Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Virtuose der Kritik
Aus dem Innenleben von Kulturredaktionen
Den Berufsstand, der normalerund idealerweise dezent im Hintergrund seine Arbeit erledigt, leuchtet Gerhard Stadelmaier in seinem Roman „Umbruch“aus. Ein junger Mann beschreibt da, wie er zuerst bei einer kleinen Stadtzeitung in der schwäbischen Provinz, später bei der Landeszeitung in der Landeshauptstadt Stuttgart, am Schluss bei der Staatszeitung, herausgeben in Frankfurt am Main, seiner Berufung, nämlich der des Theaterkritikers nachging.
Natürlich schreibt Gerhard Stadelmaier da über sich und seinen Werdegang als Theaterkritiker: aus der schwäbischen Provinz zur virtuosen Theaterautorität der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Man bekommt einen Eindruck davon, wie die heroische Zeit des Journalismus aussah, als noch mit dem Bleisatz gedruckt worden ist und der Lokalchef in der Provinz als „Herrgöttle“gefürchtet war. Man bekommt auch einen Eindruck davon, wie die neuen Computertechnologien ganze Berufe im Zeitungsgewerbe über Nacht arbeitslos gemacht haben.
So wie Stadelmaiers Theaterkritiken Hochämter der Formulierungskunst waren, so ist auch dieser Roman mit der gleichen Fabulierlust verfasst. Womit Stadelmaier ebenfalls nicht spart: mit Kritik – sowohl an ehemaligen Kollegen bei der Staatszeitung („Die hohe Schule der Eiertänzer“) als auch an der Neuausrichtung des Feuilletons (der hier nur als Niedergang begriffen wird). Aber Stadelmaier setzt auch Denkmale: Kollegen und Inszenierungen. Lesenswert!