Augsburger Allgemeine (Land West)
Weltmeister Del Bosque geht in Rente
Warum Spaniens Ex-Trainer Torwart Casillas rügt
Madrid Wie viele Rentner kann auch Vicente del Bosque nicht so richtig loslassen. „Ich verlasse die Trainerbank, obwohl ich immer in der Nähe sein werde“, sagte der 65-Jährige. „Wenn ich kann, helfe ich gerne.“Drei Tage nach dem bitteren Aus des Titelverteidigers bei der Fußball-EM gegen Italien hat Spaniens Nationalcoach das erklärt, was alle erwartet hatten: sein Amtsende.
Nun ist Joaquín Caparrós Favorit auf seine Nachfolge. Der 60-Jährige hat alle möglichen spanischen Klubs trainiert – nur nie Real Madrid und den FC Barcelona. Caparrós gilt als Topkandidat, ist derzeit vereinslos. Seine erfolgreichste Zeit hatte der Andalusier 2000 bis 2005 beim FC Sevilla, den er zweimal in den UefaCup führte.
Del Bosques Vertrag läuft am 31. Juli aus, möglicherweise wird er dem Verband in anderer Funktion erhalten bleiben. Unabhängig vom frühen Scheitern bei der WM 2014 in Brasilien und der AchtelfinalNiederlage bei der EM in Frankreich: Der „Marqués“(Markgraf), der den Adelstitel 2011 vom damaligen König Juan Carlos verliehen bekam, hat sich mit dem ersten WMTriumph Spaniens 2010 und dem EM-Titelgewinn 2012 unvergleichliche Verdienste erworben. Der Eiertanz um seine Zukunft hat dem stets höflichen und korrekten Del Bosque in den jüngsten Wochen etwas von seiner Würde genommen. Am Donnerstagabend sagte er, jetzt sei die Entscheidung gefallen.
Die Sportzeitungen Marca und As berichteten, bereits seit dem 23. Dezember des Vorjahres, Del Bosques’ Geburtstag, stehe sein Abgang fest. Mehr noch: Schon im Juni davor, nach seinem 100. Länderspiel als Trainer, habe Del Bosque angekündigt: „Ich gehe nach Frankreich 2016 in Rente. Das ist entschieden.“
Dass es bei der EM im spanischen Team nicht immer so harmonisch zuging, zeigt der Fall Iker Casillas. Das Verhältnis zwischen der Torhüter-Legende und dem Nationaltrainer ist beschädigt. „Ich habe jedem Spieler eine SMS geschickt – außer einem: Casillas“, sagte Del Bosque zur Verabschiedung von seiner Mannschaft. „Bei seinen Kameraden hat er sich gut verhalten, korrekt, aber mit dem Trainerstab mal so, mal so.“
Del Bosque hatte Rekordnationalspieler Casillas durch David de Gea von Manchester United ersetzt. Der 35-jährige Weltmeister von 2010 und zweimalige Europameister trug sein Los, ohne in der Öffentlichkeit zu meckern. Der 167-malige Nationalspieler habe ihm und seinen Assistenten die Entscheidung aber nachgetragen, so Del Bosque. „Er hat mit uns geschmollt.“