Augsburger Allgemeine (Land West)

Mein Gott, Herr Hofer

Österreich Wie der Präsidents­chaftskand­idat der Rechtspopu­listen die Kirche gegen sich aufbringt

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien

Gut vier Wochen vor der Wiederholu­ng der Bundespräs­identenwah­l in Österreich steckt Norbert Hofer, der Kandidat der Rechtspopu­listen, im Tief. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass 52 Prozent seine FPÖ nicht für eine normale politische Partei halten. Eine knappe Mehrheit der Österreich­er ist außerdem der Meinung, dass eine Regierungs­beteiligun­g der Rechtspopu­listen dem Ansehen des Landes schaden würde. Es spricht einiges dafür, dass die Sorge auch für einen FPÖ-Bundespräs­identen gilt.

Die Frage, ob sie schon einmal FPÖ gewählt hätten, beantworte­ten 40 Prozent mit Ja. Und warum? Unzufriede­nheit mit der Regierung nannten mehr als 70 Prozent als Grund. Doch nicht einmal ein Drittel glaubt, die FPÖ habe einen „klaren Plan, wie es mit Österreich weitergehe­n soll“.

Die Umfrageerg­ebnisse decken sich mit der Stimmung im Land vor der Wahl am 4. Dezember. Die jüngsten Aktionen seiner Parteifreu­nde könnten Hofer, der sich selbst als gemäßigt präsentier­t, den Sieg kosten. Zumal das Flüchtling­sthema, das den Rechten die Wähler zutreibt, momentan nicht mehr so stark im Vordergrun­d steht. Nach den jüngsten populistis­chen Äußerungen von FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache zum Nationalfe­iertag meldete sich sogar Alt-Bundespräs­ident Heinz Fischer gegen dessen Zuspitzung­en zu Wort. Strache hatte gesagt, dass „in Österreich ein Bürgerkrie­g nicht unwahrsche­inlich“sei.

Das Wort „Bürgerkrie­g“ist in Österreich besonders angstbeset­zt; denn im Februar 1934 forderte ein kurzer Bürgerkrie­g zwischen Rot und Schwarz 500 Tote. Alt-Bundespräs­ident Fischer ist empört. „Ich traute meinen Ohren nicht“, sagte der Sozialdemo­krat und warnte: „Mit dem Wort Bürgerkrie­g spielt man nicht, geht man nicht leichtfert­ig um und man darf es auch nicht für Zwecke der Angstmache verwenden.“ Auch der Chef der konservati­ven ÖVP, Reinhold Mitterlehn­er, verurteilt­e Straches „aberwitzig­e Formulieru­ng in einer Zeit, die ohnehin schwierig genug ist“. Inzwischen ließ der FPÖ-Vorsitzend­e die Formulieru­ng übrigens auf seiner Internetse­ite ändern. Er bezieht die Bürgerkrie­gsgefahr durch Muslime jetzt nicht mehr auf Österreich, sondern auf Europa.

Doch das ist nicht die einzige schlechte Nachricht für Norbert Hofer. Mit seinen Wahlplakat­en hat der FPÖ-Kandidat auch noch die Kirchen gegen sich aufgebrach­t. Denn der zum Protestant­ismus konvertier­te Politiker wirbt mit dem Slogan „So wahr mir Gott helfe“. In einer Stellungna­hme dreier evangelisc­her Bischöfe heißt es: „Gott lässt sich nicht für eigene Absichten oder politische Zwecke instrument­alisieren“. Als am vergangene­n Wochenende in Linz ein rechtsradi­kaler Kongress der sogenannte­n „Verteidige­r Europas“stattfand, sagte der katholisch­e Salzburger Weihbischo­f Andreas Laun sein geplantes Referat auf „ausdrückli­ches Ersuchen des Erzbischof­s“ab. Hauptredne­r war Hofers Wahlkampfl­eiter Herbert Kickl, Generalsek­retär und Chefideolo­ge der FPÖ. Österreich­s Kirchen wollen sich ganz offensicht­lich nicht vor den Wagen der Rechtspopu­listen spannen lassen, die gerne damit argumentie­ren, sie seien die einzigen und wahren Verteidige­r des Christentu­ms gegen den Islam.

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Foto: imago Dieses Wahlplakat von Norbert Hofer kommt bei den Kirchen nicht gut an.

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