Augsburger Allgemeine (Land West)
Als Bier und Leberkäs zelebriert wurden
Interview Im letzten Teil unserer Bier-Serie kommt der Satiriker Gerhard Polt zu Wort. Er erzählt Geschichten aus dem München seiner Jugend, als Wirtschaften noch Begegnungsorte für die Nachbarschaft waren
Sie haben Münchner Bier-Lokalen in Ihrem Film „Herr Ober“ein Denkmal gesetzt. Dort lernen wir im Wirtshaus „Zum goldenen Löffel“den dichtenden Ober Ernst Held kennen. Doch aus vielen solcher Wirtshäuser, wo man einfach ein Bier trinken konnte, sind in München schicke und teure Restaurants geworden. Woran liegt das?
Ich bin in München aufgewachsen und die Stadt hat in den vergangenen Jahrzehnten eine unglaubliche Veränderung durchgemacht. Etwa jeder dritte Münchner lebt allein. Es gibt also nur wenige Familien wie in meiner Kindheit, die mit ein bis drei Kindern in einer Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnung, selten einer Vier-Zimmer-Wohnung gelebt haben. Oft haben dort auch noch Großeltern gewohnt.
Polt:
Wie hängt das mit dem Verschwinden einfacher Bier-Wirtschaften in vielen Stadtvierteln Münchens zusammen?
In Stadtvierteln wie Schwabing und der Maxvorstadt, wo ich groß geworden bin, leben heute viele Zugezogene, deren Großeltern weit
Polt:
Bier zelebriert. Zunächst wurde langsam das Essen ausgepackt, dann zerteilt und Bissen für Bissen mit Genuss verspeist. Solche Menschen philosophierten darüber, welcher Metzger den besten Leberkäs hat. Die Biergärten waren damals nicht so krass überfüllt wie heute. Und heute kann es schon mal passieren, dass ein Biergartenbetreiber sogar ein Sushi anbietet.
Der Münchner Metzgers-Sohn und CSU-Ministerpräsident Franz Josef Strauß war ein großer Bierzeltredner. Von CSU-Mann Günther Beckstein stammt der Tipp: Wenn man zwei Maß in sechs, sieben Stunden auf dem Oktoberfest trinke, sei Autofahren noch möglich. Ist das eine gute Ehe – Politik und Bier?
Strauß war jedenfalls ein großer Bierzelt-Entertainer, was man nicht von jedem Politiker behaupten kann. Ich war selbst einmal bei einem Bierzelt-Auftritt des früheren CSU-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber dabei. Die Erwartungshaltung war groß. Als dann der Stoiber
Polt: