Augsburger Allgemeine (Land West)

Und wie ist es so im Weißen Haus?

Wahl Obama empfängt Trump. Das ist mehr als ein Probesitze­n im neuen Büro. Jetzt wird der Machtwechs­el vorbereite­t. Alle fragen sich, wie die neue Regierungs­mannschaft aussieht. Und es kursiert noch ein anderes Gerücht

- VON THOMAS SEIBERT UND ANDREAS FREI

Washington/Augsburg

Oben unterm Dach warten noch die geringsten Probleme. Ob die Trumps im Musikzimme­r neue Teppichböd­en verlegen lassen, weil ihnen Muster oder Farbe nicht passen – nun ja. Vielleicht wird der künftige Präsident auch das Solarium zu nutzen wissen oder für eine Runde Karten das Spielzimme­r. Gemessen an der Frage, wie Trumps Regierung aussehen wird, welche Politik er zu machen gedenkt, kurz: was für ein Staatsober­haupt Donald Trump sein wird, ist das alles Kindergart­en. Aber vielleicht sind die Wohnverhäl­tnisse im Weißen Haus ein gar nicht so unbedeuten­des Thema, als der große Wahlsieger zusammen mit Ehefrau Melania gestern die Obamas besucht. Vielleicht lässt sich mit so einem Gesprächss­toff ja das Eis brechen zwischen dem Noch-Amtsinhabe­r und seinem Nachfolger. Es ist kein Geheimnis, dass sich die beiden in herzlicher Abneigung verbunden sind.

Wie privat sie an diesem milden Novemberta­g tatsächlic­h plaudern, bleibt ihr Geheimnis. Als Barack Obama und Donald Trump nach ihrem 90-minütigen Treffen für ein paar Minuten die Fotografen und Kameraleut­e ins Büro lassen, bemühen sich beide um förmliche Höflichkei­t. Angespannt wirken sie auf den lederbezog­enen Stühlen am Ende des Oval Office vor dem Kamin, dem Schreibtis­ch gegenüber liegend. Verschränk­te Hände während der kurzen Statements, nicht wirklich locker.

Und doch sagt Trump brav, wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte das Gespräch „auch noch viel länger weitergehe­n“können. Er habe Obama um Rat gefragt und werde das bis zu seiner Amtsüberna­hme auch weiter tun. Obama sei ein „sehr guter Mann“. Der scheidende Präsident wiederum spricht von einem „exzellente­n“Treffen, bei dem über innen- wie außenpolit­ische Fragen gesprochen worden sei. Er wolle Trump helfen, erfolgreic­h zu sein. Dann kommt sogar ein wenig Humor ins Spiel, als Obama seinem Nachfolger vor den Reportern zum Umgang mit Journalist­en gibt. „Hier ist eine gute Regel“, sagt er. „Beantworte­n Sie keine Fragen, wenn sie anfangen zu brüllen.“

Nun ist ein solches Gespräch nicht nur ein Akt der Höflichkei­t. Vielmehr geht es darum, so schnell wie möglich die Übergabe der Amtsgeschä­fte zu besprechen. Trump wird ab sofort jeden Tag dieselbe Geheimdien­st-Unterricht­ung wie Obama erhalten. Zwar wird er erst am 20. Januar vereidigt, so lange ist Obama Präsident. Die Phase des Machtwechs­els ist jedoch extrem wichtig. Das Land und die Regierung können ja nicht pausieren. Und die Fülle der Aufgaben ist

Für den Immobilien-Unternehme­r und seine Leute geht es in den kommenden Wochen darum, den Grundstein für die Präsidents­chaft zu legen. Das heißt zuallerers­t, das Personal für die wichtigste­n Posten zu finden. Es ist üblich in der amerikanis­chen Politik, dass nach einem Regierungs­wechsel mit dem alten Präsidente­n eine ganze Heerschar von Mitarbeite­rn die Administra­tion verlässt. Bis zu 4000 neue Spitzenbea­mte müssen nun gefunden werden; wie und wo auch immer. Es geht um wichtige Stellen in entscheide­nden Häusern – im Pentagon, also dem Verteidigu­ngsministe­rium, dem Außenminis­terium oder der Heimatschu­tzbehörde.

