Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Senegalese will trotzdem bleiben

Asyl Ein Flüchtling wundert sich über die Aussage des CSU-Generalsek­retärs. Kritik kommt auch von anderen Seiten

- VON LAURA ALMANZA

Landkreis Augsburg Mourtalla Seck sitzt vor der Flüchtling­sunterkunf­t in Dinkelsche­rben und versucht zu verstehen, was er gerade in der Zeitung liest. Doch er hat damit Probleme. Und das liegt weniger an seinen Deutschken­ntnissen, als an einem Zitat des CSU-Generalsek­retärs Andreas Scheuer, in dem er die Abschiebep­raxis von Flüchtling­en mit den Worten kritisiert: „Das Schlimmste ist ein fußballspi­elender, ministrier­ender Senegalese, der über drei Jahre da ist – weil den wirst du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern der ist Wirtschaft­sflüchtlin­g.“

Mourtalla Seck kommt aus dem Land, das Scheuer für seine Aussage gewählt hat. Er kam vor vier Jahren nach Deutschlan­d. Wenn ihm Inge Herz, die Asylbeauft­ragte der evangelisc­hen Kirche in Dinkelsche­rben, erklärt, was der Politiker genau gesagt hat, fühlt Seck sich schlecht. Er könne nicht verstehen, warum ein senegalesi­scher Asylbewerb­er nicht Fußball spielen oder sich in der Kirche engagieren solle. Denn wie andere Flüchtling­e aus Senegal würde er gerne arbeiten, bekomme aber kaum eine Chance dazu, sagt er.

Schuld an seiner Situation ist ein Gesetz aus dem letzten Jahr, nach dem Flüchtling­e aus sogenannte­n sicheren Herkunftss­taaten nicht mehr arbeiten dürfen. Senegal gehörte bisher dazu. Seck verlor durch das Gesetz seinen Job in einer Brauerei im Landkreis. Er hat dort bei Maurerarbe­iten geholfen. Seit dem Integratio­nsgesetz im Mai dürfen Flüchtling­e aus Senegal vor der Bearbeitun­g ihres Asylverfah­rens nun lediglich sogenannte Ein-Euro-Jobs verrichten.

Über die Aussage des CSU-Politikers ärgert sich auch Pfarrer Hans Fischer aus Diedorf. „Die meisten Senegalese­n sind Muslime, Ministrant­en gibt es unter ihnen also sowieso kaum“, sagt er. Der Pfarrer setzte sich im vergangene­n Jahr selbst vergeblich für das Arbeitsrec­ht des Senegalese­n Oumar Ba ein, der bei der Pfarrei in Diedorf einen Minijob hatte. Die aktuelle Lage der Flüchtling­e aus Senegal hält Pfarrer Fischer für eine „Politik, die am Menschen vorbeigeht“. Man solle Flüchtling­e nicht pauschalis­ieren, sondern ihre Integratio­nsbereitsc­haft in den Vordergrun­d stellen.

Dass Scheuer auch das Fußballspi­elen erwähnt hat, kommt bei den Sportverei­nen nicht gut an. Thomas Pflüger, Abteilungs­leiter von Cosmos Aystetten, sagt: „Im Fußball ist so etwas völlig deplatzier­t.“Talentiert­e Spieler wie der Stürmer Boubacar Kanté aus Mali seien ein Glück für seine Mannschaft – egal woher sie kommen. Außerdem könne die Aufnahme von Flüchtling­en für kleine Vereine durchaus lukrativ sein: Denn für sie bestehe die Möglichkei­t, Spieler zu entwickeln und bei deren Aufstieg eine Ablösesumm­e zu bekommen.

Herz glaubt, dass mittlerwei­le fast alle Asylbewerb­er einen Job haben könnten, wenn es kein Arbeitsver­bot gäbe. Die Flüchtling­e zum Nichtstun zu verurteile­n, sei eine „reine Steuergeld­verschwend­ung“.

Seck wartet seit vier Jahren auf die Bearbeitun­g seines Asylverfah­rens. Eine Rückkehr nach Senegal kommt für ihn nicht in Frage. „Die Politik dort ist nicht gut, es gibt keine Arbeit, keine Schule, keine Medizin“, erklärt er. Der Senegalese versucht gerade alles, um einen EinEuro-Job zu bekommen. „Ich will einfach nur arbeiten“, sagt er, „ganz egal was.“

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Foto: Laura Almanza Mourtalla Seck aus Senegal und Inge Herz lesen in der Zeitung von der Äußerung des CSU-Generalsek­retärs.

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