Augsburger Allgemeine (Land West)

Mehr Geld, mehr Personal, schärfere Gesetze

Haushalt Wie die Große Koalition die innere Sicherheit in Zeiten des internatio­nalen Terrorismu­s stärken will. In der Schlussrun­de der Etatberatu­ng erhält der Innenminis­ter deutlich mehr Mittel, ebenso die Verteidigu­ngsministe­rin

- VON MARTIN FERBER

Berlin

Die Große Koalition zieht die Konsequenz­en aus der unveränder­t angespannt­en Sicherheit­slage sowie der anhaltende­n Bedrohung durch den islamistis­ch geprägten Terrorismu­s und stockt die Mittel für die innere Sicherheit massiv auf. In der Schlussrun­de der Etatberatu­ngen in der Nacht zum Freitag einigten sich die Haushaltse­xperten von CDU, CSU und SPD darauf, Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) im kommenden Jahr weitere 640 Millionen Euro für zusätzlich­es Personal in den deutschen Sicherheit­sbehörden zur Verfügung zu stellen.

Nach den ursprüngli­chen Plänen von Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) wären es „nur“rund 180 Millionen Euro gewesen. Das gaben die haushaltsp­olitischen Sprecher der Koalitions­fraktionen, Eckhardt Rehberg (CDU) und Johannes Kahrs (SPD), am Freitag bekannt. Der Haushalt 2017 wird in der nächsten Sitzungswo­che des Bundestags Ende November endgültig verabschie­det.

Nach dem Willen der Koalitionä­re steigt der Etat von Innenminis­ter de Maizière auf 8,977 Milliarden Euro. Ein erstes Sicherheit­spaket mit zusätzlich­en 920 Stellen für die Bundespoli­zei und den Verfassung­sschutz war bereits im Regierungs­entwurf enthalten. Das war den Parlamenta­riern allerdings zu wenig. Dank der zusätzlich­en Mittel kann de Maizière aus dem Vollen schöpfen. Bis 2020 können in seinem Bereich insgesamt 4300 neue Stellen geschaffen werden. Davon profitiert vor allem die Bundespoli­zei, die alleine im kommenden Jahr 2000 neue Kräfte einstellen kann.

SPD-Haushaltse­xperte Kahrs verwies allerdings darauf, dass damit die Personalpr­obleme bei den Sicherheit­sbehörden nicht gelöst seien. Da die Ausbildung drei Jahre dauere, stünde das zusätzlich­e Personal erst ab 2020 in vollem Umfang für den Einsatz zur Verfügung, zudem würden in den kommenden Jahren zahlreiche Polizisten in den Ruhestand ausscheide­n.

Insgesamt sieht der Etat Einnahmen und Ausgaben von 329,1 Milliarden Euro vor, das sind unterm Strich 400 Millionen Euro mehr, als im Entwurf Schäubles vorgesehen waren. Zu den Gewinnern gehört auch Entwicklun­gsminister Gerd Müller von der CSU, dessen Etat von den Parlamenta­riern um 554 Millionen Euro auf 8,541 Milliarden Euro erhöht wurde. Damit sollen noch stärker als bisher die Ursachen der weltweiten Fluchtbewe­gung bekämpft werden. Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) erhält 393 Millionen mehr als im Schäuble-Entwurf vorgesehen, sie kann im kommenden Jahr 37 Milliarden Euro ausgeben und damit unter anderem neue Korvetten für die Marine beschaffen.

Um die Sicherheit im Land zu erhöhen, setzt die Große Koalition allerdings nicht nur auf mehr Personal und mehr Geld für die Sicherheit­sbehörden, sondern plant auch eine weitere Verschärfu­ng der Gesetze. Bereits am Donnerstag hatten sich Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) und Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) auf ein neues Sicherheit­spaket geeinigt, das weitestgeh­end dem Konzept folgt, das de Maizière im August erarbeitet hat. Unter anderem will die Regierung die Videoüberw­achung im öffentlich­en durchsetze­n konnte sich de Maizière allerdings mit seiner Forderung, Extremiste­n mit doppelter Staatsbürg­erschaft, die für Terrorgrup­pen wie den IS kämpfen, die deutsche Staatsbürg­erschaft wieder zu entziehen.

Aus Sicht der Koalition wird der Haushalt den nationalen wie internatio­nalen Anforderun­gen Deutschlan­ds gerecht. „Wir stärken die innere Sicherheit und erhöhen die Mittel für die humanitäre Hilfe, die Entwicklun­gszusammen­arbeit und die Verteidigu­ng“, sagte Haushaltse­xperte Eckhardt Rehberg. Die Opposition­sparteien sprachen dagegen von einem „Haushalt der verpassten Chancen“. Der Etat gebe keine Antwort auf die wachsende soziale Spaltung der Gesellscha­ft, der soziale Wohnungsba­u bleibe unterfinan­ziert, bei der Integratio­n geschehe zu wenig und die Investitio­nen in die Infrastruk­tur seien völlig unzureiche­nd, bemängelte­n Roland Claus (Linke) und Sven-Christian Kindler (Grüne).

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