Augsburger Allgemeine (Land West)
Große Kunst auf kleinstem Raum
Musik Ein ungewöhnliches Opernfestival findet im Oktober in Mering statt. Die Bühnen sind aus Papier und haben in jedem Wohnzimmer Platz. Eine Gruppe von Vorführern aus Kiew will an ein tragisches Schicksal erinnern
Ein ungewöhnliches, internationales Opernfestival findet im Oktober in Mering statt. Die Bühnen sind aus Papier und haben theoretisch in jedem Wohnzimmer Platz. Eine Gruppe von Vorführern aus Kiew will an ein tragisches Schicksal erinnern.
Mering Ein internationales Opernfestival wird es kommenden Monat in der Marktgemeinde Mering geben – allerdings haben die Darsteller dabei auf den Bühnen aus Papier in jedem Wohnzimmer Platz. Das trickreiche Theater im Taschenformat wird vom gemeinnützigen Verein „Opera in stellis“organisiert, hinter dem Christine Schenk und Benno Mitschka stehen. Das Paar hat vor zwei Jahren eine erfolgreiche Miniaturbühne in Mering gegründet und jetzt unter anderem Kollegen aus Dänemark und der Ukraine eingeladen. Von Freitag bis Sonntag, 7. bis 9. Oktober, sind an verschiedenen Spielstätten mehr als ein Dutzend Aufführungen geplant.
„Zu einer Zeit, als es noch keine virtuelle Monsterjagd zur Unterhaltung gab, standen in vielen Wohnstuben Papiertheater“, berichtet Mitschka. Der gelernte Germanist, Theaterwissenschaftler und Filmemacher hat als Filmstudent in London alles über das Geschichtenerzählen und die Regeln der Dramaturgie gelernt. Früher kauften viele Zuschauer nach ihrem Theaterbesuch Ausschneidebögen mit Dekors und Figurinen, die sich im Design an die Aufführung anlehnten. Im Kreise der Familie bastelte man dann die Kulissen, schnitt Darsteller aus und erweckte das Ganze durch fantasievolle Inszenierung zum Leben. Die kleinen und großen Akteure lernten nicht nur einiges über den Inhalt und die Kunst des Inszenierens, sondern auch über Bühnentechnik, Perspektive, Lichteffekte und Geräusche, die mit allen möglichen Utensilien aus Küche und Haushalt erzeugt wurden.
„Ein beliebtes Mittel war zum Beispiel der Einsatz damals gängiger Spezialeffekte“, weiß Christine Schenk. Doch nicht wenige der mit Kerzen stimmungsvoll beleuchteten Heimbühnen des 19. Jahrhunderts gingen dramatisch in Flammen auf. Heute kommt zwar moderne Technik mit LED-Lämpchen und Bildschirmen für Hintergrund-Projektionen zum Einsatz, doch wie einst werden die an Stäben befestigten Darsteller von Hand zwischen den Kulissen bewegt.
„Dabei steht unser technischer Aufwand dem eines echten Opernhauses kaum nach“, sagt Mitschka, „denn allein in der Zauberflöte gibt es ein Dutzend Bühnenbilder mit rund 90 Figuren.“Auch die beiden Söhne sind schon vom Theater-Virus angesteckt und werden beim Festival mitmachen. Gespielt wird im Oktober im Meringer Opernhaus „Multum in parvo“sowie im Papst- Johannes-Haus und der Luitpoldschule.
Auf dem Programm stehen unter anderem „Orpheus in der Unterwelt“von Jacques Offenbach, „Macbeth“von Giuseppe Verdi und „Zar und Zimmermann“von Albert Lortzing. Als deutsche Erstaufführung zeigt ein Theater aus Kiew Auszüge aus der Oper „Na russaltschyn Velykden“von Mykola Leontovych. Mit diesem Stück wollen die vom Goethe-Institut eingeladenen Ukrainer des tragischen Schicksals des Komponisten und seiner Bedeutung für die ukrainische Kultur gedenken. Leontovych war 1921 im Alter von 43 Jahren von einem Geheimdienst-Agenten erschossen worden. Sechs Miniatur-Theater aus der eigenen Manufaktur in Kiew werden während der drei FestivalTage in der Luitpoldschule zu sehen sein.
Damit sich die Besucher rundum wohlfühlen, dürfen sie sich im Anschluss an die jeweilige Oper auf kulinarische Schmankerl freuen. sagt: „Fritz Steppkes Traum vom Fliegen in Frau Luna wurde wahr, denn seine Verlobte Marie verschaffte ihm eine Stelle beim Luftschiff Graf Zeppelin. Das brachte uns auf die Idee, Gerichte nach Rezepten aus der Graf-Zeppelin-Ära zu servieren.“Auch die Ausstattung der Aufführungs-Räume will der gelernte Filmausstatter im passenden Ambiente gestalten.
Ein besonderes Schmankerl erMitschka wartet alle Theaterfreunde am Sonntag, 9. Oktober. Bei den beiden gekürzten Zauberflöten-Aufführungen der Meringer Bühne kommt die Musik nicht aus der Konserve, sondern wird live von einem großen Orchester gespielt. Dazu konnte Mitschka, der für die Inszenierung verantwortlich ist, Christoph Teichner als Leiter des Königsbrunner Kammerorchesters gewinnen. Vor einigen Jahren hatte Teichner zwei Autoladungen alter Noten aus dem Fundus der Tanzkapelle des Hotels „Drei Mohren“in Augsburg geschenkt bekommen – darunter auch hunderte Opernpotpourris, die im 19. Jahrhundert sehr beliebt waren.
I Wann und wo Madame Butterfly, der Rosenkavalier und die Vorstellungen im Oktober stattfinden, erfährt man im Detail im Internet unter www.opernfestspiele-mering.de. I Die Bühne ist erreichbar unter www.papiertheater.net O Karten gibt es unter der Telefonnummer 08233/7950896.