Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie das Leben im Kloster heute aussieht
Kirche Vor 800 Jahren wurde der Dominikanerorden gegründet. Pater Paul fand relativ spät zu dieser Gemeinschaft. Nun ist er Prior und berichtet über seine Arbeit und den Wandel der Zeit
Pater Paul Schäfersküpper wirkt begeistert und stolz, wenn er über die Gemälde in der Heilig-Kreuz-Kirche spricht. „Das hier ist ein echter Rubens“, erklärt der Prior des Augsburger Dominikanerkonvents. Einige Gemälde hat er extra in der Kirche aufhängen lassen, denn in diesem Jahr steht ein besonderes Fest an: Der Dominikanerorden feiert sein 800-jähriges Bestehen.
In Augsburg haben die Dominikaner eine lange und turbulente Geschichte: Bereits wenige Jahre nach der Gründung des Ordens entstand hier die vierte Niederlassung im deutschsprachigen Raum. Mehrere Jahrhunderte standen die Klostergebäude in der Nähe der heutigen Dominikanerkirche St. Magdalena, wo bis 2012 das Römische Museum der Stadt untergebracht war. Erst 1932 übernahmen die Dominikaner die Seelsorge an der Wallfahrtskirche Heilig Kreuz, 1958 zogen die Ordensbrüder in den Klosterneubau ein.
Dem Konvent gehören heute neun Brüder an. Pater Paul ist einer von ihnen. Den Wunsch, Pfarrer zu werden, hatte er schon als Jugendlicher. Dennoch entschloss er sich nach seiner Internatszeit, nach München zu gehen und dort Sprechwissenschaften, Medizin und Pädagogik an der LMU zu studieren. Im Anschluss an sein Studium bekam er eine Stelle als Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Psychiatrie. Im Jahr 1989 trat er in den Dominikanerorden ein. Seit drei Jahren ist er Prior des Augsburger Konvents, zuvor war er viele Jahre beim Theatinerorden in München.
Der Tag im Kloster ist klar strukturiert. Den Rahmen bilden Messen und Chorgebete, in den Zwischenzeiten gehen die Brüder verschiedenen Aufgaben nach: Ein Bruder gibt Religionsunterricht, ein anderer betreut die Autobahnkirche in Adelsried, ein dritter kümmert sich um Obdachlose. Neben seiner Tätigkeit als Prior und Kirchenrektor von Heilig Kreuz ist Pater Paul Zirkusund Schaustellerseelsorger. Bei Volksfesten wie dem Plärrer oder dem Münchner Oktoberfest leitet er die Gottesdienste und spendet Sakramente. Außerdem hat er ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Schausteller.
Wie in den meisten Klöstern gibt es auch bei den Augsburger Dominikanern Nachwuchssorgen, doch Pater Paul ist optimistisch: „In den Jahren 1970 bis 1985 hatten wir grö- ßere Probleme.“Momentan entscheiden sich pro Jahr ein oder zwei Männer, dem Orden beizutreten. „Die meisten von ihnen fühlen sich schon lange berufen“, erklärt Pater Paul. Auch am Festgottesdienst diesen Sonntag werden zwei Anwärter, sogenannte Postulanten, begrüßt. Bis sie endgültig in den Orden aufgenommen werden, werden noch ein paar Jahre vergehen – eine Bedenkzeit, sowohl für den Anwärter als auch für die Brüder des Konvents.
Im Laufe seiner Zeit als Dominikaner hat Pater Paul auch so manche Veränderung beobachtet: „Der Geist der Einheit hat sich verändert“, sagt er. „Früher kamen Priester oft aus kinderreichen Familien und waren mit dem Leben in einer Gemeinschaft schon von klein auf vertraut.“Heute gebe es auch Mitbrüder, die Einzelkinder seien: „Sie müssen manchmal erst lernen, was Leben in einer Gemeinschaft bedeutet.“
Der Festgottesdienst zum 800-jährigen Bestehen der Dominikaner findet am morgigen Sonntag, 13. November, um 10 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche statt. Im Anschluss an den Gottesdienst gibt es einen Empfang im Konvent und einen Festakt in der Kirche.