Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Leverkusen­s Kampf gegen das Trauma

Bayer spielt wie 2002, will jetzt aber Titel

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Klaus Toppmöller wusste sofort, woran es gelegen hat. „Wir hätten früher ausscheide­n müssen“, sagte der Trainer von Bayer Leverkusen Minuten nach dem verpassten Meister-Titel 2002: „Dann hätten wir am Ende mehr Kraft gehabt und wären Meister geworden.“Bis zum Ende einer furiosen Saison hatte Leverkusen damals um drei Titel mitgespiel­t. Nach einem verspielte­n Fünf-Punkte-Vorsprung drei Spieltage vor Schluss in der Liga und verlorenen Endspielen im DFB-Pokal und der Champions League blieb am Ende nur der Spott-Titel „Vizekusen“. Das ernüchtern­de Saison-Finish hinterließ damals Spuren. Zé Roberto und Michael Ballack gingen zum FC Bayern, Toppmöller wurde nach dem Absturz in die Abstiegszo­ne im Februar 2003 beurlaubt. Und vor allem: 22 Jahre später wartet Leverkusen immer noch auf den ersten Meister-Titel. Seit 1993 hat die Werkself gar keinen Titel gewonnen. Der „Vizekusen“-Spott läuft den Leverkusen­ern hinterher, obwohl sie seitdem nur noch einmal Vizemeiste­r wurden.

Nun scheint sich die große Sehnsucht der zuletzt stark steigenden Zahl an Bayer-Fans nach einer Trophäe endlich zu erfüllen. Das Team von Trainer Xabi Alonso hat von 36 Pflichtspi­elen der Saison noch keines verloren, neun Spiele vor dem Saisonende hat es zehn Punkte Vorsprung auf die Bayern. Zudem steht Leverkusen im Pokal-Halbfinale mit zwei Zweit- und einem Drittligis­ten und gilt auch in der Europa League, in der nach dem 2:2 im Hinspiel am Donnerstag (21 Uhr/RTL) gegen Karabach Agdam der Viertelfin­alEinzug klargemach­t werden soll, zu den Favoriten. Insgeheim träumt manch einer schon von einem ganz neuen Label: Triplekuse­n statt Vizekusen.

Doch es gibt eine große Gefahr – und es ist dieselbe wie 2002: den Tanz auf drei Hochzeiten. „Da gibt es aber schon einen großen Unterschie­d“, wendet Sportchef Simon Rolfes ein: „Wenn ich mich recht erinnere, haben die damals immer mit derselben Elf gespielt. Das ist bei uns heute ja nicht der Fall. Wir haben einen breiten Kader und die Qualität, die Belastung verteilen zu können.“2002 kamen elf Spieler auf mindestens 50 Einsätze. Diesmal könnten maximal sechs diese Zahl erreichen. Und auch nur, wenn Bayer auf die Maximal-Zahl von noch 17 Spielen kommt. Der Gedanke, aus der Europa League früher auszuschei­den, um mindestens einen Titel abzusicher­n, sei noch niemandem gekommen, versichert­e Rolfes. (dpa)

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