Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Der kühle Kovac geht seinen Weg

Sollte er gegen den FC Augsburg keine Punkte holen, droht Niko Kovac beim VfL Wolfsburg das Aus. Über einen Trainer, der öffentlich meist eine gute Figur abgibt, mit seiner Art bei den Spielern aber nicht durchweg punkten kann.

- Von Johannes Graf

Als Niko Kovac an diesem Donnerstag Fragen beantworte­t, wirkt er wie immer. Aufgeräumt, ruhig, eloquent, freundlich, in seinen Ausführung­en aber bestimmt. Wie immer ist es dieser Tage rund um den VfL Wolfsburg allerdings nicht. In der Fußball-Bundesliga ist jedes Spiel bedeutend, gleichwohl bedeutende­r ist aber die kommende Partie für Kovac. Geradezu existenzie­ll sogar. Dem Trainer droht mehr denn je das Aus. Seit genau drei Monaten warten die Wolfsburge­r auf einen Sieg. Zuletzt kassierten sie Niederlage­n gegen die Top-Teams aus Leverkusen und Stuttgart. Ärgerlich, aber erwartbar aus Wolfsburge­r Sicht. Weitaus problemati­scher für Kovacs Daseinsber­echtigung in Wolfsburg sind schwache Ergebnisse seit Jahresbegi­nn gegen Gegner auf Augenhöhe: gegen Kölner, Heidenheim­er oder Mainzer.

Und nun treffen die Wolfsburge­r erneut auf einen dieser Kontrahent­en, gegen den in der Autostadt Erfolge erwartet werden. Wenn der FC Augsburg im Wolfsburge­r Stadion gastiert (Samstag, 15.30 Uhr/ Sky), scheint Kovac zum Siegen verdammt. Nicht zum ersten Mal könnte eine Niederlage gegen Augsburg das Beschäftig­ungsverhäl­tnis eines Bundesliga­trainers beenden. Es folgt eine Länderspie­lpause, in der sich Wolfsburgs Sportdirek­tor Sebastian Schindziel­orz sowie die beiden Geschäftsf­ührer Marcel Schäfer und Michael Meeske zu einer Veränderun­g genötigt sehen könnten. Als Kovac darauf angesproch­en wird, reagiert er abgeklärt. Diese Frage müsse man nicht ihm stellen, merkt er an. „Mir ist das zu pessimisti­sch,

für mein Inneres ist das nicht förderlich. Deshalb beschäftig­e ich mich damit nicht.“

Der drohende Abstiegska­mpf verträgt sich nicht mit den Ansprüchen der Niedersach­sen. Deren Geldgeber Volkswagen denkt schließlic­h nicht nur im Autobusine­ss internatio­nal, sondern sieht sich auch im Sport gerne auf europäisch­er Bühne. Doch nicht den Wolfsburge­rn fehlt aktuell ein Punkt zu Rang sieben, der für die Conference League reichen könnte, sondern den Augsburger­n. Kovac ist lange genug dabei. Weiß, dass er jetzt liefern muss. „Wir müssen gewinnen“, betont der

52-Jährige. Dieses „Wir“, das ist vor allem ein „Ich“. Nach dem zwölften Spieltag, also rund einem Drittel der Saison, befand sich Kovac auf dem richtigen Weg. In der Tabelle stand der VfL auf Platz acht, mit Tuchfühlun­g zu den Europapoka­lplätzen. Das Spitzentea­m RB Leipzig hatte der VfL im Spätherbst im DFB-Pokal und in der Liga geschlagen. Beide Spiele waren ein Gradmesser, zu welchen Resultaten die Wolfsburge­r fähig sein können.

Nach dem DFB-Pokal-Aus gegen Borussia Mönchengla­dbach glückte in Darmstadt noch ein Sieg – dann der Bruch. Fragen nach der

Sieglos-Serie werden Kovac wöchentlic­h gestellt. „Natürlich nervt mich das“, antwortet er. „Wenn es mich nicht nerven würde, wäre ich fehl am Platz.“Seine Gefühle wolle er zwar nicht mit der Öffentlich­keit teilen. „Das heißt aber nicht, dass es mich nicht berührt.“Vor dem Augsburg-Spiel glaube er fest an eine Wende. Gute Leistungen würden zwangsläuf­ig in gute Ergebnisse münden. Von der Qualität seiner Spieler sei er absolut überzeugt. Worte, die jeder Trainer in dieser Lage äußern würde. Sich selbst stellt er die Frage, wann der Befreiungs­schlag gelingt. „Ob das morgen, übermorgen oder erst in drei Monaten ist, das weiß ich nicht.“

Kovac war Profi in Leverkusen, Hamburg, München, Berlin und Salzburg. Führte die kroatische Nationalma­nnschaft als Kapitän aufs Feld. Seine Spielweise, eine Mischung aus harter Arbeit, Übersicht und Strategie, lässt sich auf seine Trainertät­igkeit übertragen. Kovac stellt sich vor seine Mannschaft. Lobt etwa die Einstellun­g seiner Spieler in dieser Trainingsw­oche. Erwartet im Gegenzug jedoch Disziplin und Einstellun­g. Sonderbeha­ndlungen sind von ihm nicht zu erwarten. Auf Namen und Meriten nimmt er keine Rücksicht. Beim FC Bayern bezeichnet­e er Vereinsleg­ende Thomas Müller als „Notnagel“, in Wolfsburg sortierte er den eigenwilli­gen Max Kruse aus, der diese Aktion jüngst als „asozial“einstufte. Nach seinem Ende als kroatische­r Nationaltr­ainer im Herbst 2015 hieß es, die Chemie zwischen Trainer und Mannschaft hätte nicht mehr gestimmt.

Niko Kovac, der bei seinen Stationen stets seinen Bruder Robert als Co-Trainer an seiner Seite weiß, erweckt nicht den Eindruck, als würde ihn Kritik sonderlich berühren. Geht weiter seinen Weg. Öffentlich wirkt er mitunter kühl. Der gebürtige Berliner hat Abitur und studierte acht Semester Betriebswi­rtschaft. Als er im Frühjahr 2016 bei Eintracht Frankfurt vorgestell­t wurde, philosophi­erte er: „Die Aufgabe ist nicht leicht. Aber welche im Leben ist das schon.“Trainertre­nnungen kommentier­te er bislang mit Beiläufigk­eit. „Eine Tür geht zu, eine andere Tür öffnet sich“, ist einer seiner Sätze. Nach dem Spiel gegen Augsburg könnte sich mal wieder eine Tür schließen.

 ?? Foto: Daniel Löb, dpa ?? Ein Bild aus dem Hinspiel zwischen dem FC Augsburg und dem VfL Wolfsburg. Sollte der FCA erneut siegen, wäre Niko Kovac womöglich seinen Job als VfL-Coach los.
Foto: Daniel Löb, dpa Ein Bild aus dem Hinspiel zwischen dem FC Augsburg und dem VfL Wolfsburg. Sollte der FCA erneut siegen, wäre Niko Kovac womöglich seinen Job als VfL-Coach los.

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