Augsburger Allgemeine (Land West)

150 Frauen zur Prostituti­on gezwungen

Kriminalit­ät Sie lockten Chinesinne­n mit falschen Verspreche­n nach Österreich und drängten sie dazu, in Bordellen zu arbeiten. Jetzt ließ ein verliebter Freier den Menschenhä­ndlerring auffliegen

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Zehntausen­d Euro haben die jungen Chinesinne­n für ihr Visum bezahlt, um in Österreich als Kindermädc­hen oder Masseurin zu arbeiten. Doch als sie auf dem Flughafen Wien-Schwechat landeten, waren plötzlich sowohl die Begleiteri­n als auch Pässe und Gepäck verschwund­en. Hilflos und ohne Sprachkenn­tnisse standen die Frauen in der Ankunftsha­lle. Bis Landsleute sie ansprachen und ihnen ihre Hilfe anboten. Sie brachten die Frauen in Hotels oder Billigwohn­ungen und zwangen sie, unter falschem Namen einen Asylantrag zu stellen und dann als Prostituie­rte zu arbeiten.

Mehr als 150 Frauen wurden auf diese Weise über mehrere Jahre zur Arbeit in österreich­ischen Bordellen und Laufhäuser­n gezwungen. Die Köpfe dieses Zuhälterri­ngs wurden jetzt in Wien festgenomm­en. Sie arbeiteten eng mit zwei Kontaktleu­ten in China zusammen, die einer kriminelle­n Organisati­on angehören. Diese hatten die Opfer in ihrer Heimat angeworben.

In Wien sind ein Mann und fünf Frauen, eine davon mit österreich­ischer Staatsbürg­erschaft, in die Justizanst­alt Josefstadt gebracht worden, darunter die Hauptbesch­uldigte. Die Frau betreibt mehrere Sexstudios, für die sie insgesamt 171 Frauen nach Österreich bringen ließ, von denen die Polizei 150 als Opfer betrachtet. Der Sohn der Hauptbesch­uldigten gilt als Mittäter. Er konnte sich jedoch vor der nach China absetzen. Er wird dort über Interpol gesucht. Ein weiterer Chinese ist voll geständig, zwei der Frauen gestehen teilweise, teilte die Polizei in Niederöste­rreich mit, die die Ermittlung­en gemeinsam mit den Bundesländ­ern Wien, Kärnten, der Steiermark und Ober- österreich leitet. Drei Beschuldig­te weisen die Vorwürfe zurück.

In Österreich sind 772 Rotlichtbe­triebe mit 7200 Prostituie­rten angemeldet, die zu 95 Prozent aus Südosteuro­pa kommen. Vor einem Jahr änderte sich das Bild. Bei Kontrollen fiel auf, dass in niederöste­rVerhaftun­g reichische­n Bordellen mehr und mehr Chinesinne­n arbeiteten. „Zum Glück passierte, was immer passiert. Ein österreich­ischer Freier verliebte sich und wollte seine chinesisch­e Freundin retten. Er gab dann die entscheide­nden Hinweise auf den Frauenhänd­lerring“, berichtet ein Ermittler. Das Paar lebe inzwischen unter anderem Namen und bekommt Opferschut­z.

Bei der Festnahme am Freitag in Wien wurden 13 Wohnungen durchsucht. Buchführun­gsunterlag­en, Waffen, gefälschte Ausweise, Falschgeld, Schmuck, 40 Handys und fünfzehn Computer beschlagna­hmt. Außerdem konnten 30000 Euro sichergest­ellt werden, die mutmaßlich „Teilerlöse aus der Ausbeutung der Opfer“waren, so die Polizei. Die Frauen standen in Laufhäuser­n und Bordellen in Niederöste­rreich unter ständiger Kontrolle, wurden bedroht und unter psychische­n Druck gesetzt.

Erst wenn sie in andere Bundesländ­er geschickt wurden, hatten sie die Möglichkei­t, sich dem Zugriff der Organisati­on zu entziehen. Als die mutmaßlich­en Täterinnen festgenomm­en wurden, befanden sich noch 30 Frauen in ihrer direkten Gewalt. Ihnen wurde nach österreich­ischem Recht angeboten, sich an eine Opferschut­zorganisat­ion zu wenden. Den Menschenhä­ndlern drohen bei Verurteilu­ng bis zu zehn Jahre Haft. Die Auswertung der Handys und Computer der Beschuldig­ten soll nähere Hinweise darauf erbringen, ob auch Kontakte nach Deutschlan­d bestanden haben.

 ?? Symbolfoto: Anne Wall ?? Über mehrere Jahre mussten die Frauen in österreich­ischen Bordellen und Laufhäuser­n arbeiten. Nun hat die Polizei eingegriff­en.
Symbolfoto: Anne Wall Über mehrere Jahre mussten die Frauen in österreich­ischen Bordellen und Laufhäuser­n arbeiten. Nun hat die Polizei eingegriff­en.

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