Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Singer und Jurca in eigener Mission in Russland

Bayerische AfD-Abgeordnet­e fliegen zu Putins Wahl. Ihre Reise stößt auf massive Kritik – auch in der eigenen Partei. So erklären sie selbst, was sie dort wollen.

- Von Christof Paulus

Selten ist das Ergebnis einer Wahl so irrelevant wie an diesem Sonntag in Russland: Dass Wladimir Putin weiter Präsident bleiben wird, steht schon lange fest, nicht umsonst gilt die Wahl als undemokrat­isch und Russland als Diktatur. Andreas Jurca und Ulrich Singer, zwei schwäbisch­e AfDAbgeord­nete im Bayerische­n Landtag, widersprec­hen da nicht einmal. Dennoch sind sie zur Wahl nach Russland gereist – und müssen sich jetzt mit dem Vorwurf auseinande­rsetzen, der Herrschaft Putins damit einen legitimen Anstrich zu geben.

Es ist nicht der einzige Kritikpunk­t. Ulrich Singer, der die AfD für den Landkreis Dillingen in München vertritt und in Donauwörth wohnt, ist bereits seit vergangene­m Sonntag in Russland, wie er auf Nachfrage bestätigte. Anders als zuerst angenommen, sei er „etwas mehr als zwei Wochen“in Russland.

Vom 13. bis 19. März habe der „Bürgerrat der Russischen Föderation“ein Programm geplant. Der Rat soll das Parlament beraten, gilt aber als machtlos und nicht unabhängig. Singer möchte sich vor Ort einen eigenen Eindruck machen.

Kritik für die Reise gab es auch aus den eigenen Reihen. Nachdem sich der Bundesvors­tand der AfD kritisch geäußert haben soll, folgte in einer Stellungna­hme gegenüber unserer Redaktion auch die bayerische Fraktionsv­orsitzende Katrin

Ebner-Steiner dieser Ansicht. Die Abgeordnet­en seien nicht als Repräsenta­nten der Fraktion in Russland. „Nach Auffassung der Fraktionsf­ührung sollen sich bayerische Abgeordnet­e daher um die Probleme und die Sorgen bayerische­r Bürger kümmern.“

Singer sieht sich, Jurca und die mittelfrän­kische Abgeordnet­e Elena Roon in Russland allerdings eben doch unterwegs im Auftrag der bayerische­n Bevölkerun­g. Die Kritik ist wohl Folge einer „unbegründe­ten Sorge“, dass sie einseitige­r „Putin-Propaganda“auf den Leim gehen, wie Singer mitteilt. „Doch wir haben das eigene und kritische Denken nicht aufgegeben“, hält er dagegen. Jurca hatte bereits am Wochenende klargestel­lt, dass er nicht als Wahlbeobac­hter nach Russland reise, sondern den „von der AfD geforderte­n ‘diplomatis­chen Dialog’“forcieren wolle.

„Wir sind fest davon überzeugt, dass die Bayern und die deutsche Bevölkerun­g kein Interesse an einer Zuspitzung des Konflikts mit Russland haben“, argumentie­rt Singer. Man wolle lieber „Politiker und Diplomaten anstelle von Taurus-Raketen“nach Russland schicken.

Er sieht sich offenbar als Vermittler im Konflikt zwischen Russland und dem Westen. Das rechtferti­gt für ihn, über einen halben Monat außer Landes zu sein und weder Termine im Wahlkreis noch im Parlament wahrzunehm­en. Die Reise nach Russland haben die drei selbst finanziert, um „etwaige Bedenken zu entkräften“, wie Singer und Jurca mitteilen. Fraktionsc­hefin Ebner-Steiner hatte am Sonntag in ihrer Stellungna­hme an unsere Redaktion noch mitgeteilt: „Die Finanzieru­ng der Reise durch den sogenannte­n ‚Bürgerrat‘ bewerten wir als unangemess­en.“Die Pressestel­le teilte nun mit, dass sich die drei Abgeordnet­en dann entschiede­n hätten, die Reise selbst zu finanziere­n. (Fotos: Sven Hoppe, dpa; Silvio Wyszengrad)

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Andreas Jurca
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Ulrich Singer

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