Augsburger Allgemeine (Land West)
Kultur und Energiewende – wie passt das zusammen?
Interview Der neue Geschäftsführer der Stadtwerke, Alfred Müllner, beleuchtet die Rolle des Unternehmens
23 Millionen Euro investieren die Stadtwerke im ersten Bauabschnitt für die Entwicklung des Gaswerk-Areals. Insgesamt könnte ein Gesamtbetrag von 50 Millionen Euro zusammenkommen. Herr Müllner, wie beurteilen Sie als Geschäftsführer der Stadtwerke das unternehmerische Risiko? Müsste das regionale Versorgungsunternehmen nicht vielmehr in andere Bereiche investieren als in ein Zentrum für Kunst und Kreativwirtschaft?
Wir wollen auf dem Gaswerkareal etwas Sinnvolles und Nachhaltiges entwickeln, für uns als Unternehmen, aber auch für die Stadt und ihre Bürger. Wir sind Eigentümer des Gaswerks. 15 Jahre lang war das Industriedenkmal im Dornröschenschlaf. Jetzt haben wir die Chance, das Areal zu entwickeln.
Alfred Müllner:
Und das heißt?
Wir wollen nicht wie bisher nur viel Geld in den Erhalt der denkmalgeschützten Bausubstanz stecken, sondern Investitionen tätigen, die sich betriebswirtschaftlich rechnen und Ertrag abwerfen. Aber natürlich ist bei den Stadtwerken auch das Geld für Zukunftsinvestitionen im Energiebereich oder den Ausbau der Netze da, die für die Entwicklung unseres Unternehmens eine zentrale Rolle spielen.
Müllner:
50 Millionen Euro sind aber jede Menge Kohle, um in der Sprache eines Energieversorgers zu bleiben ...
Müllner:
Schauen Sie: Die Stadtwerke machen jährlich einen Umsatz von etwa 500 Millionen Euro und investieren pro Jahr 100 bis 120 Millionen Euro. Dies einfach mal zur Einordnung der genannten Zahl von 50 Millionen. Im Übrigen handelt es sich beim Gaswerk um eine langfristige Investition. Und wir werden bei der Entwicklung des Geländes zu jeder Zeit sehr genau hinschauen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Mit dem Theater haben wir in den Anfangsjahren einen Ankermieter, der zur Belebung entscheidend beitragen wird. Übrigens ebenso wie langfristig die Künstler, die vom Kulturpark West aufs Gaswerk-Areal umziehen könnten.
Und was passiert, wenn das Theater nach ein paar Jahren wieder geht?
Wir entwickeln gerade deshalb multifunktionale Gebäude, die zu einem späteren Zeitpunkt auch flexibel genutzt werden können. Wir sehen jedenfalls in der Kreativwirtschaft einen Markt, der Zukunft hat. Das gilt im Übrigen ja nicht nur für Augsburg. Ich bin überzeugt, dass sich mit der Mischung Kunst und Kreativwirtschaft das Gaswerkgelände prächtig entwickeln und sehr spannend werden kann.
Müllner:
Nachgehakt: Fehlt den Stadtwerken Augsburg aber dann nicht doch das nötige Kapital für Investitionen im Energiesektor?
Müllner:
Wo sollen wir im Bereich der Erneuerbaren derzeit rentabel investieren? Windkraft in unserer Region mit geringen Windstärken und der bayerischen 10 H-Regel (Mindestabstand) ist uninteressant. Überregional als reine Finanzanlage ohne Wertschöpfung hier vor Ort, macht für uns unternehmerisch wenig Sinn. In die Fotovoltaik? Die Rahmenbedingungen sind derzeit zu unsicher, die Renditen zu gering.
Was bleibt dann als Möglichkeit für die Stadtwerke?
Bei der Energieerzeugung
Müllner:
setzen wir seit Langem auf dezentrale Blockheizwerke und unsere Anlagen für die Fernwärme in hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung. Wobei bei der Thematik Energiewende gerne ein wichtiger Aspekt übersehen wird.
Welcher?
Die Energieeffizienz. Sie ist der größte Beitrag. Wenn es gelingt, Gebäude und die Gebäudetechnik energetisch zu sanieren, ist für alle Beteiligten viel gewonnen. Die Stadtwerke sehen sich hier als Partner der Stadt Augsburg und der heimischen
Müllner:
Firmen genauso wie von Privatkunden.
Wie ist überhaupt das Marktumfeld vor Ort?
Müllner:
Die Stadtwerke Augsburg sind ein kraftvolles und dynamisches Unternehmen. Schauen Sie mal, was wir in der Stadt alles vorantreiben. Das liegt nicht zuletzt an unserem sehr vielfältigen Angebot mit den Kernaufgaben Energie, Trinkwasser und Verkehr. Nehmen Sie bei der Energie Power-to-Heat, also Erzeugung von Wärme unter Einsatz von Strom, oder im Verkehr Carsharing. Das sind neue, spannende Felder, die unsere bekannten Aktivitäten heute ergänzen. Wer hätte das vor einigen Jahren gedacht? Neue Ideen sind gefragt. Und wir sehen ohnehin ein Wachstumspotenzial.
Wo genau sehen Sie dieses Wachstumspotenzial?
Augsburg entwickelt sich zu einer Großstadt, die schon bald 300 000 Einwohner haben wird – mit neuen, wegweisenden Einrichtungen wie Uniklinik oder Innovationspark. Neue Institutionen, Unternehmen und Neubürger bilden einen Markt, in dem wir wachsen können und wollen. Das sind Chancen in Augsburg. Ganz im Gegensatz zu Stadtwerken in schrumpfenden Städten.
Müllner:
Interview: Michael Hörmann