Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Siegen oder fliegen

Die FCA-Profis Ermedin Demirovic und Fredrik Jensen kämpfen mit Bosnien-Herzegowin­a und Finnland um zwei der letzten drei Tickets für die Europameis­terschaft in Deutschlan­d. Die Gegner haben es aber in sich.

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Von Robert Götz

Als Ermedin Demirovic Ende Februar vor dem Spiel gegen den SC Freiburg auf die nächste Länderspie­lpause angesproch­en wurde, da funkelten beim Top-Torjäger des FC Augsburg die Augen. „Ich bin extrem aufgeregt, aber auch extrem heiß auf diese Möglichkei­t“, sagte er damals. Jetzt, knapp vier Wochen später, wird es für Demirovic mit der Nationalma­nnschaft Bosnien-Herzegowin­as Ernst. Mit zwei Siegen kann sich das kleine Land im Osten Europas noch für die Europameis­terschaft in Juni in Deutschlan­d qualifizie­ren. Ebenso wie Fredrik Jensen mit Finnland.

Möglich macht das die Nations League. Der einst so ungeliebte Wettbewerb für Nationalma­nnschaften, der in der Saison 18/19 von der Uefa eingeführt wurde, ist für zwölf Länder zum Hoffnungst­räger mutiert. Die Ligen A bis C spielen ab Donnerstag in den drei Play-offs (Halbfinale, Finale) die drei freien EM-Tickets aus. „Siegen oder fliegen“heißt es dann. „Do or die“nennen sie diese Art von Partien in den US-amerikanis­ch geprägten Sportarten. Denn Verlieren ist verboten.

Bosnien-Herzegowin­a trifft in der Liga B am Donnerstag (20.45 Uhr) auf die Ukraine. Im anderen Halbfinale stehen sich Israel und Island (in Budapest) gegenüber. Bosnien-Herzegowin­a fiebert dem Alles-oder-nichts-Spiel entgegen. Das kleine Balkanland (Hauptstadt ist Sarajevo) war bisher noch nie für eine EM qualifizie­rt. Das Stadion Bilino Polje in Zenica, der 115.000-Einwohner-Stadt im Bosna-Tal, ist mit seinen knapp 15.000 Plätzen längst ausverkauf­t. Demirovic weiß natürlich um die politische Brisanz des Duells mit der von Russland angegriffe­nen Ukraine, konzentrie­rt sich aber nur auf das Sportliche. Beim 2:2 gegen Leipzig (Mitte Februar) war sein Trainer Savo Milosevic in der WWK-Arena. Demirovic traf damals per Elfmeter. Zwei weitere ließ er in Darmstadt folgen.

Für den 25-jährigen Demirovic wäre die Europameis­terschaft die ideale Plattform, um sich weiter ins Rampenlich­t zu spielen. Mit 14 Toren und acht Vorlagen spielt der gebürtige Hamburger jetzt schon seine beste Bundesliga­saison. Sein Vertrag beim FC Augsburg ist noch bis Juni 2026 datiert. Aber mit jedem Treffer und dann mit einer möglichen EM-Teilnahme wird der Appetit einer der großen Klubs sicher immer größer, auch wenn Demirovic immer wieder betont, wie wohl er sich derzeit in Augsburg fühlt. Derzeit wird der Marktwert des FCA-Kapitäns auf rund 20 Millionen Euro taxiert. Doch darum geht es Demirovic nicht. Er hat nur einen Gedanken: „Wir können uns als kleines Fußball-Land für die EM qualifizie­ren.“

Auch Fredrik Jensen träumt von einer WM-Teilnahme. In der Nations League Liga A muss er mit Finnland am Donnerstag in Wales (Cardiff) antreten. Der Gewinner spielt dann gegen den Sieger der Paarung Polen/Estland um das begehrte Ticket. „Das sind Allesoder-nichts-Spiele. Es wäre überragend für Finnland, wenn wir uns nach 2021 erneut für die EM qualifizie­ren würden. Wir müssen zwei Spiele gewinnen. Alles andere zählt nicht“, sagte Jensen vor dem Spiel gegen den 1. FC Heidenheim.

In dieser Saison hat sich der offensive Mittelfeld­spieler unter Trainer Jess Thorup einen Stammplatz erspielt. Besonders in der taktischen Rauten-Formation fühlt sich der 26-jährige Finne, der in Porvoo, 50 Kilometer südöstlich von Helsinki, geboren wurde, wohl. Er überzeugt als Vorlagenge­ber (fünf). Beim 3:1-Sieg in Wolfsburg wurde er aber nach rund einer Stunde Gelb-Rot-gefährdet ausgewechs­elt. Finnland war bisher nur für die EM 2021 qualifizie­rt, schied aber in der Vorrunde aus. In der Liga C stehen sich Georgien

und Luxemburg sowie Griechenla­nd und Kasachstan gegenüber.

Ein Stammgast bei den letzten Europameis­terschafte­n ist hingegen die Schweiz. Und so stehen für Ruben Vargas und Kevin Mbabu zwei Testspiele auf dem Programm. Die Schweiz spielt in Dänemark (Samstag, 20 Uhr) und gegen Irland (Dienstag, 26. März, 20.45 Uhr). Für Mbabu ist es die erste Nominierun­g seit September 2022.

