Augsburger Allgemeine (Land West)
Augsburg eröffnet Lutherjahr einmütig
Kirchen Die ökumenisch gestaltete Reformationsfeier in St. Anna zieht viele Menschen an
Die Augsburger wissen ein ökumenisches Zeichen evangelisch-katholischer Einmütigkeit zu schätzen. Nur noch Stehplätze blieben für die letzten Besucher der Reformationsfeier in St. Anna, die zur Eröffnung des Luther-Gedenkjahrs 2017 ganz ökumenisch gestaltet wurde. Sogar die Sängerinnen kamen aus beiden Kirchen, vom Madrigalchor bei St. Anna und vom Collegium St. Moritz, um gemeinsam Johann Sebastian Bachs Kantate „Tilge, Höchster, meine Sünden“, aufzuführen.
Psalm 51 liegt ihr zugrunde – ein inniges Gebet der Buße und des Vertrauens. Er lade dazu ein, „die eigenen inneren Abgründe nicht auszublenden, sondern sie wahrzunehmen, sie zu entdecken und sich im Bekenntnis der Schuld der eigenen Wahrheit zu schauen“, erklärte in der Festrede der Alttestamentler Prof. Franz Sedlmeier von der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Uni Augsburg. „Wir wollten nicht triumphalistisch in dieses Jahr gehen“, betonte auch Stadtdekanin Susanne Kasch. Vielmehr entschieden beide Kirche, Gott in die Mitte zu rücken, denn „das schafft eine Gemeinschaft, die stärker ist als alles, was uns noch trennt“(Kasch).
Psalm 51 lasse keine Ausflüchte und Ausreden zu, so Sedlmeier. „Er führt keine Entschuldigung an, er sucht weder ein Alibi noch einen Sündenbock, um die Schuld zu delegieren.“Vor allem leite dieser Psalm dazu an, sich im Schritt des Vertrauens der Barmherzigkeit Gottes anheimzugeben. Er sei zugleich ein Gebet um eine radikale Erneuerung durch Gott. Wie dessen souveräne Schöpfung der Welt, mögen Gottes Güte und Barmherzigkeit nun als Gegenkraft gegen den Tod wirken. Sowohl im individuellen Beter als auch im gesamten Gottesvolk. „Wo Menschen in ihrer Gebrechlichkeit sich dem göttlichen Erbarmen öffnen und sich neuschaffen lassen, dort erneuert sich auch die Gemeinde“, betonte der Alttestamentler. Und er schloss seine Rede mit Versen der Dichterin Hilde Domin: „Dass wir (...) immer versehrter und immer heiler / stets von neuem / zu uns selbst / entlassen werden.“
Damit zeigte sich auch der katholische Stadtdekan Helmut Haug einverstanden. Auf Weltebene müssten die Kirche noch diplomatisch jedes Wort abwägen. „Hier in Augsburg darf es von Herzen kommen, den Schatz des Glaubens gemeinsam zu feiern.“Oberbürgermeister Kurt Gribl sprach in seinem Grußwort vom Reformationsgedenkjahr 2017 in ökumenischer Gemeinschaft als einer „enormen Chance für die profilgebende Eigenheit unserer Friedensstadt, dass sie nicht nur Etikett ist, sondern gelebt wird“. Die Reformation sei ja nichts, das mit einer Jahreszahl abgeschlossen wäre.
Gribl wünschte, das Jubiläum möge die Perspektiven der Einheit erschließen. „Ich glaube, dass Sie dieses Jahr zu einem Fest der Gemeinschaft machen“, sagte er zu beiden Stadtdekanen gewandt.