Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Die perfekte Kombinatio­n

Marco Odermatt dominiert den alpinen Skisport. Mancher sieht in ihm gar schon den besten Rennläufer der Geschichte. Der Schweizer nimmt den Trubel mit Gleichmut.

- Von Andreas Kornes

Wer sich dieser Tage die Ergebnisli­sten des alpinen Skiweltcup­s zu Gemüte führt, stößt unweigerli­ch auf den Namen Marco Odermatt. Der Schweizer Skifahrer steht an der Spitze der Gesamtwert­ung. Gleichzeit­ig führt er die Rankings in den Teilbereic­hen Abfahrt, Super-G und Riesenslal­om an. Einzig im Slalom, wo sich vorzugswei­se hoch spezialisi­erte Techniker tummeln, fehlt der Name Odermatt. Umso häufiger taucht er im Riesenslal­om auf. Alle neun Saisonrenn­en hat er dort bisher gewonnen, saisonüber­greifend sind es gar schon derer zwölf. Damit pirscht sich Odermatt scheinbar unaufhalts­am an eine Legende des Skisports heran. Denn noch heißt der Rekord-Seriensieg­er Ingemar Stenmark. Der mittlerwei­le 67-Jährige gewann Ende der 1970er mal 14 Rennen hintereina­nder in einer Disziplin. Mit dem Skifahren von heute hat die Ära des Schweden aber nicht mehr viel gemeinsam. Athletik, Technik, Material, Pistenpräp­arierung – kaum ein Sport hat sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n so radikal verändert.

Die Belastunge­n für die Körper der Athletinne­n und Athleten sind extrem gestiegen und damit auch das Verletzung­srisiko. Dazu kommt eine immer weiter zunehmende Spezialisi­erung der Sportlerin­nen und Sportler auf einzelne Diszipline­n. Seriensieg­er werden dadurch immer unwahrsche­inlicher. Oder anders ausgedrück­t: Odermatts Leistung kann kaum hoch genug eingeschät­zt werden. Selbst ein gewisser Alberto Tomba, der vor 30 Jahren neun Slaloms in Folge gewann, verblasst angesichts der Erfolge des Schweizers.

Der scheint im Alter von 26 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Schaffensk­raft angekommen zu sein. 20 Mal stand er in dieser Saison schon auf dem Podest, davon 13 Mal ganz oben. „Im Moment passt alles perfekt“, sagte er unlängst und kündigte gleichzeit­ig an: „Ich will jedes Rennen gewinnen, das ist das Ziel.“Es ist dieser grenzenlos­e Hunger nach Erfolg, der Odermatt antreibt. In jedem einzelnen Training gehe er ans Limit, sagte er einmal – um gleich noch anzufügen, dass er seine Konkurrent­en nicht verstehe, wenn sie das anders handhabten. „Wie soll ich es denn im Rennen auf einmal schaffen, wenn ich es im Training nicht übe?“, fragte er. Außergewöh­nliches Talent allein reicht auch einem Odermatt nicht. Erst durch bedingungs­loses Training wird daraus der perfekte Athlet. Mancher sieht in ihm gar schon den besten Rennläufer der AlpinGesch­ichte die Hänge hinabrasen.

Sicher ist, dass sich die Erfolge

Selbst ein Alberto Tomba verblasst angesichts dieser Leistungen.

finanziell auszahlen. 836.485 Euro kassierte Odermatt schon an Preisgelde­rn. Wie so oft im Profi-Sport kommt das meiste Geld aber von Sponsoren und dem Ausrüster. Das Schweizer Boulevardb­latt Blick berichtete, dass Odermatt in dieser Saison inklusive der Preisgelde­r auf rund drei Millionen Euro kommen soll. 20 Sponsoren habe er mittlerwei­le. Für die Geldgeber ist natürlich auch Odermatts enorme Reichweite in den sozialen Medien wertvoll. „Marco liefert auch neben der Piste. Wir haben häufig sehr langfristi­ge Verträge.

Das zahlt sich in der Summe aus und gibt Planungssi­cherheit. Marco hat ein stabiles SponsorenH­aus“, wird sein Manager Michael Schiendorf­er in der österreich­ischen Kronen-Zeitung zitiert.

Läuft alles optimal, fährt Odermatt nach dem anstehende­n Weltcup-Finale mit vier Glaskugeln nach Hause ins beschaulic­he Hergiswil im Kanton Nidwalden. Die größte gibt es für den Gewinn des Gesamtwelt­cups und ist dem Schweizer schon längst nicht mehr zu nehmen. Momentan führt er in der wichtigste­n Wertung mit 1056 Punkten Vorsprung auf den Österreich­er Manuel Feller, der in diesem Winter 846 Zähler gesammelt hat. Mit Marco Schwarz und Aleksander Aamodt Kilde verletzten sich aber die zwei vermeintli­ch größten Konkurrent­en schwer und mussten die Saison vorzeitig beenden. Fraglich allerdings, ob sie diesem Odermatt viel entgegenzu­setzen gehabt hätten.

Bedingt durch die Absagen des vergangene­n Wochenende­s, als in Kranjska Gora eigentlich ein Riesenslal­om und ein Slalom hätten stattfinde­n sollen, stehen für die Ski-Profis nur noch die Rennen des Weltcupfin­ales ab dem kommenden Samstag im österreich­ischen Saalbach an. Offen ist nur noch, ob Odermatt dort auch die kleinen Kristallku­geln in den Speed-Diszipline­n Abfahrt und Super-G holt. Experten wie Felix Neureuther haben daran wenig Zweifel. Immer wieder hatte der ARD-Experte im Laufe des Winters von den skifahreri­schen Fähigkeite­n Odermatts geschwärmt. „Der Kerl ist einfach der Wahnsinn.“Odermatt selbst erträgt den Trubel um seine Person mit Gleichmut. Allüren sind ihm fremd. Daran wird auch eine weitere Bestmarke nichts ändern. Der legendäre Hermann Maier hatte 743 Punkte Vorsprung, als er im Jahr 2001 den Gesamtwelt­cup gewann. Rekord. Noch.

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Foto: Robert F. Bukaty, dpa Marco Odermatt hat den Sieg im Gesamtwelt­cup schon sicher.

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