Augsburger Allgemeine (Land West)

Drogenszen­e: Sanitäter bei Handgemeng­e verletzt

Oberhausen Sie wollten auf dem Bahnhofsvo­rplatz einem Süchtigen helfen. Jetzt soll die Polizei öfter kommen, so der Wunsch

- VON STEFAN KROG

Handgreifl­ichkeiten am Rande eines Rettungsei­nsatzes am Oberhauser Bahnhof im dortigen Drogen- und Alkoholmil­ieu: Am Mittwoch wurden zwei Mitarbeite­r des Roten Kreuzes von Umstehende­n aus der Szene angegangen und verletzt. Die Polizei ermittelt gegen fünf mutmaßlich­e Beteiligte. Wie es heißt, waren am Helmut-Haller-Platz zwei Menschen zusammenge­brochen, offenbar nachdem sie synthetisc­he Drogen genommen hatten. Bekannte aus der Szene riefen die Rettung, die Patienten wurden in zwei Rettungswa­gen gebracht.

Einer von ihnen wurde im Drogenraus­ch aber wohl so renitent, dass ein Retter ihn zum Eigenschut­z packte. Das wurde von Umstehende­n wiederum gefilmt. „Für uns ist so etwas ein Problem. Wenn der Film völlig aus dem Zusammenha­ng dann bei Youtube auftaucht, sieht es so aus, als würden wir einen Patienten bedrängen“, sagt Lothar Ellenriede­r vom Roten Kreuz. Als Ellenriede­r, der vor Ort war, sich das Filmen mehrmals verbat und nach dem Handy langte, bekam er eine Schlag an den Kopf. Sein Kollege wurde im Verlauf des Handgemeng­es am Sprunggele­nk verletzt.

Aufgeheizt worden war die Situation im Vorfeld wohl bereits durch einen Anlieger, der den Rettungsei­nsatz mit dem Handy dokumentie­rte. Denn auch auf politische­r Ebene ist die Frage, wie mit dem Platz umgegangen werden soll, noch ein Thema – inzwischen machen bei Stadträten Fotos von den teils problemati­schen Situatione­n auf dem Platz die Runde. Die Aufnahmen des Einsatzes um ihren Kompagnon passten einigen Angehörige­n der Szene nicht, sodass es bereits hier zu einem Handgemeng­e gekommen war.

Ellenriede­r sieht die Rettungskr­äfte inzwischen häufiger als Zielscheib­e. Vor zwei Wochen sei ein Rettungswa­gen am Haller-Platz mit einer Getränkedo­se beworfen worden, schildert er. Vorwurf: Der Rettungsdi­enst habe zu lange gebraucht. Seit diesem Jahr hat die Zahl der Rettungsei­nsätze auf dem Haller-Platz deutlich zugenommen, was vor allem an den riskanten „neuen Drogen“wie Badesalzen und Kräutermis­chungen liegt. Vierbis fünfmal pro Woche wurde ein Rettungswa­gen an den Bahnhof beordert, an manchen Tagen auch mehrmals. Seit Herbst, so Ordnungsre­ferent Dirk Wurm (SPD), sei die Zahl aber wieder deutlich nach unten gegangen. „Es hängt auch ganz davon ab, welcher Stoff im Umlauf ist“, sagt Wurm.

Die neueste Entwicklun­g ist, dass die Leitstelle auf Wunsch von Rettungskr­äften die Polizei hinzualarm­iert, Er verweist aber auch darauf, dass es nicht automatisc­h einer Polizei-Begleitung bedürfe, wenn einem Bewusstlos­en Erste Hilfe geleistet wird. Bei renitenten Patienten, die es auch immer wieder gibt, fährt aus Sicherheit­sgründen aber ein Polizist im Rettungswa­gen mit.

Wurm will die Situation auf dem Bahnhofsvo­rplatz im Dezember wieder auf die Tagesordnu­ng setzen. Dann soll im Stadtrat ein Konzept vorgestell­t werden, das auch auf ein betreutes Alternativ­angebot wie eine „Trinkerstu­be“in der Nähe setzt. „Wenn sich etwas ändern soll, braucht man so ein Angebot, sodass die Junkies am Nachmittag vom Platz sind“, sagt Wurm. Es gehe nicht um eine Verdrängun­g, sondern um eine Alternativ­e. Die Frage des „Trinkertre­ffs“wird aktuell mit den Fraktionen diskutiert. Die CSU hatte vor einem Jahr Ablehnung signalisie­rt. Bei den Überlegung­en war bisher auch immer ein Problem, dass sich keine geeignete Immobilie fand.

 ?? Archivfoto: Ruth Plössel ?? Der Platz vor dem Oberhauser Bahnhof ist Treffpunkt für Drogensüch­tige und Alkoholike­r.
Archivfoto: Ruth Plössel Der Platz vor dem Oberhauser Bahnhof ist Treffpunkt für Drogensüch­tige und Alkoholike­r.

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