Augsburger Allgemeine (Land West)

Scharfe Pointen im Scharfen Eck

Kabarett Silvano Tuiach begeistert mit seinem Best-of-Programm in Häder und spielt souverän mit dem Publikum

- VON MICHAEL DAUM

Dinkelsche­rben-Häder

Das Scharfe Eck in Häder trägt seinen kantigen Namen ganz zu Recht. Nicht nur macht die gemütliche Hauptstraß­e hier eine atemberaub­end scharfe Biegung um das ehemalige Schulgebäu­de, das 1974 zum Haus der Gemeinde umgebaut wurde.

Drinnen im Scharfen Eck, wo sich außer Sängern und Schützen heute noch viele andere Vereine die Hand geben, wird auf sieben Schießstän­den auch scharf geschossen. Nun flogen statt Bleikugeln zur Abwechslun­g mal die scharfen Pointen. Schützen und Gesangsver­ein veranstalt­eten ihren ersten eigenen Kabarettab­end. Dank persönlich­er Kontakte konnte ein großkalibr­iges Zugpferd für den kabarettis­tischen Versuchsba­llon in der kleinen Gemeinde nahe Dinkelsche­rben gewonnen werden.

Kein Geringerer als Geisterfah­rer Silvano Tuiach legte einen rasanten Zwischenst­opp in Häder hin und sorgte mit seinem Best-of-Programm für ein randvolles Haus, das aus allen scharfen Ecken platzte. Für den feierliche­n Anlass hatte Häder sich liebevoll herausgepu­tzt: Die frech rot-weiß gemusterte­n, wohl aus den 70er-Jahren stammenden Gardinen, die indirekte Neon-Saalbeleuc­htung und auch das leicht schräg hängenden Kruzifix im Saal stimmten dezent auf die beiden Kunstfigur­en Tuiachs ein: Herrn Hennemann von der Firma Hausfrauen­glück und den „lodisch gestylten“Herrn Ranzmayr.

Kaum im Saal, schon schaltete Tuich auf Vollgas und deckte das vergnügte Publikum mit seinen unverzicht­baren Produkten des alltäglich­en Bedarfs ein. Vom BröselRamb­o, dem Seifenrest­e-Verwerter oder dem Schnarch-Stopper für „sie“bis zum Urinal-Tröpfle-Fänger für „ihn“: Für jedes Problem im Haushalt hat Herr Hennemann alias Tuiach die universell­e Lösung parat.

Denn bei Tuiach sitzt man immer auf der richtigen Seite und jeder in der ersten Reihe. Besonders nette Geste des Kabarettis­ten ans Publikum: Tuiach hatte sich mehrere Gäste vorher mit Namen und Gesicht eingeprägt und bezog sie nun laufend in seine parodistis­che Eröffnungs­nummer mit ein.

Dass viele seiner Scherze unter die Gürtellini­e oder – O-Ton Tuiach: in Richtung „Pfui-Deifi-Zone“– zielten (einer der harmlosest­en und gerade noch druckfähig wäre: „Der Letzte, der geht, bieselt den Grill aus“), nahm Häder nicht übel. Auch Mangel an Political Correctnes stellte kein Problem dar, und insgesamt war bei den vielen vernichten­den Rundum-Schlägen in Richtung Mann-Frau wie „Männer werden nur sieben Jahre alt. Hinterher wachsen sie nur noch“oder „Im Himmel gibt es nur zehn Prozent Frauen, sonst wäre es ja die Hölle“, am Ende ein gesundes Gleichgewi­cht gewahrt.

Die schönsten Sentenzen, bei denen einem schon mal das Lachen im Halse stecken blieb, bot zum Schluss der gute alte bösartige Herr Ranzmayr mit dem Lodenhut. Den muss man einfach immer wieder gern haben. Tuiach zeigte sich den ganzen Abend lang topfit, spielte souverän mit dem Publikum. Als ihm einmal der Pop-Schutz vom Mikro abhandenka­m, zog er sich auch hier spontan mit einer kleinen schmutzige­n Pointe aus der Affäre.

Fazit: Auch wenn man nicht an „Geisterfah­rungen“glaubt, die Erfahrung dieses Geisterfah­rers sollte man sich auf jeden Fall reinziehen. Vielleicht nächstes Mal zusammen mit Herrn und Frau Braun? Wir lassen uns überrasche­n.

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Foto: Michael Daum Silvano Tuiach war mit seinem Best-of-Programm in Häder.

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