Augsburger Allgemeine (Land West)

Sie trauten sich als Erste

Jubiläum Vor 15 Jahren durften sich in Bayern erstmals auch homosexuel­le Paare das Jawort geben. Volkmar und Bernd Junghans aus Bobingen erfüllten sich sofort ihren Traum

- VON CHRISTINA HELLER

Bobingen

Es war Liebe auf den ersten Blick, davon schwärmt Bernd Junghans noch heute. Eines Abends Mitte November war er nach der Spätschich­t mit einer Freundin in einer Bar verabredet. Da sah er ihn am Tresen sitzen: Volkmar. „Wir haben uns immer wieder Blicke zugeworfen, sind dann ins Gespräch gekommen und haben am Ende Adressen ausgetausc­ht“, erzählt er. Es dauerte keine drei Tage und die beiden wohnten zusammen in einem 28-Quadratmet­er-Apartment im Augsburger Stadtteil Lechhausen. 25 Jahre ist es her, dass sie zusammenka­men und die beiden sind immer weigerten sich, versuchten, das Gesetz mit einem Eilantrag vor dem Bundesverf­assungsger­icht zu stoppen. Sie scheiterte­n. Und so trat das Gesetz auch in Bayern in Kraft – allerdings erst zum 1. November.

„Ich kann mich noch erinnern: Ich war auf dem Heimweg von der Arbeit und stand kurz vor unserem Haus an einer Ampel, als ich hörte, dass das Bundesverw­altungsger­icht den Eilantrag abgewiesen hat“, sagt der 66-jährige Bernd Junghans. Dann ging alles ganz schnell. „Wir hatten alles schon vorbereite­t. Die Einladunge­n waren auf dem Computer und mussten nur noch gedruckt werden. Alle unsere Freunde wussten schon Bescheid“, erzählt Volkmar Junghans.

Und so schritten sie am 2. November 2001 zur Trauung, als erstes schwules Paar in Bayern überhaupt. Bei einem Notar am Augsburger Königsplat­z ließen sie ihre Lebenspart­nerschaft eintragen. Standesamt­lich können sich homosexuel­le Paare in Bayern erst seit 2009 trauen lassen. Abgesehen von dem Termin beim Notar, den es bei anderen Hochzeiten nicht gibt, sollte ihr Fest aber alle Traditione­n einhalten.

In einem mit Blumen geschmückt­en Mercedes ließ sich das Paar zum Notar fahren. „Natürlich sind wir nicht selber gefahren, das bringt ja Unglück“, sagt der 57-jährige Volkmar Junghans. Und weil auch der Notar zum ersten Mal ein schwules Paar vermählte, war er ein wenig nervös. In seinem Zimmer hatten nur wenig Leute Platz. Die Cousine von Volkmar Junghans sprach ein paar Worte und das Paar tauschte Ringe aus. Der Akt selbst war eher nüchtern. „Ich sage immer, es war, wie wenn man ein Haus kauft“, erinnert sich Bernd Junghans. „Wir saßen uns gegenüber und nicht, wie man das aus dem Standesamt kennt, nebeneinan­der“, berichtet der 66-Jährige. Danach gab es einen Sektempfan­g und eine große Feier mit etwa 100 Gästen. Zuhause trug Bernd Volkmar über die Schwelle.

Auch jetzt, zum Anlass ihres 15. Hochzeitst­ages und ihres 25. BezieSachs­en hungsjubil­äums, wird das Paar groß feiern. Mit Freunden, Familie und der Nachbarsch­aft. „Wir wohnen zwar recht dörflich, aber dass wir schwul sind, war nie ein Problem“, erzählt Bernd Junghans. „Vielleicht weil wir von Anfang an offen waren.“Doch trotz seiner Offenheit stört ihn etwas: Bei Ämtern müsse er als Familienst­and immer „verpartner­t“angeben, denn richtig heiraten dürfen homosexuel­le Paare in Deutschlan­d nicht. „Da muss ich jedem unter die Nase reiben, dass ich schwul bin. Das stört mich“, sagt er. Also setzt sich das bayerische Vorreiterp­aar weiter für die Gleichbere­chtigung ein, wenn auch nicht mehr so aktiv wie früher.

Und das Geheimnis ihres langen Glücks? „Wir haben viel gemeinsam“, sagt Volkmar Junghans. Sie lieben ihren Garten und das Reisen, sind jedes Jahr im Winter für mehrere Wochen weg. „Vergangene­s Jahr waren wir in Australien. Jetzt haben wir jeden Erdteil gesehen“, erzählt Bernd Junghans. „Aber wir sind uns nicht immer einig“, fügt der 66-Jährige an. Zum Beispiel wenn es um Reptilien geht. Während Volkmar Junghans im Keller ein paar Geckos und Frösche beherbergt, kann sein Mann mit dieser Leidenscha­ft nichts anfangen. Genau andersheru­m ist es beim Fußball. Während Bernd Junghans FCA-Fan ist, fehlt seinem Mann die Begeisteru­ng für diesen Sport. Wichtig sei, dass sie sich Freiräume ließen.

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Nach dem Termin beim Notar gab es Sekt für die Frischverm­ählten.

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