Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Ein Schritt fehlt noch
Auf die Ukraine wartet während des russischen Angriffskriegs das dritte Finale um eine Teilnahme bei einem großen Fußball-Turnier. Die Chancen stehen diesmal vor der EM sehr gut.
Breslau Vor dem sportlichen Endspiel in maximal belastenden Zeiten richtete der prominenteste Fußballer der Ukraine eine Botschaft an alle. „Dieses Team hat Charakter und Kampfgeist gezeigt – großartig! Ein entscheidendes Match in Breslau steht bevor. Gebt alles, damit wir das Ziel erreichen“, schrieb Andrij Schewtschenko bei Instagram. Der frühere Weltklassestürmer war 2012 als Spieler, 2016 als Co-Trainer und 2021 als Cheftrainer für die Ukraine bei einer EM. Inzwischen ist Schewtschenko Verbandspräsident und hofft inmitten des russischen Angriffskrieges auf einen sportlichen Lichtblick. Ein Sieg im Play-off-Finale am Dienstag (20.45 Uhr) gegen Island
– und die Ukraine wäre zum vierten Mal in Serie für eine EMEndrunde qualifiziert.
Das packende 2:1 im Halbfinale gegen Bosnien-Herzegowina am Donnerstag zeigte, wie die dramatische Situation in der Heimat das Nationalteam berührt. Das Land hatte in der Nacht vor der Partie einen der schwersten Angriffe seit Kriegsbeginn erlitten. „Die Raketen fliegen jeden Tag. Unsere Mission ist es zu zeigen, dass wir alle lebendig sind und gegen die Russen kämpfen und dass wir die Unterstützung Europas brauchen“, sagte Nationaltrainer Serhij Rebrow nach dem Sieg, bei dem sein Team einen 0:1-Rückstand erst in der Schlussphase gedreht hatte.
Der Fußball als Lebenszeichen in Kriegszeiten: Darum geht es laut Rebrow in diesen Tagen. „Dieses Spiel hat den Charakter unserer Spieler und unserer Nation gezeigt“, sagte der Chefcoach nach dem Sieg in Zenica. Doch für Spielmacher Heorhij Sudakow ist die sportliche Mission noch nicht erfüllt. Nun soll auch der letzte Schritt gelingen. „In diesen schwierigen Zeiten wäre die Qualifikation wichtig, um unserem Volk Freude zu machen“, sagte Sudakow. Freude fürs Volk, den eigenen Soldaten Mut machen, für den Frieden spielen: Schon während der Qualifikation hatten die Profis ihre eigene Rolle betont.
Bei dem Finale in der polnischen Stadt erwartet die Ukraine, die weiter keine Partien im eigenen Land absolvieren kann, HeimspielAtmosphäre. „Wir zählen auf die Unterstützung unserer Fans in
Breslau“, sagte Stürmer Danylo Sikan. „Ich bin sicher, dass es dort ein volles Stadion geben wird, alle warten auf das Spiel“, fügte Cheftrainer Rebrow an. Polen hat UNAngaben zufolge nach Deutschland die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen.
Zwei Gelegenheiten hatten die ukrainischen Fußballer seit Kriegsbeginn schon, sich für ein großes Turnier zu qualifizieren. Im Juni 2022 verlor das Team das WM-Play-off-Finale gegen Wales und verpasste das Ticket für Katar. Im November 2023 wäre die EMQualifikation mit einem Sieg gegen Titelverteidiger Italien möglich gewesen. Doch in Leverkusen reichte es nur zu einem 0:0. (dpa)