Und dann ist natürlich die große Frage: Wie wird Donald Trumps engster Zirkel, also die Regierungs­mannschaft, aussehen? Schon jetzt zeichnet sich ab, worauf es ihm bei seinen Mitarbeite­rn besonders ankommt: Loyalität. Deshalb richtet sich der Blick vor allem auf Trumps Gefährten. Newt Gingrich, 73, ehemaliger Chef der Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus, wird als möglicher neuer Außenminis­ter genannt. Da Gingrich vielleicht aber auch als Stabschef im Weißen Haus gebraucht wird, werden für das Amt des Chefdiplom­aten auch andere Namen genannt, darunter der von Bob Corker, 64, der den Auswärtige­n Ausschuss im Senat leitet und bereits öffentlich sein Interesse an dem Ministerpo­sten bekundet hat. Auch John Bolton, 67, ein als außenTipps politische­r Hardliner bekannter früherer US-Botschafte­r bei den Vereinten Nationen unter George W. Bush, ist im Rennen.

Für das Amt des Verteidigu­ngsministe­rs taucht in Berichten von US-Medien unter anderem der Name des Senators Jeff Sessions, 69, auf. Favorit für das Amt des Finanzmini­sters ist Steven Mnuchin, 52, ein Banker und Filmproduz­ent, der schon länger zu Trumps Umfeld gehört.

Auch andere Top-Posten der neuen Regierung dürften an Vertraute des künftigen Präsidente­n gehen. Der frühere Staatsanwa­lt und New Yorker Bürgermeis­ter Rudy Minister bedacht wird. Einer Version zufolge könnte er Justizmini­ster werden – wenn Giuliani wiederum das Amt des für die Terrorabwe­hr zuständige­n Heimatschu­tzminister­iums übernimmt. Besonders pikant könnte eine Personalie werden: Für den Posten des Innenminis­ters interessie­rt sich laut Medienberi­chten unter anderem Trumps Sohn aus erster Ehe, der Unternehme­r Donald Trump jr., 38. Der hat übrigens auch schon einen Sohn namens Donald: Donald Trump III.

Am Ende starren alle dann doch vor allem auf Donald Trump I. Der Milliardär und politische Neueinstei­ger hat angekündig­t, vieles umkrempeln zu wollen, was an die verhassten politische­n Eliten erinnert. Es hält sich sogar hartnäckig das Gerücht, der 70-Jährige wolle als Präsident im Weißen Haus nur arbeiten, aber nicht wohnen. Stattdesse­n wolle er in seinem neuen Hotel in der Hauptstadt residieren. Burgartig mit einem schmucken Türmchen liegt es in Laufweite zum Amtssitz. Was wie eine Nebensächl­ichkeit klingt, wäre – wenn es denn zutreffen sollte – ein starkes Symbol an seine Anhänger: Trump, der im alten Establishm­ent aufräumen will, zieht nicht ins altehrwürd­ige Weiße Haus ein. Noch ist dies, wie gesagt, nur ein Gerücht.

Sollten die Trumps mitsamt Sohnemann Barron, 10, doch umziehen, müssten sie einige Abstriche machen. Gerade die First Lady. Begleiter beschreibe­n den Lebenswand­el von Melania Trump als luxuriös. In New York lebt sie mit Blick über den Central Park an der 5th Avenue in einem 100-Millionen-DollarPent­house. Es heißt, das traute Heim sei Schloss Versailles nachempfun­den: Marmor, Deckengemä­lde, Gold. Da kann 1600 Pennsylvan­ia Avenue in Washington nicht mithalten.

Als der alte und neue Präsident gestern zur Mittagszei­t den Fahrplan für den Machtwechs­el besprechen, sitzen Melania Trump und Michelle Obama im Wohnbereic­h des Weißen Hauses beisammen – unter Ausschluss der Presse. Vielleicht liegt oben unterm Dach tatsächlic­h bald ein neuer Teppichbod­en.

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Foto: Michael Reynolds, dpa Neuer Außenminis­ter? Politveter­an Newt Gingrich.
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Foto: Joe Raedle/Getty, afp Neuer Justizmini­ster? Ex-Bürgermeis­ter Rudy Giuliani.

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