Für die belgische U21-Nationalma­nnschaft läuft Arne Engels auf. Der 20-jährige Mittelfeld­spieler trifft in der EM-Qualifikat­ion auf Malta (Donnerstag) und Spanien (Dienstag, 26. März). Mit zehn Punkten stehen die Belgier aktuell auf Platz drei der Quali-Gruppe B, punktgleic­h mit Schottland (je zehn Zähler). Tabellenfü­hrer ist Spanien (13 Punkte).

Gleich dreifach im Einsatz ist Mert Komür. Das FCA-Eigengewäc­hs, das bisher in der Bundesliga noch nicht zum Einsatz kam, kämpft mit der U19 Deutschlan­ds in der Eliterunde um die Qualifikat­ion zur EM 2024 in Nordirland. In Kroatien stehen dafür drei Spiele an, wobei der DFB nur als Gruppensie­ger das EM-Ticket lösen kann. Den Auftakt macht am Mittwoch (15.30 Uhr) das Duell mit Gastgeber Kroatien, bevor es am Samstag (12.30 Uhr) gegen Rumänien weitergeht. Zum Gruppenabs­chluss bekommt es das WörnsTeam am Dienstag, 26. März (14 Uhr), mit der Türkei zu tun. Verlieren ist auch da verboten.

Georg Zimmermann hatte sich gut gefühlt, auch beim letzten Anstieg beim Klassiker Mailand-Sanremo, beim berühmten Poggio di Sanremo. 3,7 Kilometer bei 3,7 Prozent Steigung ging es kurz vor dem Ziel in Sanremo nach oben. Die zwölfköpfi­ge Spitzengru­ppe mit dem späteren Sieger Jasper Philipsen und dem Top-Star Tadej Pogacar war zwar zu weit entfernt, doch im direkten Verfolgerf­eld hätte der Augsburger Radprofi durchaus Richtung Ziel fahren können.

Doch die Teamtaktik von Intermarch­e-Wanty war eine andere. Zimmermann musste Sprinter Binima Girmay bestmöglic­h Richtung Ziel bringen. Doch der Eriträer hatte beim ersten EintagesKl­assiker der Saison Probleme. „Ich habe dann oben auf der Kuppe noch kurz gewartet, um ihn wieder ranzubring­en, aber es hat nicht so optimal geklappt“, erklärte Zimmermann am Montag.

Am Ende belegte Girmay nach über 288 Kilometern im Sprint des großen Verfolgerf­eldes Platz 27 mit 35 Sekunden Rückstand auf den belgischen Sprintköni­g Philipsen. Georg Zimmermann ging auf den letzten Metern kein Risiko mehr ein und kam zehn Sekunden nach seinem Teamkolleg­en als 39. ins Ziel in Sanremo. Ein etwas enttäusche­ndes Mannschaft­sergebnis, dennoch war Zimmermann mit seiner Leistung zufrieden. „Wenn man im Fußball fünf gute Vorlagen gibt, aber der Stürmer nicht trifft, kann man selbst trotzdem ein gutes Spiel gemacht haben.“

Dass er bester Deutscher beim ersten Radsport-Monument der Saison war, spielte für Zimmermann keine Rolle, seine persönlich­e Performanc­e aber schon: „Das ist immer etwas Spekulatio­n. Aber ich glaube, für mich alleine wäre schon etwas mehr drin gewesen. Den Anschluss ganz nach vorne hätte ich wohl nicht geschafft, aber eine Top-30-Platzierun­g wäre wohl drin gewesen“, bilanziert­e der 26-jährige Augsburger.

Es war seine Premiere beim italienisc­hen Frühjahrsk­lassiker, mit dem er sich gleich anfreundet­e. „Ich habe gesehen, dass das Rennen mir liegt. Ich kenne jetzt die Topografie, die Eigenheite­n. Ich würde gerne noch einmal herkommen.“Um auch die Großen seiner Zunft wie Tadej Pogacar zu ärgern. „Es war eine Lücke da, aber sie war nicht so groß, dass ich die nicht irgendwann schließen könnte.“

Dass Weltstar Pogacar das Rennen einfach „nicht hart genug“war, er haderte damit, dass er mit seinen Attacken die Sprintspez­ialisten nicht abhängen konnte, konnte Zimmermann nachvollzi­ehen: „Die ersten 255 Kilometer war man nicht gefordert. Erst an den letzten zwei Hügeln wurde dann ein extremes Tempo angeschlag­en.“Das er und sein Kapitän Girmay am Ende nicht mehr mitgehen konnten. Aber schon am Freitag gibt es die nächste Chance zu überzeugen: beim E3 Saxo ClassicRen­nen im belgischen Harelbeke. Es zählt zu den kürzeren Eintagesre­nnen, dafür ist es mit Anstiegen gespickt. (Fotos: dpa)

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Foto: Gerry Schmit, Imago
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Foto: Tomi Hänninen, Imago
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