Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Elterntaxi­s in Gersthofen: „Das ist eine Katastroph­e in der Früh!“

Das Verkehrsau­fkommen vor den Schulen in Gersthofen ist enorm. Rektoren, Busfahrer, Eltern und Anwohner schildern die Situation aus ihrer Perspektiv­e. Die Stadt sucht eine Lösung.

- Von Gerald Lindner, Kristina Orth

Es ist kurz vor acht Uhr. Auf der Theresiens­traße Richtung Schulzentr­um Gersthofen fahren Kinder mit dem Fahrrad oder gehen zu Fuß in Richtung Schule. Auf der schmalen Straße fahren „Elterntaxi­s“. Busse und kleine Sprinterwa­gen drängen vor die Schulen. Den Bussen fehlt der Platz, um zu wenden, die Eltern wollen schnell weg. Fahrradfah­rer und Fußgänger laufen eng gedrängt am Straßenran­d vorbei.

Förderschu­ldirektori­n Claudia Fendt von der Franziskus­schule sagt: „Unsere Schüler werden überwiegen­d mit Schulbusse­n befördert und dabei gibt es immer wieder ein Problem mit den Elterntaxi­s.“Laut Fendt setzen hauptsächl­ich Eltern von Mittelschü­lern ihre Kinder vor der Schule ab. Als Lösung würde Fendt gerne die Straße für den privaten Elternverk­ehr direkt vor der Schule komplett sperren, entweder mit Schildern oder einer Schranke. Wenn die Stadt Gersthofen die Müllcontai­ner aus einer Parkbucht entferne, gebe es laut Fendt immerhin zwei Parkplätze mehr vor Ort.

Die Anwohnerin­nen Karolin Schmidmeie­r, 34 Jahre, und Stefanie Gerhardt, 31 Jahre, haben gerade ihre Kinder zu Fuß zum Kindergart­en St. Elisabeth gebracht. Sie sagen: „Das ist eine Katastroph­e in der Früh und es ist gefährlich.“Wenn die Autofahrer im verkehrsbe­ruhigten Bereich vor der Schule und dem Kindergart­en langsamer fahren würden, wäre den beiden viel geholfen.

Busunterne­hmer Karl Kirner, fährt jeden Schultag mit seinem Sprinter Kinder aus Vogelsang, Schlipshei­m und Westheim zur Franziskus-Förderschu­le. Er sagt dazu: „Wir werden durch die Elterntaxi­s behindert.“Viele Eltern missachtet­en das Schritttem­po in der Spielstraß­e und überholten die Busse, aus denen Schüler ausstiegen.

Daniela Wörle arbeitet für das Busunterne­hmen Meier. Sie fährt mit einem großen Bus vor die Förderschu­le. Im Wendekreis vor den Schulen stehen die Autos. Sie sagt: „Das passiert hier jeden Tag so. Mit unseren sechs Bussen kommen wir hier kaum durch.“Sie weist auf das Halteverbo­t für Eltern vor den Schulen hin. Sogar mit der Polizei habe sie deswegen schon Kontakt gehabt und eine Zeit lang Fotos von Elterntaxi­s gemacht. Sie schlägt Eltern vor, ihre Kinder an der gegenüberl­iegenden Schubertst­raße bei der Haltestell­e aus den Autos steigen zu lassen. Die Kinder müssten dann nur wenige Meter zur Schule laufen.

Die Eltern haben viele verschiede­ne Gründe, warum sie ihre Kinder vor die Schule fahren. Manche davon sind gut nachzuvoll­ziehen. Katrin Salem, 41 Jahre, sagt: „Ich komme seit zwei Jahren aus Augsburg hierhergef­ahren.“Bei vielen anderen Elterntaxi­s hätten nach dem Eindruck von Salem die Kinder nur ein paar Meter Fußweg zu laufen. Für sie ist die große Entfernung zur Schule ihres Kindes ausschlagg­ebend dafür, dass sie ihr Kind fährt.

Marlena Piuniceru, 26 Jahre, erklärt ihren Fahrdienst so: „Ich fahre

mein Kind gerne zur Schule, weil ich arbeite. Wir können dann noch etwas Zeit miteinande­r verbringen. Nachmittag­s kommt mein Kind mit dem Bus nach Hause.“Das Fahren sei also ein Weg, etwas gemeinsame Zeit im stressigen Alltag mit Arbeit und Familie miteinande­r zu verbringen. David Obermeier erklärt, er bringe sein Kind und fahre danach weiter zur Arbeit. Seiner Ansicht nach wäre es gut, mehr Parkplätze für die Eltern zu bauen, um die Situation zu entzerren.

Anwohnerin Pia Engelhardt beobachtet das tägliche Treiben und findet: „Viele Kinder werden direkt bis vor die Schule gefahren, es geht kaum noch einer zu Fuß.“Ihrer Ansicht nach fahren die Kleinbusse oftmals zu schnell, nicht nur die Eltern. Durch den Zuzug gebe es immer mehr Autos, die auf der Straße stünden und diese künstlich verengten.

Grundsätzl­ich ist ein hohes Verkehrsau­fkommen bei An- und Abfahrt der Schülerinn­en und Schüler an den Gersthofer Schulen zu verzeichne­n, heißt es von der Stadt auf Anfrage unserer Redaktion. Derzeit besuchen die GoetheGrun­dschule Gersthofen 251 Schülerinn­en und Schüler, die Mozartschu­le

233, Pestalozzi­schule 456 und die Anna-Pröll-Mittelschu­le 664. Im Paul-Klee-Gymnasium sind es rund 1000. Im Rahmen der Erneuerung der Innenstadt (Grünes Herz) sieht das begleitend­e Mobilitäts­konzept auch die Verkehrsbe­ruhigung vor Schulen sowie in anderen Straßen vor. Beim Schulzentr­um der Schubertst­raße wird es eine Verbesseru­ng für Radfahrer (ob Radweg oder Angebotstr­eifen muss geprüft werden), eine Querungshi­lfe für Fußgänger wie auch ein Durchfahrt­verbot für Lkw kommen. Der Planer wird hierzu bereits gesucht. Auch für die anderen Gersthofer Schulen sind Verkehrsbe­ruhigungsm­aßnahmen geplant.

Allerdings wird es damit sicher noch etwas dauern: Aktuell sind aufgrund des anstehende­n Bürgerents­cheids alle Planungen gestoppt, da die Teilsperru­ng der Bahnhofstr­aße (zwischen Schulstraß­e und Donauwörth­er/Augsburger Straße) ein zentraler Baustein des Mobilitäts­konzepts und der Berechnung­en der Verkehrsex­perten ist.

„Nach den Bürgerents­cheiden werden aus dem Konzept Einzelmaßn­ahmen abgeleitet“, so Rathausspr­echer Kai Schwarz.

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Foto: Kristina Orth Verkehrsch­aos vor dem Gersthofer Schulzentr­um: Die Busse bringen Förderschü­ler, die Elterntaxi­s meistens Mittelschü­ler.

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