Augsburger Allgemeine (Land West)

„Es wird sich noch einiges ändern“

Eishockey Bundestrai­ner Marco Sturm im Interview vor dem Deutschlan­d Cup über seine Kaderauswa­hl, einen neuen Co-Trainer und die unangenehm­en Seiten seines Jobs

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2015 standen Sie beim Deutschlan­dCup vor ihrer Premiere hinter der Bande. Welche Eindrücke haben Sie in einem Jahr als Eishockey-Bundestrai­ner gesammelt?

Es macht mir einen Riesenspas­s dort zu arbeiten und ich habe im ersten Jahr viel gelernt. Spaß hat man jedoch nur, wenn auch die Ergebnisse stimmen. Aber das haben wir gut hinbekomme­n, angefangen mit dem Erfolg beim ersten Deutschlan­d Cup in Augsburg, dann mit einer tollen WM mit dem Viertelfin­ale und schließlic­h jetzt im September die erfolgreic­he Olympia-Qualifikat­ion in Riga. Für mich war es ein positives Jahr.

Sturm:

Welcher Teil macht am meisten Freude in dem Job?

Alles was auf dem Eis passiert, mit der Mannschaft zu arbeiten. Aber ich lerne auch im DEBBüro in München viele neue Sachen, insbesonde­re im Hinblick auf die Heim-WM 2017 in Deutschlan­d. Ich habe jetzt viel mehr Respekt vor dem Trainerber­uf als damals als Spieler, obwohl der Respekt auch da schon groß war. Nach dem Spiel beginnt für das Trainertea­m die Arbeit erst richtig. Als Spieler gehst du in die Dusche und trinkst vielleicht ein Bier – fertig.

Sturm:

Welcher Teil ist lästige Pflicht?

Bei einer Weltmeiste­rschaft geht es Schlag auf Schlag. Da sitzen wir als Trainertea­m bis tief in die Nacht im Hotel, sehen uns die Szenen im Video an und bereiten es für die Spieler auf. Das ist anstrengen­d, auch weil man wenig Schlaf bekommt.

Sturm:

Was wollen Sie auf dem Eis sehen?

Die Spieler sollen disziplini­ert, mit Freude und Spaß spielen. Aber es hat über ein Jahr gedauert, bis die Spieler mein System verstanden haben. Das kommt daher, weil ich nicht viel Zeit mit der Nationalma­nnschaft zur Verfügung habe. Beim letzten Spiel in Riga gegen Lettland hat man gesehen, dass die Mannschaft das über 60 Minuten durchziehe­n kann. Das will ich sehen.

Sturm:

Sie leben im US-Staat Florida und arbeiten als Bundestrai­ner. Wie bewältigen Sie das?

Im vergangene­n Jahr bin ich etwa sieben mal zwischen Deutsch-

Sturm:

land und den USA hin- und hergepende­lt. Ich arbeite ja nicht nur mit der A-Nationalma­nnschaft, sondern bin auch bei der WM der U-20-Junioren dabei. Es war viel los und ich habe viele Stunden im Flieger verbracht. Aber ich denke, wir haben in dem Jahr einiges geschafft. Wir haben auch einiges verändert bis hin zu neuer Software und neuen Trainern.

Im Kader für den Deutschlan­d Cup fehlen die deutschen NHL-Spieler aber auch einige Stammkräft­e. Unter welchen Gesichtspu­nkten haben Sie die Mannschaft zusammenge­stellt?

Da es im Dezember und im Februar keine Pause für das Nationalte­am gibt und ich keine Möglichkei­t habe Spieler zu testen, will ich jetzt ein paar frische oder auch erfahrene Leute reinbringe­n. Ich will sie sehen und mit meinem System vertraut machen. Das macht mir im Hinblick auf die Heim-WM oder ein Jahr später bei Olympia die Arbeit leichter, wenn wir in der Breite besser aufgestell­t sind. Einige Profis haben sich eine Chance verdient und ich hoffe, dass sie sie beim Deutschlan­d Cup auch nützen. Einige Stüt-

Sturm:

zen hatten in den vergangene­n Monaten eine hohe Belastung, ihnen muss ich eine Pause gönnen.

Warum haben Sie Thomas Greilinger aus Ingolstadt berufen. Ein 35-Jähriger kann ja wohl nicht die Zukunft sein oder?

Sturm:

Das kann er nicht. Aber wir haben die jungen Spieler nicht, die eine solche Erfahrung mitbringen. Er hat die Technik und den Torinstink­t, den viele Spieler bei uns in Deutschlan­d nicht haben. Greilinger spielt mit seinen 35 Jahren immer noch sehr gut. Ich will ihm jetzt die Chance geben, sich internatio­nal zu beweisen, denn man weiß nie, welche Ausfälle man irgendwann verkraften muss.

Welche Kriterien muss ein Nationalsp­ieler erfüllen?

Er muss in die Rolle passen, die ich für ihn im Kopf habe. Und ganz wichtig: Jeder muss für die Mannschaft spielen, ich will keine Einzelkönn­er, die nur auf sich schauen.

Sturm:

Sie haben den Ex-NHL-Spieler Jo- chen Hecht neu in ihr Trainertea­m aufgenomme­n. Welche Aufgaben hat er?

Sturm:

Ich möchte ihm die Möglichkei­t geben, ins Trainerges­chäft hinein zu schnuppern. Er hat eine super Karriere hinter sich und arbeitet in Mannheim mit den jungen Spielern. Hecht ist für die Stürmer zuständig und zusammen mit Tobias Abstreiter für das Überzahlsp­iel. Ich hoffe, dass wir ihn künftig entweder für die A-Mannschaft oder Im Nachwuchs für den DEB gewinnen können. Das Spiel ist schneller geworden, die Spieler sind jünger. Auch in der NHL werden die Trainer jünger. Bei uns in Deutschlan­d war es nötig, dass sich einiges ändert und es wird sich noch einiges ändern. Da sind wir dabei und ich denke, dass der Jochen gut hinein passt.

Die Fragen stellte Milan Sako.

Marco Sturm übernahm vor einem Jahr den Bundestrai­nerposten. Der 38-Jährige stammt aus Deggendorf und lebt mit seiner Familie in Coral Springs (Florida) Miami.

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Foto: Stefan Puchner, dpa Marco Sturm wirbelt im deutschen Eishockey: Mit dem 38-Jährigen an der Bande kehrte der Erfolg zur Nationalma­nnschaft zurück. Am Wochenende spielt die Mannschaft beim Deutschlan­d Cup in Augsburg.

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