Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Seine Kunst soll nachweisbar wirken
Der Bildhauer und Zeichner Josef Zankl hat seine festen Überzeugungen und Prinzipien. Das macht ihn so gut, aber auch mitunter schwer begreiflich.
Um mit der Tür ins Haus zu fallen: Er war und ist kein Mensch, der sich selbst in den Mittelpunkt stellt. „Das würde ich nie tun“, sagt Josef Zankl – und wer ihn kennt, der bestätigt dies, keine Frage. Aber solch selbstbestimmte Zurückhaltung kann eben auch eine Achillesferse sein, zumal im Berufsstand des Künstlers. Dieser ist in aller Regel über viele Jahre hinweg darauf angewiesen, seine ästhetischen Überzeugungen, sein Werk, seine Person darzulegen. Wer sich da nicht selbst präsentieren will, der hat es ungleich schwerer, keine Frage.
Und doch ist Josef Zankl in gewisser Weise eine „Institution“– eine von Kennern anerkannte Institution. Zuerst als Bildhauer mit klassischer Ausbildung sowie als Zeichner. Dass er im Rahmen des Projektes „Sieben (Holz-)Kapellen“am schwäbisch-bayerischen Donautal für seine Innengestaltung der Kapelle bei den Schwaigen dreifach ausgezeichnet wurde, darunter mit dem Artheon-Kunstpreis Berlin, gehört zu seinen jüngsten Anerkennungen. Sodann ist Zankl seit Langem als Juror tätig und als Ausstellungskurator nicht nur bei den Augsburger Kunstsammlungen. Zur Vergangenheit indes gehört seine Tätigkeit als Gestalter der Großen Schwäbischen Kunstausstellung sowie seine Mitgliedschaft im
Augsburger Baukunstbeirat, in dem er auch mit Empfehlungen für das Gesicht etwa der Augsburger Maximilianstraße befasst war.
Der Bedarf an Wissen, Erfahrung, künstlerischem Einfühlungsvermögen ist bei Josef Zankl, der dieser Tage 70 wird, also gegeben – und mehr oder weniger im Verborgenen auch die Nachfrage nach seiner Kunst, die von hochmögenden privaten Sammlern geschätzt wird, ohne dass Zankl groß in Galerien beziehungsweise auf dem Kunstmarkt auftreten würde. Helmut Qualtinger gehörte einst zu seinen Bewunderern, und im Besitz des Kölner Sammlers Alexander Rosen befindet sich ein Block von rund 300 Zankl-Zeichnungen. Wer Seherfahrung hat, der erkennt.
Und wenn Josef Zankl – auch ein studierter, belesener Philosoph mit umfangreicher Bibliothek im Meringer Heim – schließlich Vertrauen gefasst hat, dann erzählt er auch. Dabei geht der Blick hinüber zu einem eigenwilligen Porträt an der Wand, das der einst 14-Jährige von einer Schulkameradin fertigte. Das Bild sei auch in seiner Bewerbungsmappe gewesen, als er sich 1972 an der Münchner Kunstakademie vorstellte. 18 Jahre alt war er da – und wurde dennoch mit der überraschenden Professorenfrage konfrontiert: „Von welcher Akademie kommen Sie?“Worauf sich des Weiteren ein Schlagabtausch zweier Lehrer ereignete, die beide Zankl in ihrer Klasse wissen wollten. Dieser
entschied sich letztlich für die Bildhauerklasse von Hans Ladner, mit dem sich bald eine tiefe Verbundenheit einstellen sollte.
Sie war es dann auch, die Zankl veranlasste, nicht zu Joseph Beuys nach Düsseldorf zu wechseln, obwohl er das Angebot in der Hand hatte. „Komm!“, hatte der Meister gesagt. Die Kunst von Beuys war dem in Neumarkt in der Oberpfalz geborenen Zankl durchaus vertraut, und zwar durch seinen Vater, der ebenfalls Bildhauer war – und Kriegskamerad von Beuys auf der Krim. Heute denkt Zankl über die
Bewerbung: „Ich wollte eigentlich nur wissen, ob meine Arbeiten vor Beuys’ Augen Bestand haben.“Aber auch ohne dann in die praktische Lehre des Aktionskünstlers eingetreten zu sein, sieht sich Zankl gleichfalls als ein Schöpfer sozialer Plastiken. Wobei ihm besonders wichtig ist, dass über einen formalästhetischen Prozess hinaus nicht nur andere Disziplinen wie die Wissenschaft einbezogen werden, sondern vor allem auch eine öffentliche tatsächliche Wirkung. So wie bei den auch die Luft rein haltenden 7000 Eichen in Kassel.
Deshalb reservierte Zankl auch in seinem Entwurf im Wettbewerb um das Berliner Holocaust-Mahnmal einen Randbereich der Fläche für eine Sozialstation zugunsten Obdachloser. Dies sei von der Jury als problematisch empfunden worden, sagt Zankl rückblickend – doch sein Entwurf kam dennoch unter die 20 besten von mehreren Hundert Einreichungen in der ersten Wettbewerbsrunde. Platz 1 jedoch erhielt Zankl für seinen Entwurf zu einem „Denkmal für Tschernobyl“, das in Hof errichtet werden sollte, aber aus finanziellen Gründen und „mit Sicherheit auch aus politischen Gründen“, wie Zankl sagt, nicht realisiert wurde. Und ebenfalls unausgeführt blieb 1986 sein Konzept zur Umgestaltung des Meringer Kriegerdenkmals. Zankl wollte dieses zu einem Friedensdenkmal transformieren, aber seine Vision konnte er nicht begreiflich machen. Wie dies? Er erhielt keine Gelegenheit zur Erklärung.
„Ich wollte immer die Dinge so umsetzen, wie ich sie mir vorstellte. Ich hatte immer meine Überzeugungen und Prinzipien. Ich wollte nie Erfolg haben über Galerien und die Bedienung des Kunstmarkts.“Mit diesen Worten umreißt der sensible, zurückhaltende, ausgesprochen höfliche Zankl, der einst renommierte Stipendien erhielt, seine Haltung und Einstellung zur Kunst. Solch ein Credo macht seine Arbeit im Zweifelsfall freilich eher wertvoller. 2025 wird sie nun endlich bei den Augsburger Kunstsammlungen gezeigt.
Er wollte nicht zu Joseph Beuys nach Düsseldorf wechseln.