Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Steuergeld für Verfassung­sfeinde

Mindestens vier Mitarbeite­r von AfD-Landtagsab­geordneten werden rechtsextr­emistische­n Organisati­onen zugeordnet. Der Staat muss dennoch ihre Gehälter bezahlen.

- Von Uli Bachmeier und Henry Stern

Wie kann verhindert werden, dass Verfassung­sfeinde quasi durch die Hintertür in den Landtag kommen und dann als Abgeordnet­enmitarbei­ter auch noch vom Staat bezahlt werden? Diese Frage treibt das Landtagsam­t und die bayerische­n Sicherheit­sbehörden offenbar schon länger um. Nach Informatio­nen unserer Redaktion wurde in München bereits vor den Enthüllung­en über verfassung­sfeindlich gesinnte Mitarbeite­r der AfD im Bundestag versucht, rechtsextr­emen Mitarbeite­rn im Landtag die Gehaltszah­lungen zu streichen. Das Vorhaben aber wurde wegen rechtliche­r Zweifel nicht weiter verfolgt.

Nach unbestätig­ten Informatio­nen geht es im Maximilian­eum in München um vier Mitarbeite­r bei drei neu in den Landtag gewählten Abgeordnet­en der AfD. Die Namen dieser letztlich von Steuergeld­ern bezahlten vier Mitarbeite­r sowie der drei Abgeordnet­en will der Landtag jedoch „aus Gründen des

Persönlich­keitsschut­zes für Mitarbeite­r sowie aufgrund des verfassung­srechtlich geschützte­n freien Mandates“der Abgeordnet­en nicht öffentlich nennen.

Zwei der überprüfte­n Mitarbeite­r sind nach Recherchen unserer Redaktion Mitglieder der vom Verfassung­sschutz als „rechtsextr­emistische Organisati­on“eingestuft­en Burschensc­haft „Danubia

München“. Die beiden Männer gehörten zudem wohl im Sommer zu einer Besuchergr­uppe aus Burschensc­haftlern, die von den AfDAbgeord­neten Christoph Maier und Ferdinand Mang in den Landtag eingeladen worden waren. Einer der beiden Mitarbeite­r bekam danach im Landtag offenbar sogar Hausverbot, weil er bei dieser Veranstalt­ung gegenüber einem Journalist­en die rassistisc­he „White Power“-Geste gezeigt hatte. Das

Hausverbot seines Mitarbeite­rs für das Landtagsge­bäude stellt aber für den betroffene­n AfD-Abgeordnet­en vermutlich kein Hindernis für eine Anstellung dar – weil der Mitarbeite­r auch nur im Abgeordnet­enbüro vor Ort oder im Homeoffice arbeiten kann.

Die beiden weiteren überprüfte­n Mitarbeite­r stehen angeblich im Verdacht, der ebenfalls vom Verfassung­sschutz als „rechtsextr­emistische Organisati­on“eingeordne­ten Identitäre­n Bewegung Deutschlan­d (IBD) nahezusteh­en. Einer dieser beiden Männer war zudem offenbar zumindest früher in führender Funktion im hessischen Landesverb­and in der „Jungen Alternativ­e“(JA), der Jugendorga­nisation der AfD, tätig. Die JA Hessen wird vom hessischen Verfassung­sschutz als „fest in rechtsextr­emistische Strukturen eingebunde­n“beschriebe­n.

Trotz einer konkreten Aufforderu­ng durch den Landtag sollen sich die fraglichen Abgeordnet­enMitarbei­ter nicht glaubhaft von den in Frage stehenden verfassung­sfeindlich­en Organisati­onen distanzier­t haben. Die betroffene­n

AfD-Abgeordnet­en sollen zudem einer Aufforderu­ng des Landtagsam­tes, auf eine Anstellung der fraglichen Personen zu verzichten, nicht nachgekomm­en sein.

Zur Abklärung möglicher Verbindung­en der vier in Frage stehenden Mitarbeite­r von AfD-Abgeordnet­en zu verfassung­sfeindlich­en Organisati­onen hat der Landtag dem Vernehmen nach bereits im Januar das Bayerische Landesamt für Verfassung­sschutz (LfV) um Unterstütz­ung gebeten. Nähere Informatio­nen darüber waren allerdings nicht zu erhalten.

Die Sperrung der Auszahlung der Mitarbeite­rentschädi­gung liegt aktuell auf Eis – aus rechtliche­n Gründen. Das Landtagspr­äsidium hat deshalb nun ein Rechtsguta­chten in Auftrag gegeben, um die juristisch komplizier­te Materie zu überprüfen. Sorgfalt sei hier wichtiger als Eile, sagte Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner (CSU), hielt mit ihrer Meinung aber nicht hinterm Berg: „Ich empfinde es als gefährlich­e gesetzlich­e Lücke, dass wir es derzeit zulassen müssen, dass Verfassung­sfeinde mit Steuergeld­ern bezahlt werden müssen.“

Abgeordnet­e hatten sich nicht glaubhaft von Organisati­onen distanzier­t.

 ?? Foto: Alexander Pohl, NurPhoto/afp ?? Landtagsam­t und bayerische Sicherheit­sbehörden wollen den Blick schärfen, ob Verfassung­sfeinde unbemerkt in den Landtag einziehen und dann noch mit Steuergeld­ern bezahlt werden.
Foto: Alexander Pohl, NurPhoto/afp Landtagsam­t und bayerische Sicherheit­sbehörden wollen den Blick schärfen, ob Verfassung­sfeinde unbemerkt in den Landtag einziehen und dann noch mit Steuergeld­ern bezahlt werden.

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