Augsburger Allgemeine (Land West)
Und wie ist es so im Weißen Haus?
Wahl Obama empfängt Trump. Das ist mehr als ein Probesitzen im neuen Büro. Jetzt wird der Machtwechsel vorbereitet. Alle fragen sich, wie die neue Regierungsmannschaft aussieht. Und es kursiert noch ein anderes Gerücht
Washington/Augsburg
Oben unterm Dach warten noch die geringsten Probleme. Ob die Trumps im Musikzimmer neue Teppichböden verlegen lassen, weil ihnen Muster oder Farbe nicht passen – nun ja. Vielleicht wird der künftige Präsident auch das Solarium zu nutzen wissen oder für eine Runde Karten das Spielzimmer. Gemessen an der Frage, wie Trumps Regierung aussehen wird, welche Politik er zu machen gedenkt, kurz: was für ein Staatsoberhaupt Donald Trump sein wird, ist das alles Kindergarten. Aber vielleicht sind die Wohnverhältnisse im Weißen Haus ein gar nicht so unbedeutendes Thema, als der große Wahlsieger zusammen mit Ehefrau Melania gestern die Obamas besucht. Vielleicht lässt sich mit so einem Gesprächsstoff ja das Eis brechen zwischen dem Noch-Amtsinhaber und seinem Nachfolger. Es ist kein Geheimnis, dass sich die beiden in herzlicher Abneigung verbunden sind.
Wie privat sie an diesem milden Novembertag tatsächlich plaudern, bleibt ihr Geheimnis. Als Barack Obama und Donald Trump nach ihrem 90-minütigen Treffen für ein paar Minuten die Fotografen und Kameraleute ins Büro lassen, bemühen sich beide um förmliche Höflichkeit. Angespannt wirken sie auf den lederbezogenen Stühlen am Ende des Oval Office vor dem Kamin, dem Schreibtisch gegenüber liegend. Verschränkte Hände während der kurzen Statements, nicht wirklich locker.
Und doch sagt Trump brav, wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte das Gespräch „auch noch viel länger weitergehen“können. Er habe Obama um Rat gefragt und werde das bis zu seiner Amtsübernahme auch weiter tun. Obama sei ein „sehr guter Mann“. Der scheidende Präsident wiederum spricht von einem „exzellenten“Treffen, bei dem über innen- wie außenpolitische Fragen gesprochen worden sei. Er wolle Trump helfen, erfolgreich zu sein. Dann kommt sogar ein wenig Humor ins Spiel, als Obama seinem Nachfolger vor den Reportern zum Umgang mit Journalisten gibt. „Hier ist eine gute Regel“, sagt er. „Beantworten Sie keine Fragen, wenn sie anfangen zu brüllen.“
Nun ist ein solches Gespräch nicht nur ein Akt der Höflichkeit. Vielmehr geht es darum, so schnell wie möglich die Übergabe der Amtsgeschäfte zu besprechen. Trump wird ab sofort jeden Tag dieselbe Geheimdienst-Unterrichtung wie Obama erhalten. Zwar wird er erst am 20. Januar vereidigt, so lange ist Obama Präsident. Die Phase des Machtwechsels ist jedoch extrem wichtig. Das Land und die Regierung können ja nicht pausieren. Und die Fülle der Aufgaben ist
Für den Immobilien-Unternehmer und seine Leute geht es in den kommenden Wochen darum, den Grundstein für die Präsidentschaft zu legen. Das heißt zuallererst, das Personal für die wichtigsten Posten zu finden. Es ist üblich in der amerikanischen Politik, dass nach einem Regierungswechsel mit dem alten Präsidenten eine ganze Heerschar von Mitarbeitern die Administration verlässt. Bis zu 4000 neue Spitzenbeamte müssen nun gefunden werden; wie und wo auch immer. Es geht um wichtige Stellen in entscheidenden Häusern – im Pentagon, also dem Verteidigungsministerium, dem Außenministerium oder der Heimatschutzbehörde.
