Augsburger Allgemeine (Land West)
Marihuana mit der Post verschickt
Justiz 19-Jährige aus dem südlichen Landkreis soll Drogen auf Internetplattform bestellt haben. Umschlag kommt bei Fahrradhändler an
Landkreis Augsburg
Es war eine ganz spezielle Lieferung, die für eine 19-Jährige im südlichen Landkreis bestimmt war. Denn in dem Umschlag war keine Einladung und auch keine Rechnung. Nein, es war ein silbern eingeschweißtes Päckchen – gefüllt mit 20,56 Gramm Marihuana. Deswegen musste sich die junge Frau vor dem Augsburger Jugendgericht verantworten.
Die Verhandlung bei Jugendrichter Günther Baumann zeigte die Reise des dubiosen Umschlags quer durch die halbe Bundesrepublik auf. Absender soll ein Fahrradgeschäft im rund 600 Kilometer entfernten nordrhein-westfälischen Aachen gewesen sein. Dorthin wurde die Sendung als Retoure zurückgeschickt, da sie nicht ausreichend frankiert war. Der Inhaber wurde neugierig, öffnete den unscheinbaren Umschlag. Das silberne Päckchen erregte sein Misstrauen, deshalb ging er zur Polizei. Diese erkannte sofort, dass es sich hierbei um Drogen handelte. Wie sich später herausstellte, hatten diese einen Wirkstoffgehalt von mindestens acht Prozent. Wenn also schon die Adresse des Absenders nicht stimmte, was hatte es dann mit der des Empfängers auf sich? Diese Frage galt es vor dem Jugendgericht zu klären, denn wegen versuchten, unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln musste sich eine 19-Jährige – vertreten von Rechtsanwalt Felix Hägele – verantworten. Einmal hätte sie das als weiche Droge bezeichnete Marihuana probiert; aber dann nie wieder. Bei einer Hausdurchsuchung stellten Ermittler im Zimmer der jungen Frau nur Marihuanareste und eine gebrauchte Haschischpfeife sicher. Die 19-Jährige stritt vor Gericht ab, die Drogen bestellt zu haben, schon gar nicht über das Darknet. Sie besitze gar keinen Computer und wüsste auch gar nicht, wie diese demnach nur bei Insidern bekannte Seite im Internet angeklickt werde. Richter Baumann hatte seine Zweifel an dieser Geschichte der Angeklagten, denn bis auf die Hausnummer stimmte die Adresse der 19-Jährigen mit der auf dem Umschlag überein. Außerdem sei es schwer vorstellbar, dass ein Unbekannter für über 200 Euro Marihuana in einen Briefumschlag stecke und diesen an einen Unbekannten verschickt. „Der will doch auch sein Geld, und nicht das Zeug, zurückhaben“, sagte er.
Ein Kriminalbeamter aus Aachen sprach im Gericht über ihm bekannte Vorfälle dieser Art. Stets anonym werde die Ware, in diesem Fall Drogen, in einem der Foren im Darknet bestellt. Dazu müsse man ein spezielles Internetkonto besitzen und die Bestellung sofort mit Bitcoins, einer Art virtueller Währung, zahlen. Anders komme man nicht an die Drogen ran.
Fünf Beratungsgespräche bei der Drogenhilfe nachweisen
Nachdem ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe das intakte soziale und berufliche Umfeld der 19-Jährigen dargelegt hatte, gab es eine kurze Beratung.
Das Ergebnis: Das Verfahren wurde mit Zustimmung von Staatsanwalt Andreas Kraus gegen zwei Auflagen eingestellt. Zum einen muss die junge Frau an den Bunten Kreis eine Geldbuße von 800 Euro in Raten zahlen, zum anderen muss sie nachweislich an fünf Beratungsgesprächen bei der Drogenhilfe Schwaben teilnehmen.