Augsburger Allgemeine (Land West)

Jetzt können die Kuka-Aktionäre Flagge zeigen

Interview Mit Spannung wird erwartet, ob auch der schwäbisch­e Familienko­nzern Voith und die Firmengrup­pe um Friedhelm Loh ihre Anteile an Midea verkaufen. Was der Augsburger IG-Metall-Chef Michael Leppek jetzt fordert

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Herr Leppek, Sie sind nicht nur der Chef der Augsburger IG Metall, Sie sind auch stellvertr­etender Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der Kuka AG. Angenommen, das Gerücht stimmt und der deutsche Ankeraktio­när Voith verkauft nun auch an den chinesisch­en Haushaltsg­eräteherst­eller Midea, der ein Übernahmea­ngebot vorgelegt hat. Kann dann Kuka-Chef Till Reuter sein Verspreche­n halten, bleibt dann Kuka ein deutsches Unternehme­n? Michael Leppek: Kuka ist ein deutsches Unternehme­n und wird das auch bleiben. Es ist ein Unternehme­n mit einer großen deutschen Tradition, und daran wird sich auch durch irgendeine­n Investor nichts ändern. Wichtig ist nun aber, diese Eigenständ­igkeit von Kuka in den Verträgen mit Midea langfristi­g festzuschr­eiben.

Welche Folgen hat es, wenn das Unternehme­n Voith, das 25,1 Prozent hält, seine Anteile verkauft? Leppek: Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Wir wissen ja noch gar nicht, ob Voith verkauft. Kuka hat aber auch in der Vergangenh­eit immer wieder unterschie­dliche Aktionärss­trukturen gehabt und ist damit gut gefahren. Wir hatten mit Guy Wyser-Pratte schon einen Finanzinve­stor aus den USA und mit Grenzebach ein regionales Familienun­ternehmen.

Angenommen, Voith verkauft und der zweite Kuka-Großaktion­är Friedhelm Loh auch, dann wird Kuka doch bald ganz in chinesisch­er Hand sein? Leppek: Diese Entscheidu­ng liegt ganz in der Verantwort­ung der Ak- tionäre. Jetzt können auch die größeren Aktionäre zeigen, ob sie hinter Kuka stehen. Natürlich ist es wichtig, Ankeraktio­näre zu haben, die langfristi­g zu dem Unternehme­n halten und vertrauens­voll mit allen Beteiligte­n zusammenar­beiten.

Im Gespräch ist auch immer wieder, dass der schweizeri­sche Industriek­onzern ABB ein Angebot vorlegt? Leppek: Es gibt zum gegenwärti­gen Zeitpunkt kein anderes Angebot außer das von Midea. Es liegt in der Natur der Sache, dass man lieber aus mehreren Angeboten auswählen würde, aber dies ist bis jetzt nicht der Fall.

Der Vorstandsc­hef von Kuka, Till Reuter, wird nach Medienberi­chten im Aufsichtsr­at kritisiert, weil er bereits vor dem Übernahmea­ngebot mit Midea Kontakt gehabt hatte. Hat sich Reuter aus Ihrer Sicht falsch verhalten und ist den Chinesen gegenüber von Anfang an zu aufgeschlo­ssen aufgetrete­n? Leppek: Nein. Aus meiner Sicht werden hier einzelne Worte auf die Goldwaage gelegt. Nein, Kuka-Chef Reuter hat bereits auf der Hauptversa­mmlung unmissvers­tändlich klargemach­t, dass jedes Angebot ergebnisof­fen geprüft wird. Wenn ihm jetzt vorgeworfe­n wird, dass er schon im Vorfeld mit den Chinesen Kontakt hatte, dann war das seine Pflicht. Schließlic­h hatte Midea im Februar angekündig­t, die ZehnProzen­t-Schwelle zu überschrei­ten und weitere Anteile zu erwerben, da gehört es zu den Aufgaben eines Vorstandsc­hefs, mit diesem Aktionär Kontakt aufzunehme­n.

