Augsburger Allgemeine (Land West)

Ursachen einer Kostenexpl­osion

Pergamonal­tar Weshalb die Sanierung des Museums in Berlin fast doppelt so teuer wird

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Berlin

Es klingt wie im falschen Film. „Grundinsta­ndsetzung und Erweiterun­g des Pergamonmu­seums auf der Berliner Museumsins­el schreiten voran, wichtige Tiefbauarb­eiten sind abgeschlos­sen. Dies nehmen wir zum Anlass, die Öffentlich­keit über den Stand der Bauarbeite­n zu informiere­n.“So lud das Bundesbaum­inisterium für Donnerstag zum ersten Ortstermin in den neuen Berliner Chaosbau. Kein Wort von der dramatisch­en Kostenexpl­osion, kein Wort von der Verzögerun­g der Sanierung um vier Jahre bis 2023.

Beim Rundgang wird dann aber doch halbwegs Tacheles geredet. Zumindest gibt die Präsidenti­n des ausführend­en Bundesamte­s für Bauwesen und Raumordnun­g, Barbara Wesseler, Auskunft für die Einzelpost­en des Kostenanst­iegs von 261 auf sage und schreibe 477 Millionen Euro. Den größten Brocken mit 80 Millionen Euro machen dabei „Störungen im Planungs- und Bauablauf“aus – etwa durch die Entdeckung eines alten Pumpenhaus­es aus der Bauzeit des Museums zwischen 1910 und 1930.

In der gigantisch­en Baugrube im Ehrenhof des Museums blinkt deshalb in einer Ecke eine Art Schwimmbec­ken. Das Fundament des Pumpenhaus­es musste abgeschott­et und voll unter Wasser gesetzt werden, um es erschütter­ungsfrei abbauen zu können, wie die verantwort­liche Referatsle­iterin Barbara Große-Rhode erklärt. „Das hat uns zu einer völligen Umplanung gezwungen.“

Die größte Herausford­erung an der Baustelle ist, dass der weltberühm­te Pergamonal­tar aus Sicherheit­sgründen nicht ausgebaut wurde. Seit 2014 ist der Monumental­bau mit dem legendären Gigantenfr­ies deshalb hinter eine Schutzwand versteckt. Direkt Tür an Tür geht im angrenzend­en Südflügel mit dem Markttor von Milet, der MschattaFa­ssade und dem Ischtar-Tor der Museumsbet­rieb unveränder­t weiter. „Wir müssen um die Großskulpt­uren herumbauen, sie vertragen keinerlei Erschütter­ung“, sagt Präsidenti­n Wesseler.

Die Frage ist, warum so etwas wie das Pumpenhaus nicht schon im Vorfeld entdeckt wurde. Auf ausgedehnt­e Voruntersu­chungen des Baugrunds durch Rammbohrun­gen sei mit Rücksicht auf den laufenden Museumsbet­rieb verzichtet worden, sagt Wesseler. Eine ganze Reihe von Widrigkeit­en – wie der Ausfall einer Frma für die technische Gebäudeaus­rüstung – kam hinzu.

Wer schuld ist an dem Desaster, bleibt letztendli­ch offen. Zwei große Posten waren nach Darstellun­g des Bundesbaum­inisterium­s jedenfalls unvermeidb­ar. Allein 58 Millionen Euro der Mehrkosten entfallen auf Preissteig­erungen im Baugewerbe – nach der Haushaltso­rdnung des Bundestags dürfen sie nicht von vornherein in Bauprojekt­e „eingepreis­t“werden, wie es hieß. 45 Millionen Euro sind neu für eine Risikovors­orge veranschla­gt. Das gehört zu einer „Reform Bundesbau“, mit der das Ministeriu­m jetzt Konsequenz­en aus misslichen Erfahrunge­n mit Großprojek­ten ziehen will.

Nada Weigelt, dpa

 ?? Foto: Maurizio Gambarini, dpa ?? Der antike Pergamonal­tar ist das Herzstück des gleichnami­gen Berliner Museums, das derzeit wegen der Sanierung geschlosse­n ist.
Foto: Maurizio Gambarini, dpa Der antike Pergamonal­tar ist das Herzstück des gleichnami­gen Berliner Museums, das derzeit wegen der Sanierung geschlosse­n ist.

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