder sind diese Ankündigun­gen die Krönung des bayerische­n Raumfahrtp­rogramms „Bavaria One“. Vor sechs Jahren ins Leben gerufen, konzentrie­rt es sich auf die Förderung von Wirtschaft und Wissenscha­ft. Zusammen mit den traditions­reichen Luft- und Raumfahrtf­irmen im Freistaat „sind wir eine kleine Weltraumma­cht“, findet Söder. 200 Firmen aus diesem Bereich gebe es in Bayern, der wirtschaft­liche Nutzen der Raumfahrt sei schon jetzt groß und werde wachsen. Wirklich fasziniere­nd aber findet der CSU-Politiker die Erforschun­g fremder Planeten.

Mit leuchtende­n Augen sprach er von der Möglichkei­t, auf dem Mars Wasser und vielleicht Spuren von Leben zu finden. Der Mond ist für ihn Zwischenst­ation. Söder begeistert: „Wir haben sozusagen schon einen Fuß in der Rakete.“

Zur Geschichte der Raumfahrt gehören allerdings auch Zwischenfä­lle, Verzögerun­gen und Kostenexpl­osionen, sodass Vorhersage­n häufig korrigiert werden müssen. Der Erstflug der neuesten europäisch­en Weltraumra­kete Ariane VI wurde schon mehrfach verschoben – jetzt soll es in diesem Sommer so weit sein. Auch das Mondprogra­mm der Nasa musste schon Verzögerun­gen hinnehmen.

So etwas tat der Zuversicht der Offizielle­n am Mittwoch in München keinen Abbruch. Esa-Chef Aschenbren­ner schwärmte vom Milliarden­markt Raumfahrt, dessen Volumen in einigen Jahren eine Billion Euro betragen werde. Die für Raumfahrt zuständige DLRVorstän­din Anke Pagels-Kerp weiß jedenfalls schon ganz genau, wo sie die Landung auf dem Mond miterleben will: im neuen Kontrollze­ntrum in Oberpfaffe­nhofen.

200 Firmen im Freistaat arbeiten für die Raumfahrt.

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Foto: Sven Hoppe, dpa Ministerpr­äsident auf Mondmissio­n: Markus Söder neben einem Modell der Raumkapsel Orion.

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