Und dann ist natürlich die große Frage: Wie wird Donald Trumps engster Zirkel, also die Regierungsmannschaft, aussehen? Schon jetzt zeichnet sich ab, worauf es ihm bei seinen Mitarbeitern besonders ankommt: Loyalität. Deshalb richtet sich der Blick vor allem auf Trumps Gefährten. Newt Gingrich, 73, ehemaliger Chef der Republikaner im Repräsentantenhaus, wird als möglicher neuer Außenminister genannt. Da Gingrich vielleicht aber auch als Stabschef im Weißen Haus gebraucht wird, werden für das Amt des Chefdiplomaten auch andere Namen genannt, darunter der von Bob Corker, 64, der den Auswärtigen Ausschuss im Senat leitet und bereits öffentlich sein Interesse an dem Ministerposten bekundet hat. Auch John Bolton, 67, ein als außenTipps politischer Hardliner bekannter früherer US-Botschafter bei den Vereinten Nationen unter George W. Bush, ist im Rennen.
Für das Amt des Verteidigungsministers taucht in Berichten von US-Medien unter anderem der Name des Senators Jeff Sessions, 69, auf. Favorit für das Amt des Finanzministers ist Steven Mnuchin, 52, ein Banker und Filmproduzent, der schon länger zu Trumps Umfeld gehört.
Auch andere Top-Posten der neuen Regierung dürften an Vertraute des künftigen Präsidenten gehen. Der frühere Staatsanwalt und New Yorker Bürgermeister Rudy Minister bedacht wird. Einer Version zufolge könnte er Justizminister werden – wenn Giuliani wiederum das Amt des für die Terrorabwehr zuständigen Heimatschutzministeriums übernimmt. Besonders pikant könnte eine Personalie werden: Für den Posten des Innenministers interessiert sich laut Medienberichten unter anderem Trumps Sohn aus erster Ehe, der Unternehmer Donald Trump jr., 38. Der hat übrigens auch schon einen Sohn namens Donald: Donald Trump III.
Am Ende starren alle dann doch vor allem auf Donald Trump I. Der Milliardär und politische Neueinsteiger hat angekündigt, vieles umkrempeln zu wollen, was an die verhassten politischen Eliten erinnert. Es hält sich sogar hartnäckig das Gerücht, der 70-Jährige wolle als Präsident im Weißen Haus nur arbeiten, aber nicht wohnen. Stattdessen wolle er in seinem neuen Hotel in der Hauptstadt residieren. Burgartig mit einem schmucken Türmchen liegt es in Laufweite zum Amtssitz. Was wie eine Nebensächlichkeit klingt, wäre – wenn es denn zutreffen sollte – ein starkes Symbol an seine Anhänger: Trump, der im alten Establishment aufräumen will, zieht nicht ins altehrwürdige Weiße Haus ein. Noch ist dies, wie gesagt, nur ein Gerücht.
Sollten die Trumps mitsamt Sohnemann Barron, 10, doch umziehen, müssten sie einige Abstriche machen. Gerade die First Lady. Begleiter beschreiben den Lebenswandel von Melania Trump als luxuriös. In New York lebt sie mit Blick über den Central Park an der 5th Avenue in einem 100-Millionen-DollarPenthouse. Es heißt, das traute Heim sei Schloss Versailles nachempfunden: Marmor, Deckengemälde, Gold. Da kann 1600 Pennsylvania Avenue in Washington nicht mithalten.
Als der alte und neue Präsident gestern zur Mittagszeit den Fahrplan für den Machtwechsel besprechen, sitzen Melania Trump und Michelle Obama im Wohnbereich des Weißen Hauses beisammen – unter Ausschluss der Presse. Vielleicht liegt oben unterm Dach tatsächlich bald ein neuer Teppichboden.