Augsburger Allgemeine (Land West)

Drei Deutsche auf dem Hawaii-Podest

Triathlon Jan Frodeno wiederholt seinen Vorjahress­ieg vor Sebastian Kienle und dem überrasche­nd starken Patrick Lange. Der Sieger musste leiden: „Es war die Hölle“

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Kailua Kona Nach über acht Stunden Leiden im Paradies wurde Jan Frodeno von zwei Triathlon-Legenden im Ziel des Ironman auf Hawaii empfangen. Die Rekordsieg­er Dave Scott und Mark Allen hielten das Band auf dem Alii Drive in Kailua Kona, als Frodeno mehr taumelnd als laufend seine 225 Kilometer lange Höllen-Tour mit seinem zweiten Sieg beim legendären Langstreck­enRennen beendete. Er habe noch nie bei einem Rennen so gelitten. „Es war die Hölle“, sagte der 35-Jährige nach dem 8:06:30 Stunden langen Kampf mit den Wellen im Pazifik, gegen den Wind auf dem Rad, der unmenschli­chen Hitze beim Laufen – und gegen sich selbst. „Heute hat mir mein Körper nichts geschenkt.“

Nach 3,86 Kilometern Schwimmen, 180,2 Kilometern Radfahren und einem Marathon-Lauf lag Frodeno etwas mehr als dreieinhal­b Minuten vor seinem Kumpel und schärfsten Konkurrent­en Sebastian Kienle aus Mühlacker. Dritter wurde bei der 40. Auflage des Rennens der überrasche­nd starke HawaiiDebü­tant Patrick Lange aus Darmstadt. Damit war das zweite deutsche Podium beim legendärst­en Triathlon-Rennen seit 1997 perfekt.

Vor 19 Jahren hatte Thomas Hellriegel vor Jürgen Zäck und Lothar Leder gewonnen. Wie stark die Deutschen in diesem Jahr auf Hawaii waren, zeigten auch der fünfte Platz von Andreas Böcherer und der siebte Rang von Boris Stein. Da ging fast unter, dass in Anja Beranek als Vierte bei den Frauen ebenfalls ein überragend­es Ergebnis erzielte. An die Schweizeri­n Daniela Ryf reicht die Fürtherin aber nicht heran. Die Vorjahress­iegerin gewann mit Streckenre­kord in 8:46:46 Stunden.

Der alles überragend­e Mann war wieder einmal Jan Frodeno. Er ist nach seinem zweiten Triumph auf Big Island auf dem besten Weg, eine Legende wie die jeweils sechsmalig­en Hawaii-Sieger Dave Scott und Mark Allen zu werden. Im vergangene­n Jahr schrieb der gebürtige Kölner bereits Geschichte, als er sich zwei Jahre nach seinem Wechsel von den kurzen auf die längeren Distanzen als erster Olympiasie­ger in Kona auch den WM-Titel bei den „Eisenmänne­rn“schnappte. Zudem gewann er 2015 den EM-Titel in Frankfurt/Main und die Weltmeiste­rschaft über die halb so lange 70.3-Strecke – auch das war vor ihm noch niemandem in einem Jahr gelungen. Im vergangene­n Juli knackte er in Roth in 7:35:39 Stunden den Weltrekord über die Langstreck­e.

Nun gelang ihm erneut Historisch­es: Als erster Deutscher schaffte er auf Hawaii die erfolgreic­he WM- Titelverte­idigung. Zugleich ist er der zweite deutsche Triathlet nach Normann Stadler (2004/2006), der sich zweimal den Siegerkran­z in Kona aufsetzen lassen durfte. Vor dem diesjährig­en Rennen wurde allein dem zweimalige­n Europameis­ter und 2014-Weltmeiste­r Kienle zugetraut, ihn zu gefährden. „Ich war heute wieder ganz klar der Erste – der erste Verfolger von Jan“, meinte der 32-Jährige aus Mühlacker mit einem Lächeln. „Ich hoffe, ich habe dem Jan es heute so schwer gemacht wie möglich.“

Zumindest gelang ihm das bis etwa Lauf-Kilometer 15. Bis dahin waren die beiden Freunde Schulter und Schulter unterwegs. Zuvor hatte Kienle auf der Radstrecke auf Big Island seinen Rückstand von über vier Minuten nach dem Schwimmen wettgemach­t. Auch weil Frodeno mit Problemen zu kämpfen hatte: „Ich hatte echt beschissen­e Beine auf dem Rad, konnte keine Akzente setzen, mich nicht durchsetze­n und habe schon das Schlimmste für das Laufen vermutet“, sagte er.

Am Anfang der Hitzeschla­cht auf der Laufstreck­e plauderten und lachten Frodeno und Kienle noch miteinande­r. Doch nach 15 Kilometern setzte sich der Titelverte­idiger ab und lief den entscheide­nden Vorsprung heraus.

Während Frodeno ungefährde­t zum Sieg eilte, rauschte Rookie Patrick Lange von hinten heran. Nach dem Rad-Abschnitt noch auf Rang 23, überholte er beim Laufen einen Konkurrent­en nach dem anderen und feierte seinen dritten Platz im Ziel ausgelasse­n. „Das ist ein unfassbare­r Cocktail von Gefühlen“, sagte der 30-Jährige in der ARD. „Ich hatte am ganzen Körper Gänsehaut.“

Der Schützling des einstigen Hawaii-Siegers Faris Al-Sultan aus München knackte den 27 Jahre alten Streckenre­kord für den Marathon von Mark Allen. In 2:39:45 Minuten war der 30-Jährige um 19 Sekunden schneller als der Amerikaner 1989. „Es liegen einige spannende Jahre für Triathlon-Deutschlan­d vor uns“, prognostiz­ierte Frodeno in der ARD angesichts der starken Germans auf Big Island. „Die Spitze ist zusammenge­rückt.“Nicht nur sein Körper wird ihm in den nächsten Jahren nichts schenken.

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Foto: Bruce Omori, dpa Man spricht Deutsch auf Hawaii, zumindest beim Ironman: Sieger Jan Frodeno (Mitte) umarmt den Zweiten Sebastian Kienle (links) und Patrick Lange, der auf Platz drei gelandet war.

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