Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mehr als nur die Tour de France
Die Gier nach Erfolg ist bei Radstar Tadej Pogacar groß. Viele Wege führen ihn dabei nach Italien – nächster Zwischenstopp ist Sanremo.
Nicht einmal der italienische Regen konnte Tadej Pogacar abschrecken. Die Trainingsfahrten führten den Radstar zuletzt aus seiner monegassischen Wahlheimat rüber über die Grenze, um die Schlüsselstellen des Frühjahrsklassikers Mailand-Sanremo wie den Poggio oder die Cipressa zu inspizieren. Auf seiner Jagd nach dem vierten von fünf RadsportMonumenten überlässt der Slowene nichts dem Zufall, am Samstag soll nach den Erfolgen in Lüttich (2021), Flandern (2023) und bei der Lombardei-Rundfahrt (2021 bis 2023) endlich auch die Classicissima in seiner beeindruckenden Erfolgsbilanz auftauchen. Dann wäre nur noch die KopfsteinpflasterTortur Paris-Roubaix offen.
Italien steht ohnehin bei Pogacar in diesem Jahr ganz oben auf der Agenda. Dort, wo er beim Schotterrennen Strade Bianche jüngst mit einem beeindruckenden 81-Kilometer-Solo die Konkurrenz schockte und majestätisch seine Saison begann. Dort, wo er in diesem Jahr erstmals den Giro gewinnen will, und dort, wo am 29. Juni in Florenz die Tour de France startet. Läuft alles nach Plan, peilt Pogacar das Double aus Giro und Tour an, das letztmals vor 26 Jahren dem 2004 gestorbenen Kletterkönig Marco Pantani gelang. „Eine Karriere auf höchstem Level dauert nicht so lange. Du musst zu 100
Prozent fokussiert bleiben. Danach habe ich immer noch Zeit, Dinge zu genießen“, beschreibt Pogacar seine unbändige Gier nach Erfolg, die an den Radsport-Kannibalen Eddy Merckx erinnert.
64 Profisiege hat der 25-Jährige schon eingefahren. Vom Frühjahr bis zum Spätherbst gibt Pogacar immer Vollgas. „Radsport ist nicht nur die Tour de France“, sagt der Alleskönner, was auch als kleine Spitze gegen seinen Rivalen Jonas Vingegaard verstanden werden kann. Der dänische Tour-Champion der vergangenen beiden Jahre macht sich bei Klassikern und der WM meist rar und konzentriert sich wie einst
Fünfmal-Sieger Miguel Indurain vor allem auf den Höhepunkt im Sommer. „Jeder will das Double schaffen. Es ist eine der härtesten Sachen, dies zu erreichen. Ich denke, es ist genügend Zeit zwischen den beiden Rundfahrten zu regenerieren“, erklärt Pogacar.
Vor dem Giro wird er nur noch die Katalonien-Rundfahrt und den Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich bestreiten. Dort hatte Pogacar im Vorjahr bei einem Sturz einen Kahnbeinbruch erlitten, was ihm womöglich die Tour-Form gekostet hat. „Ich habe mein ganzes Selbstvertrauen zurück, das ich letztes Jahr nach meinem Sturz verloren habe“, sagt der Ausnahmefahrer. (dpa; Foto: Gian Mattia D’Alberto, dpa)