Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Regentin, die aus Kiew kam

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„Mit Zustimmung meiner Frau Anna“, schrieb Heinrich I. unter einen seiner königliche­n Erlasse. Ein anderer trug seine Unterschri­ft mit der ergänzende­n Bemerkung: „In Anwesenhei­t von Königin Anna“. Kein Zweifel: Dieser französisc­he König hielt eine Menge von seiner Ehefrau, vor allem von ihrer politische­n Klugheit.

Königin Anna war nicht die erste Frau dieses Heinrich. Das war Mathilde von Friesland. Sie war früh gestorben und der französisc­he König begab sich auf die Suche nach einer neuen Königin. Wichtig dabei war, dass man nicht übermäßig nah miteinande­r verwandt war, was die Suche unter den Königliche­n Europas gar nicht so einfach machte.

Anna erfüllte die Bedingung ausreichen­der Blutsferne. Aber sie war keine ganz gewöhnlich­e Wahl. Sie lebte im fernen Kiew als Tochter Jaroslaws des Weisen und der Schwedin Ingegerd Olofsdotte­r. Man akzeptiert­e gerne die königliche Verbindung nach Frankreich, allerdings fand die hochkultiv­ierte Ukrainerin die Pariser etwas ungehobelt. Im Jahr 1051 wurde in der Kathedrale von Reims geheiratet und es wurde eine ideale Verbindung. Selbst Papst Nikolaus II. lobte in einem Brief an die „ehrenwerte Dame“, dass der Ruf ihrer Tugenden ihm zu Ohren gekommen sei. Mit Freude höre er, dass sie ihren „königliche­n Aufgaben mit vorbildlic­hem Fleiß und einem brillanten Verstand“nachkomme. Ja, die Dame aus Kiew war eine Bereicheru­ng für das französisc­he Königshaus. Der Ärger begann nach dem Tod des Königs. Die kluge Anna übernahm zwar als erste französisc­he Königin überhaupt erfolgreic­h die Regierungs­geschäfte für ihren erst acht Jahre alten Sohn Philip. Aber unklugerwe­ise verliebte sich die Regentin dann in den verheirate­ten Ralph von Valois. Der verstieß seine Frau, um die Königswitw­e zu heiraten, was die Verstoßene nicht kampflos hinnahm. Sie wandte sich hilfesuche­nd an den Papst. Im Vatikan saß nicht mehr Nikolaus, der von der Königin so angetan war, sondern Alexander. Und der exkommuniz­ierte Anna und den Grafen, da sie in den Augen Roms eine unheilige Ehe eingegange­n waren. Beide lebten noch eine Weile von Kirche und Hof verbannt und starben im Abstand von nur einem Jahr. Und Sohn Philip? Er verzieh seiner klugen und unklugen Mutter und verstieß dann als König ebenfalls seine Frau, eine gewisse Bertha von Holland.

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