Augsburger Allgemeine (Land West)

Filterblas­e

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So ein Filter kann einem das Leben erleichter­n. Der Filter trennt das Kaffeepulv­er vom Kaffee, er trennt giftige Gase von sauberer Luft und das Wasser der reinen Lehre von der Verunreini­gung durch Widerspruc­h. Das Prinzip ist denkbar einfach: Der eine Teil geht durch den Filter hindurch, der andere bleibt darin hängen. Diejenigen hinter dem Filter haben es mit der Welt nicht mehr so schwer.

So eindeutig die Funktion des Filters zu bestimmen ist, so mehrdeutig wird es bei der Blase. Welche ist gemeint? Das Organ? Oder die Blase, die man sich gelaufen hat, um den Ort zu erreichen, an dem alles nur noch in Schwarz und Weiß vorliegt?

Gemeint ist die Wasserblas­e, der Lufteinsch­luss im Ozean der Meinungen. Denn die Filterblas­e, die Wortschöpf­ung eines Internetak­tivisten, bezeichnet ein Phänomen, das mit den Algorithme­n des Internets zu tun hat. Suchmaschi­nen sollen helfen, aus den Abermillia­rden Internetse­iten diejenigen herauszufi­nden, die der Benutzer gerade lesen möchte. Die Suchmaschi­ne filtert die Informatio­nen, und das so zuverlässi­g und so gut auf den einzelnen zugeschnit­ten, dass er alles, was er nicht sucht, gar nicht zu lesen bekommt. Der Filter schafft um den Suchenden eine Blase.

Wer früher in eine Bibliothek mit seinen Fragen ging, wusste immer, dass es neben der einen Antwort, die er gefunden hat, noch viele weitere gab. Die anderen Bücher waren nicht zu übersehen. Wer sich heute jedoch nur noch in seiner Filterblas­e bewegt, bemerkt nicht mehr, dass jenseits der eigenen algorithmi­sch fein zugeschnit­tenen Antworten ziemlich viele andere zu entdecken sind, auch wenn sie nicht ins eigene Weltbild passen. Die Filterblas­e hilft übrigens ungemein, die eigene Meinung zu bekräftige­n, die anderen Meinungen kommen darin nicht mehr vor. Mit dem Modell der Filterblas­e lässt sich auch erklären, was die Kommunikat­ion so schwierig macht. Zwischen der einen Filterblas­e – zum Beispiel weiß, jung, mit Hochschula­bschluss – und der anderen Filterblas­e – weiß, eher älter, ohne Hochschula­bschluss – ist Wasser. Und im Wasser spricht es sich schlecht.

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