Augsburger Allgemeine (Land West)
Siemens-Chef gratuliert Trump zum Wahlsieg
Reaktion Kaeser gibt sich gelassen. In den USA beschäftigt der Konzern gut 50000 Mitarbeiter. Ein anderes Thema wühlt den Manager mehr auf
München
Siemens kündigt am Donnerstag den größten Börsengang in Deutschland seit langem an, doch die Aufregung hält sich in Grenzen. Dabei will Konzern-Chef Joe Kaeser der konzerneigenen Gesundheitssparte mit ihren Röntgengeräten und Computertomografen mehr Selbstständigkeit verleihen. In dem Geschäftsbereich arbeiten 46 000 von 348000 Siemensianern, darunter 12 000 in Deutschland, die überwiegend in Franken tätig sind – also in Erlangen und Forchheim. Im Gegensatz zum Osram-Börsengang, der Werke in Augsburg und Schwabmünchen erfasst hat, ist unsere Region vom neuen SiemensKraftakt nicht direkt betroffen.
Eine solche Nachricht sollte, auch wenn Termin, Dimension und andere Details des Börsengangs noch nicht feststehen, alles andere in den Schatten stellen. Doch wie so vieles derzeit reicht der lange Schatten des neuen US-Präsidenten bis nach Deutschland. Kaeser sagt dazu vor der Presse in München: „Siemens gratuliert Herrn Trump zum Wahlsieg.“Er freue sich auf eine weiterhin vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der neuen US-Administration. Auf die großen Bedenken gegenüber den als Nationalisten und Freihandelsskeptiker geltenden Trump geht der Siemens-Boss nur dezent warnend ein: „Wirtschaftspolitische Impulse jeder Art aus den Vereinigten Staaten würden sich auch auf die Weltwirtschaft merklich auswirken.“So viel Zurückhaltung ist dem Niederbayern sonst nicht eigen. Aber für Kaeser steht wie für viele andere deutsche Unternehmer eine Menge auf dem Spiel in den USA. In Amerika beschäftigt Siemens über 50 000 Mitarbeiter. Das Land ist der größte und in vielen Branchen wichtigste Einzelmarkt für den Elektro-Riesen.
Siemens bemüht sich seit jeher um gute Kontakte mit den Mächtigen in Washington. So war Kaeser dieses Jahr vorne dabei, als Kanzlerin Angela Merkel Noch-US-Präsident Barack Obama auf der Hannover-Messe, der größten IndustrieSchau der Welt, empfangen hat. Natürlich besuchte der Amerikaner den Siemens-Stand, um zu erfahren, dass der deutsche Konzern rund 7000 seiner knapp 18000 SoftwareIngenieure in den USA beschäftigt. Obama meinte anerkennend: „Siemens ist eine großartige Firma.“Darauf bekam er einen Golfschläger von Kaeser geschenkt. Das Sportgerät mit dem sinnigen Namen „Yes we can!“wurde dank einer Software eines texanischen Siemens-Standortes designt. Und es war Obama, der erstmals in der Siemens-Firmengeschichte ein Werk des Unternehmens in den USA besucht hat.
Es läuft also gut für den deutschen Konzern in Amerika. Entsprechend hoch ist die Fallhöhe. Deshalb verkneift sich Kaeser sicher manchen kritischen Spruch über Trump und sagt nur: „Viele Gedanken muss man nicht unbedingt auf der Zunge tragen.“Der SiemensChef versucht bei dem Thema betont Gelassenheit auszustrahlen, was ihm beim Brexit, also die Entscheidung der Briten, die Europäische Union zu verlassen, nicht gelingt. So macht er sich große Sorgen über „das rasante Umgreifen des Populismus und die sich beschleunigende globale Migration“. Derlei Unsicherheitsfaktoren beeinflussen Kaesers Prognose für die Geschäftsentwicklung. Er geht von Gegenwind für das Wirtschaftswachstum aus und erwartet nur verhaltene Umsatzzuwächse für Siemens.
Noch laufen die Geschäfte für den Konzern bestens. Siemens hat zuletzt zwei Mal einen höheren Gewinn