Augsburger Allgemeine (Land West)
Jeden Monat Weihnachten?
Überraschungspakete im Abonnement gibt’s inzwischen für fast alles: Kosmetik, Hundefutter oder Süßigkeiten aus aller Welt. Ein Trend. Aber einer mit Tücken…
Geburtstag ist nur einmal im Jahr und auch Weihnachten. Die Zeit dazwischen muss man irgendwie füllen. Zum Beispiel mit der Glossybox. Einmal im Monat versendet das deutsche Unternehmen an seine Kundinnen eine rosa Box, gefüllt mit Schönheitsmittelchen. Eine Art Wundertüte, denn wer bestellt, weiß nicht, was er bekommt. Aber so in etwa. Nämlich „fünf hochwertige Beauty- und Wellness-Produkte“, die, so die Versicherung des Unternehmens, mehr wert sind als der Preis von 15 Euro für die ganze Box. Abonnentin Nicole war im Oktober dann von der Wundertüte derart begeistert, dass sie auf der Website des Unternehmens schwärmte: „I’m in love. Ich durfte das Serum, die schwarze Seife, den Duschschaum, die Tagescreme, den Lippenbalm und die genialen Dinger für die Augenbrauen auspacken.“Beste Box ever! Und bis zur nächsten sind es nur 30 Tage…
Etwa 100 000 Kundinnen beliefert Glossybox jeden Monat im deutschsprachigen Raum und ist damit einer der erfolgreichsten Anbieter auf dem großen Markt des AboCommerce. Auf dem aber wird mit weit mehr als nur Schönheit gehandelt. Weil man in einer Box nahezu alles verpacken kann, ist auch für jedermann etwas dabei: Wein, Käse, gesunde Snacks fürs Büro, Socken, Biogemüse, Unterwäsche, eine komplette Mahlzeit zum Nachkochen, Spielsachen, Schokolade. Oder zum Beispiel auch ein hübsches Sammelsurium für den Hund: Stoffente, Hundewiener, Rehfleischstreifen! Das gab es unter anderem in der Dogsz Box im Oktober. Bei Sugafari dagegen kommt jeden Monat ein Paket mit Süßigkeiten aus aller Welt ins Haus, Bonbons und Schokoriegel aus Australien zum Beispiel.
Ein Trend also und wieder mal einer, der aus Amerika kommt. Da riefen vor sechs Jahren die beiden damaligen Harvard-Studentinnen Katia Beauchamp und Hayley Barna die Birch-Box ins Leben, gefüllt mit Kosmetikprodukten, sozusagen die Urmutter aller Beauty-Wundertüten. Am Anfang gab es für die beiden einen angemieteten Schreibtisch in Brooklyn, mittlerweile residiert das Unternehmen am Union Square in Manhattan. Und wird weltweit kopiert. Beispielsweise von Glossybox, gegründet vor fünf Jahren. Oder aber von der Parfümeriekette Douglas, der Frauenzeitschrift Brigitte oder von My Little Box, einem Konkurrenten aus Paris, der seit Anfang des Jahres auch nach Deutschland liefert. Da gibt es in der monatlichen Motto-Box nicht nur Schönes für Haut und Haar, sondern auch noch etwas Stylisches für Heim, Handtasche oder im Sommer für den Strand… In einem Monat ein Fisheye-Objektiv fürs Handy, im nächsten einen Geldbeutel. Aber dazu auch mal Popcorn. Oder eine Emaille-Tasse samt Schablone fürs Muster auf dem Milchschaum.
Was Spannendes und was zum Spielen und Schokolade – so wurde einst fürs mit Spielzeug gefüllte Schokoei geworben. Die Box-Anbieter versprechen den groß gewordenen Kindern nun das gleiche Glück. So wie sie sich früher über jedes Päckchen ihrer Großmutter gefreut habe, so sollen sich nun die Kundinnen fühlen, sagt Fany Pèchiodat, Mitgründerin von My Little Box: „Diesen Moment der Vorfreude, der Spannung, was in dem Paket sein könnte, wollen wir rekonstruieren.“Dafür zahlen die Kundinnen bei My Little Box zum Beispiel 17,50 Euro, wissen aber zugleich: Was in der Box drin ist, ist laut ausgewiesener Preise deutlich mehr wert. 54 Euro zum Beispiel im Oktober. Sparen durch Kaufen also … Was sich für die Box-Anbieter wiederum nur rechnet, weil sie all die kleinen Proben und hübschen Geschenke selber weniger oder gar nichts kosten. Die Hersteller versprechen sich ja auch etwas vom kostengünstig gelieferten Inhalt: nämlich Aufmerksamkeits fürs Produkt! My Little Box hat sogar eine eigene Kosmetiklinie ins Leben gehoben: My Little Beauty. Und die Kunden helfen ja auch eifrig beim Marketing mit – Stichwort „unboxing“. Da filmen sich glückliche Boxbesitzerinnnen beim Auspacken, halten jedes Pröbchen in die Höhe, schnuppern, schwärmen, schwatzen. Nachzusehen bei Youtube oder – auch im reinen Textformat – auf etlichen Schönheitsblogs.
Eine Win-win-win-Situation also? Einer, der etwas vermarkten will, einer, der es unter die Menschen bringt, und die Kunden, die sich übers Schnäppchen freuen? Klingt schön, aber dass das Geschäft mit den Wundertüten nicht ganz so