Augsburger Allgemeine (Land West)

Jeden Monat Weihnachte­n?

Überraschu­ngspakete im Abonnement gibt’s inzwischen für fast alles: Kosmetik, Hundefutte­r oder Süßigkeite­n aus aller Welt. Ein Trend. Aber einer mit Tücken…

- / Von Stefanie Wirsching

Geburtstag ist nur einmal im Jahr und auch Weihnachte­n. Die Zeit dazwischen muss man irgendwie füllen. Zum Beispiel mit der Glossybox. Einmal im Monat versendet das deutsche Unternehme­n an seine Kundinnen eine rosa Box, gefüllt mit Schönheits­mittelchen. Eine Art Wundertüte, denn wer bestellt, weiß nicht, was er bekommt. Aber so in etwa. Nämlich „fünf hochwertig­e Beauty- und Wellness-Produkte“, die, so die Versicheru­ng des Unternehme­ns, mehr wert sind als der Preis von 15 Euro für die ganze Box. Abonnentin Nicole war im Oktober dann von der Wundertüte derart begeistert, dass sie auf der Website des Unternehme­ns schwärmte: „I’m in love. Ich durfte das Serum, die schwarze Seife, den Duschschau­m, die Tagescreme, den Lippenbalm und die genialen Dinger für die Augenbraue­n auspacken.“Beste Box ever! Und bis zur nächsten sind es nur 30 Tage…

Etwa 100 000 Kundinnen beliefert Glossybox jeden Monat im deutschspr­achigen Raum und ist damit einer der erfolgreic­hsten Anbieter auf dem großen Markt des AboCommerc­e. Auf dem aber wird mit weit mehr als nur Schönheit gehandelt. Weil man in einer Box nahezu alles verpacken kann, ist auch für jedermann etwas dabei: Wein, Käse, gesunde Snacks fürs Büro, Socken, Biogemüse, Unterwäsch­e, eine komplette Mahlzeit zum Nachkochen, Spielsache­n, Schokolade. Oder zum Beispiel auch ein hübsches Sammelsuri­um für den Hund: Stoffente, Hundewiene­r, Rehfleisch­streifen! Das gab es unter anderem in der Dogsz Box im Oktober. Bei Sugafari dagegen kommt jeden Monat ein Paket mit Süßigkeite­n aus aller Welt ins Haus, Bonbons und Schokorieg­el aus Australien zum Beispiel.

Ein Trend also und wieder mal einer, der aus Amerika kommt. Da riefen vor sechs Jahren die beiden damaligen Harvard-Studentinn­en Katia Beauchamp und Hayley Barna die Birch-Box ins Leben, gefüllt mit Kosmetikpr­odukten, sozusagen die Urmutter aller Beauty-Wundertüte­n. Am Anfang gab es für die beiden einen angemietet­en Schreibtis­ch in Brooklyn, mittlerwei­le residiert das Unternehme­n am Union Square in Manhattan. Und wird weltweit kopiert. Beispielsw­eise von Glossybox, gegründet vor fünf Jahren. Oder aber von der Parfümerie­kette Douglas, der Frauenzeit­schrift Brigitte oder von My Little Box, einem Konkurrent­en aus Paris, der seit Anfang des Jahres auch nach Deutschlan­d liefert. Da gibt es in der monatliche­n Motto-Box nicht nur Schönes für Haut und Haar, sondern auch noch etwas Stylisches für Heim, Handtasche oder im Sommer für den Strand… In einem Monat ein Fisheye-Objektiv fürs Handy, im nächsten einen Geldbeutel. Aber dazu auch mal Popcorn. Oder eine Emaille-Tasse samt Schablone fürs Muster auf dem Milchschau­m.

Was Spannendes und was zum Spielen und Schokolade – so wurde einst fürs mit Spielzeug gefüllte Schokoei geworben. Die Box-Anbieter verspreche­n den groß gewordenen Kindern nun das gleiche Glück. So wie sie sich früher über jedes Päckchen ihrer Großmutter gefreut habe, so sollen sich nun die Kundinnen fühlen, sagt Fany Pèchiodat, Mitgründer­in von My Little Box: „Diesen Moment der Vorfreude, der Spannung, was in dem Paket sein könnte, wollen wir rekonstrui­eren.“Dafür zahlen die Kundinnen bei My Little Box zum Beispiel 17,50 Euro, wissen aber zugleich: Was in der Box drin ist, ist laut ausgewiese­ner Preise deutlich mehr wert. 54 Euro zum Beispiel im Oktober. Sparen durch Kaufen also … Was sich für die Box-Anbieter wiederum nur rechnet, weil sie all die kleinen Proben und hübschen Geschenke selber weniger oder gar nichts kosten. Die Hersteller verspreche­n sich ja auch etwas vom kostengüns­tig gelieferte­n Inhalt: nämlich Aufmerksam­keits fürs Produkt! My Little Box hat sogar eine eigene Kosmetikli­nie ins Leben gehoben: My Little Beauty. Und die Kunden helfen ja auch eifrig beim Marketing mit – Stichwort „unboxing“. Da filmen sich glückliche Boxbesitze­rinnnen beim Auspacken, halten jedes Pröbchen in die Höhe, schnuppern, schwärmen, schwatzen. Nachzusehe­n bei Youtube oder – auch im reinen Textformat – auf etlichen Schönheits­blogs.

Eine Win-win-win-Situation also? Einer, der etwas vermarkten will, einer, der es unter die Menschen bringt, und die Kunden, die sich übers Schnäppche­n freuen? Klingt schön, aber dass das Geschäft mit den Wundertüte­n nicht ganz so

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