Augsburger Allgemeine (Land West)
Scharfe Pointen im Scharfen Eck
Kabarett Silvano Tuiach begeistert mit seinem Best-of-Programm in Häder und spielt souverän mit dem Publikum
Dinkelscherben-Häder
Das Scharfe Eck in Häder trägt seinen kantigen Namen ganz zu Recht. Nicht nur macht die gemütliche Hauptstraße hier eine atemberaubend scharfe Biegung um das ehemalige Schulgebäude, das 1974 zum Haus der Gemeinde umgebaut wurde.
Drinnen im Scharfen Eck, wo sich außer Sängern und Schützen heute noch viele andere Vereine die Hand geben, wird auf sieben Schießständen auch scharf geschossen. Nun flogen statt Bleikugeln zur Abwechslung mal die scharfen Pointen. Schützen und Gesangsverein veranstalteten ihren ersten eigenen Kabarettabend. Dank persönlicher Kontakte konnte ein großkalibriges Zugpferd für den kabarettistischen Versuchsballon in der kleinen Gemeinde nahe Dinkelscherben gewonnen werden.
Kein Geringerer als Geisterfahrer Silvano Tuiach legte einen rasanten Zwischenstopp in Häder hin und sorgte mit seinem Best-of-Programm für ein randvolles Haus, das aus allen scharfen Ecken platzte. Für den feierlichen Anlass hatte Häder sich liebevoll herausgeputzt: Die frech rot-weiß gemusterten, wohl aus den 70er-Jahren stammenden Gardinen, die indirekte Neon-Saalbeleuchtung und auch das leicht schräg hängenden Kruzifix im Saal stimmten dezent auf die beiden Kunstfiguren Tuiachs ein: Herrn Hennemann von der Firma Hausfrauenglück und den „lodisch gestylten“Herrn Ranzmayr.
Kaum im Saal, schon schaltete Tuich auf Vollgas und deckte das vergnügte Publikum mit seinen unverzichtbaren Produkten des alltäglichen Bedarfs ein. Vom BröselRambo, dem Seifenreste-Verwerter oder dem Schnarch-Stopper für „sie“bis zum Urinal-Tröpfle-Fänger für „ihn“: Für jedes Problem im Haushalt hat Herr Hennemann alias Tuiach die universelle Lösung parat.
Denn bei Tuiach sitzt man immer auf der richtigen Seite und jeder in der ersten Reihe. Besonders nette Geste des Kabarettisten ans Publikum: Tuiach hatte sich mehrere Gäste vorher mit Namen und Gesicht eingeprägt und bezog sie nun laufend in seine parodistische Eröffnungsnummer mit ein.
Dass viele seiner Scherze unter die Gürtellinie oder – O-Ton Tuiach: in Richtung „Pfui-Deifi-Zone“– zielten (einer der harmlosesten und gerade noch druckfähig wäre: „Der Letzte, der geht, bieselt den Grill aus“), nahm Häder nicht übel. Auch Mangel an Political Correctnes stellte kein Problem dar, und insgesamt war bei den vielen vernichtenden Rundum-Schlägen in Richtung Mann-Frau wie „Männer werden nur sieben Jahre alt. Hinterher wachsen sie nur noch“oder „Im Himmel gibt es nur zehn Prozent Frauen, sonst wäre es ja die Hölle“, am Ende ein gesundes Gleichgewicht gewahrt.
Die schönsten Sentenzen, bei denen einem schon mal das Lachen im Halse stecken blieb, bot zum Schluss der gute alte bösartige Herr Ranzmayr mit dem Lodenhut. Den muss man einfach immer wieder gern haben. Tuiach zeigte sich den ganzen Abend lang topfit, spielte souverän mit dem Publikum. Als ihm einmal der Pop-Schutz vom Mikro abhandenkam, zog er sich auch hier spontan mit einer kleinen schmutzigen Pointe aus der Affäre.
Fazit: Auch wenn man nicht an „Geisterfahrungen“glaubt, die Erfahrung dieses Geisterfahrers sollte man sich auf jeden Fall reinziehen. Vielleicht nächstes Mal zusammen mit Herrn und Frau Braun? Wir lassen uns überraschen.