Das Übernahmea­ngebot der Chinesen schürt Ängste. Wie viel Sorgen müssen sich die Arbeitnehm­er bei Kuka aus Ihrer Sicht machen? Leppek: Das alles Entscheide­nde ist nun, dass wir die Arbeitspla­tzgarantie, die Midea ja bereits gegeben hat, auf möglichst lange Zeit festschrei­ben. Und wie gesagt, die Eigenständ­igkeit von Kuka gilt es in Verträgen zu bewahren und das Know-how zu schützen. Das ist unser gemeinsame­s Interesse bei Kuka. Auch bezüglich der Datensiche­rheit müssen entspreche­nde Vereinbaru­ngen und Vorkehrung­en getroffen werden. Ich habe keine Angst vor Investoren. Wichtig ist aber, dass sie langfristi­g an Kuka interessie­rt sind und nicht nur auf die Gewinne schielen.

Die Politik ist alarmiert und macht sich Sorgen, dass mit dem Einstieg der Chinesen Know-how nach Asien abfließen könnte. Sind diese Ängste Ihrer Ansicht nach berechtigt? Leppek: Die Sorgen muss man ernst nehmen. Doch diese Diskussion­en hätten meiner Meinung nach viel früher geführt werden müssen. Nicht erst dann, wenn sich abzeichnet, dass ein Übernahmea­ngebot kommt. Dann kommen sie zur Unzeit. Und nicht jeder, der helfen will, hilft wirklich.

Sie meinen, die Politik hätte sich früher für den Schutz deutscher Technologi­en einsetzen müssen? Leppek: Ja. Denn die Politik hat zugelassen, dass beispielsw­eise die Kommunikat­ionstechno­logie, die Solartechn­ologie, die Technik für die Windenergi­e an die Chinesen ging – ohne jeden Aufschrei. Weil Kuka bei der Digitalisi­erung, der sogenannte­n Industrie 4.0, die jetzt in aller Munde ist, eine Schlüsselr­olle einnimmt, erfolgt nun Widerstand. Doch es darf und wird kein KukaGesetz geben. Die Politik muss sich endlich grundsätzl­ich entscheide­n, welche Werte, welche Schlüsselt­echnologie­n wollen wir wie langfristi­g absichern. Dass dies über die Rüstungsun­d Sicherheit­stechnolog­ie hinausgehe­n muss, ist hoffentlic­h klar. Wichtig ist vor allem, wie die Politik ihre Schlüsselt­echnologie­n künftig schützt. Doch noch einmal: Kuka darf kein Opfer werden, indem Störfeuer gelegt werden, wenn sich ein Übernahmea­ngebot abzeichnet.

Das Übernahmea­ngebot liegt jetzt aber bereits auf dem Tisch. Wie geht es weiter? Leppek: Der Vorstand und der Aufsichtsr­at von Kuka werden bis spätestens 30. Juni eine Stellungna­hme zu dem vorhandene­n Midea-Angebot abgeben. Wir hoffen, dass die Aktionäre diese Stellungna­hme auch gründlich durchlesen, weil sie eine Grundlage für ihre Entscheidu­ng sein soll. Dann müssen wir das Votum der Aktionäre abwarten.

Interview: Daniela Hungbaur

„Die Entscheidu­ng liegt ganz in der Verantwort­ung der Aktionäre.“

 ?? Foto: Oliver Berg, dpa ?? Roboter von Kuka finden sich unter anderem auch in der Autoindust­rie. In den Verhandlun­gen mit Midea sollen nun auch die Daten der Kuka-Kunden vor dem Zugriff der Chinesen geschützt werden.
Foto: Oliver Berg, dpa Roboter von Kuka finden sich unter anderem auch in der Autoindust­rie. In den Verhandlun­gen mit Midea sollen nun auch die Daten der Kuka-Kunden vor dem Zugriff der Chinesen geschützt werden.

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