Augsburger Allgemeine (Land West)
Richtig für die Zukunft planen
Arbeitswelt Der Faktor Nachhaltigkeit ist entscheidend für den Erfolg zukünftiger Büroimmobilien
Veränderungen sind Voraussetzung für Fortschritt und Wohlstand in allen Schichten der Gesellschaft. Um die Anforderungen zu bewältigen, die Urbanisierung und Digitalisierung mit sich bringen, ist die Zusammenarbeit von Behörden und Institutionen, Entwicklern, Bauunternehmern, Nachbarn, Arbeitnehmern und Arbeitgebern vonnöten.
Die jungen Generationen ‚Millennium’, ‚Y’ und zukünftig auch schon ‚Z’ messen einem Arbeitsumfeld, in dem sie sich wohlfühlen und Arbeit, Familie und Freizeit optimal und mit wenig Zeitverlust miteinander verbinden können, mindestens genauso viel Bedeutung bei wie der Entlohnung. Neben modernen Kommunikationsstrukturen gehört die Nachhaltigkeit mit zu den Erfolgsfaktoren einer zukunftsorientierten Büroimmobilie.
Das bedeutet: Eine ganzheitliche Gebäudequalität, die sich dennoch flexibel und ohne große Zusatzkosten an sich verändernde technische oder räumliche Veränderungen anpassen lässt. Das schafft Aufenthaltsqualität und Identifizierung. Nachhaltigkeit bringt Finanzierungsvorteile, günstigere Versicherungsprämien durch Wertbeständigkeit und geringere Betriebs- und Lebenszykluskosten. Um die Nachhaltigkeit eines Gebäudes mess- und vergleichbar zu machen, haben sich mittler- weile mehrere Zertifizierungssysteme etabliert. Eines davon ist die LEED-Zertifizierung.
Sie ist ein international anerkanntes Zertifizierungssystem, das weltweit in 40 Ländern eingesetzt wird. LEED bewertet anhand eines vorgegebenen Kriterienkatalogs ökologische, ökonomische und soziale Aspekte eines Bauwerks durch alle Lebensphasen.
Die Kriterien sind in verschiedenen Kategorien zusammengefasst. Jede hat eine maximal erreichbare Punktzahl, in Summe ergeben diese den Zertifizierungsstatus des Gebäudes, geordnet nach den Zertifizierungsgraden Silber (50 bis 59 Punkte), Gold (60 bis 79 Punkte) sowie dem höchstmöglichen Zertifizierungsgrad Platin (80-110 Punkte).
Zur LEED-Zertifizierung gehört auch die Nachhaltigkeit eines Standorts. Hierunter fallen unter anderem die Vermeidung von Umweltbelastungen durch die Bautätigkeit, die Begrünung der Grundstücks- sowie Dachterrassenflächen, Nutzung des Regenwassers, Gestaltung und Anzahl der oberirdischen und Tiefgaragen-Stellplätze, der Einsatz einer Photovoltaik-Anlage, Schaffung von Fahrradstellplätzen oder auch das Errichten alternativer Tankstellen.
„Wassereffizienz“prüft und bewertet, ob ein geringer Wasserverbrauch sichergestellt und das Ab- wasseraufkommen reduziert wird. Ebenso spielen die Verwendung wassersparender Armaturen sowie die Nutzung des Regenwassers für die Bewässerung der Außenanlagen eine Rolle.
Die Kategorie „Energie und Atmosphäre“beurteilt energetische Aspekte des Gebäudes. Dazu gehören beispielsweise die Erzeugung und/oder Verwendung von erneuerbarer Energie, eine automatische Lichtabschaltung, der Verzicht auf (teil-)halogenierte Kältemittel oder auch eine Verbrauchsdatenüberwachung der Allgemeinflächen.
Die Einhaltung beziehungsweise Erhöhung bestimmter Luftwechselraten, ein Rauchverbot im Gebäude mit entsprechender Beschilderung, die Sicherstellung der Innenraumluftqualität während der Ausführung sowie die Verwendung von Baustoffen und Materialen mit geringer Emission sind Kriterien, die in der Kategorie „Qualität der Räumlichkeiten“bewertet werden. Das gilt ebenso für die Einschränkung von Schmutz- und chemischen Quellen, auch die Planung von Heizung, Lüftung und Kühlung nach Ashrae gehört dazu.
„Materialien und Ressourcen“beurteilt das Baustellen-Abfall-Management, die Wiederverwendung von gebrauchten Materialien sowie die Verwendung von Produkten, welche in einem Radius von höchstens 800 Kilometern produziert werden. Zusätzlich fließt die Verwendung von FSC-zertifizierten Hölzern und Holzmaterialien in das Ergebnis mit ein. Es besteht zudem die Möglichkeit, in den Kategorien „Innovation und Prozess“sowie „Regionale Relevanz“Sonderpunkte zu generieren.
Über andere Zertifizierungssysteme wie DGNB sind bereits zahlreiche Projekte im Wirtschaftsraum Augsburg – wie das Wohnprojekt Provinopark oder das Nutzfahrzeugzentrum von Mercedes-Benz – für ihre Nachhaltigkeit zertifiziert. In Augsburg wird der Sheridan Tower das erste LEED-zertifizierte Gebäude werden. Das voraussichtlich mit Platin ausgezeichnete Gebäude gilt als maßgebend für zukünftige Arbeitswelten in Augsburg.
Der Autor Stephan Deurer ist Mitglied im Urban Land Institute (ULI).