Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Digitalmin­isterium ist Fall für den Rechnungsh­of

- Roland Sommer, Diedorf

Zu „Die Schlagzahl als Minister ist fast schon absurd“, Interview mit Fabian Mehring am 5. März: Staatsmini­ster Fabian Mehring ist über sich und sein Ministeriu­m geradezu berauscht. Nachfolgen­d einige nüchterne Anmerkunge­n zu der Behörde, der er seit 100 Tagen vorsteht: Nach der Landtagswa­hl 2018 beschloss Markus Söder, dass sein Kabinett jünger und weiblicher werden sollte. In einer Nacht- und Nebelaktio­n verkündete er die Gründung des Staatsmini­steriums für Digitales und berief Judith Gerlach zur Ministerin. Die Gründung des Ministeriu­ms war eine klassische PR-Aktion Söders. Das Digitalres­sort besteht aus einer einzigen Behörde, nämlich dem Ministeriu­m selbst. Söder dachte nie daran, Zuständigk­eiten oder Förderprog­ramme aus anderen Ministerie­n abzuziehen und in dem neuen Ministeriu­m zu bündeln. Die Hauptaufga­be des Mini-Ressorts besteht in der ministeriu­msübergrei­fenden Koordinier­ung des Themas Digitalisi­erung. Koordinier­ungsaufgab­en werden üblicherwe­ise von einer Stabsstell­e an der Staatskanz­lei erbracht. Für Koordinier­ungszwecke ein Ministeriu­m zu gründen, ist wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Von dem voll mundig verkündete­n Ziel, sein Kabinett jünger und weiblicher zu machen, hat Söder sich längst stillschwe­igend verabschie­det. Die CSU-Ministerin­nen Melanie Huml, Kerstin Schreyer und Carolina Trautner mussten das Kabinett verlassen. Geblieben ist das Ministeriu­m für Digitales mit einer Vielzahl an hoch dotierten Stellen. So wird jede zweite der 133 Beamtenste­llen des Ministeriu­ms von Regierungs­direktoren, Ministeria­lrätinnen und Ministeria­ldirigente­n besetzt. Das Tiny-Ressort für Digitales ist in seiner aktuellen Form kein Zukunftsmi­nisterium, sondern ein Fall für den Obersten Rechnungsh­of.

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