Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hoffenheim-Fan soll Böller in Unterhose versteckt haben
Die Ermittlungen offenbaren neue Details zu der Explosion beim Fußballspiel im November in Augsburg. Unter den Verletzten waren Kinder – die teils bis heute unter den Folgen leiden.
Der Junge aus Block V der WWKArena, gerade mal elf Jahre alt, wollte sich ein Fußballspiel anschauen, mehr nicht. Das Duell zwischen dem FC Augsburg und der TSG Hoffenheim im November 2023 endete 1:1, doch das dürfte für den jungen Zuschauer zweitrangig gewesen sein, wenn überhaupt. In der zweiten Halbzeit explodierte im Nachbarblock W ein sogenannter „Mamba-Böller“mit enormer Detonationskraft. Ein Ereignis, das laut den Ermittlungen im Leben des Kindes nachwirkt; auch Monate später soll er noch unter den Folgen leiden, psychisch, aber auch körperlich. Er ist nicht der einzige, dem es so geht.
Kommende Woche startet vor dem Landgericht der Prozess gegen vier Männer, die für die Tat verantwortlich gewesen sein sollen. Wie berichtet, wurde der mutmaßliche Böllerwerfer aufgrund von Zeugenhinweisen noch im Stadion ermittelt und festgenommen, sitzt seither in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen aus dem Raum Göppingen das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und gefährliche Körperverletzung in 14 Fällen vor. Er soll den Böller, für den in Deutschland eine sprengstoffrechtliche Erlaubnis erforderlich wäre, während des Spiels vom Gästeblock aus in Richtung Spielfeld geworfen haben, zu einem Zeitpunkt, als sich die Ersatzspieler des FC Augsburg unmittelbar vor der Tribüne des Gästeblocks am Spielfeldrand aufwärmten. „Der Böller schlug im unteren Bereich des direkt angrenzenden Blocks ein, woraufhin es zu einer heftigen, ohrenbetäubenden Detonation und einem hellen Blitz kam“, heißt es von der Staatsanwaltschaft.
Während der Tat sollen drei Männer den mutmaßlichen Haupttäter unterstützt haben, etwa, indem sie eine Fahne vor dessen Gesicht geschwenkt hätten, um ihn zu verdecken. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Beihilfe zu den Delikten vor, diese drei Verdächtigen
sitzen nicht in Untersuchungshaft.
Nach Informationen unserer Redaktion gehen die Ermittler von Kripo und Staatsanwaltschaft davon aus, dass der 28-jährige Hauptangeklagte den Böller in seiner Unterhose ins Stadtion schmuggelte. Als Indiz dazu dienen ihnen offenbar auch ausgewertete Handydaten der Verdächtigen, aus denen hervorgehen soll, wie die angeklagten HoffenheimFans vorab per WhatsApp halb
witzelnd darüber beraten haben, in welcher Position in der Unterwäsche oder in welcher Körperöffnung man am besten etwas in die Arena transportieren könne.
Die Folgen der Detonation waren weniger witzig. Mehr als ein Dutzend Menschen wurden verletzt, den Ermittlungen zufolge teils gravierender, als bislang bekannt war. Da ist der Elfjährige aus Block V, der nach dem Knall über Kopf- und Ohrenschmerzen klagte und bis heute Beschwerden hat. Da ist ein 14-Jähriger, der von herumfliegenden Böllerteilen erwischt worden war und eine offene Wunde am Oberschenkel davongetragen haben soll. Eine Zwölfjährige, die nach dem Knall zunächst fast nichts hörte, in Angst geriet. Mehrere Erwachsene, die ein sogenanntes Knalltrauma erlitten und die Folgen bis heute spüren.
Vier Verhandlungstage bis in den April hinein hat die 3. Strafkammer des Landgerichtes angesetzt, deren Vorsitzender Richter Christoph Kern ist, zugleich ehrenamtlich Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes. Wie berichtet sah der Verteidiger des Hauptangeklagten eine Interessenkollision und stellte vor Prozessstart einen Befangenheitsantrag, den das Landgericht ablehnte. Der Vorsitzende Richter der Kammer habe die Prozessbeteiligten über seine Funktion vorab informiert, sagte ein Gerichtssprecher. Auswirkungen auf den Prozess dürfte dieser Antrag also wohl nicht haben, höchstens im Falle einer etwaigen Revision.