Augsburger Allgemeine (Land West)
„Der Elefant bestimmt, wo es langgeht“
Vortrag Carl Naughton erklärt, wie man Pläne nicht nur schmiedet, sondern auch verwirklicht
Gersthofen
Wer kennt das nicht? Hochmotiviert fasst man abends einen Entschluss: „Morgen stehe ich vor der Arbeit mal früher auf.“Zum Beispiel, um joggen zu gehen. Doch spätestens wenn der Wecker klingelt, werden die Vorsätze kurzerhand wieder verworfen. Schuld daran sei ein Elefant, sagt der Wissenschaftler und Buchautor Carl Naughton in seinem Vortrag aus der Reihe „Augsburger Allgemeine Wissen“, die von unserer Zeitung zusammen mit dem Unternehmen Sprecherhaus veranstaltet wird.
In der mit 700 Gästen voll besetzten Stadthalle in Gersthofen erläutert der Linguist und ausgebildete Schauspieler seine Theorie: Unser Gehirn sei wie ein Gespann aus Reiter und Elefant. „Der Frontallappen ist der Reiter. Er hat die Zügel in der Hand“, sagt Naughton. Denn in dieser Hirnregion wer- den bewusste Entscheidungen getroffen – dort sitzt die Vernunft. Der Großteil des übrigen Gehirns werde dagegen überwiegend von Erfahrungen und Emotionen geleitet. „Das ist der Elefant. Und der bestimmt als Autopilot meistens, wo es langgeht.“Er schlage am liebsten einfache oder bekannte und damit sichere Pfade ein.
Wie schwer es dem Reiter im Alltag häufig fällt, den Elefanten zu kontrollieren, macht Naughton anhand einfacher Beispiele deutlich. Etwa mit diesem fiktiven Szenario: Alle Zuhörer haben am Anfang der Veranstaltung ein Los für einen Euro gekauft – und alle haben gewonnen. Nun dürfen sie sich für einen der beiden Gewinne entscheiden: Entweder eine kleine Praline im Wert von 50 Cent oder eine große Praline im Wert von zwei Euro. Auf Nachfrage entscheiden sich fast alle Zuhörer für das größere Stück.
Dann projiziert Naughton zwei Bilder auf die Leinwand. Zu sehen sind die beiden Pralinen: ein kleines Schoko-Herz und eine etwas größere, aus Kakao-Masse geformte Kakerlake. Angeekeltes Raunen geht durchs Publikum. Auf erneute Nachfrage entscheiden sich nun doch alle für die kleine Süßigkeit.
„Sehen Sie“, sagt Naughton, „sachlich betrachtet ist die Kakerlake die bessere Alternative.“Aber Menschen würden sich bei Entscheidungen eben von Emotionen leiten lassen. „Fakten werden dann wertlos.“Diesen Effekt mache sich auch die Werbebranche zunutze. Zusammenfassend hält der Wissenschaftler fest: So vernünftig morgendliches Joggen oder ein Diätplan unserem inneren Reiter auch erscheinen mögen – wer erfolgreich etwas an seinem Verhalten in Alltag oder Berufsleben ändern will, müsse vor allem den Elefanten von seinem Vorhaben überzeugen.
Und dafür hat Naughton Tipps parat: So sei es etwa der falsche Weg, sich „die Latte zu hoch zu legen“. Denn für den Elefanten gelte: „Wenn er denkt, er befindet sich bereits auf dem richtigen Weg, erledigt sich die restliche Strecke automatisch.“Das Erreichen von Zielen sei zudem umso wahrscheinlicher, je leichter der Weg dorthin dem Elefanten erscheine. Ein Beispiel: Wer abnehmen will, sollte kleineres Geschirr benutzen, rät Naughton. „Denn ein kleiner Teller sieht auch bei einer kleinen Portion voll aus.“Letztlich geht es also darum, den Elefanten zu überlisten.
Naughton, der seit mehr als zehn Jahren als Motivationsredner unterwegs ist und bis zu 100 Vorträge im Jahr hält, schafft es mit anschaulichen Beispielen, nützlichen Tipps und einer guten Portion Witz, das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Die Zuhörer lauschen gespannt den Worten des Mannes im großkarierten Anzug und schreiben sich Notizen in ihre Blöcke. Seine wichtigste Botschaft an diesem Abend lautet: „Switchen Sie um und überlassen Sie Ihr Hirn keinem Autopiloten.“O
Der nächste Vortrag unter dem Motto „Ich bin… achtsam“von Johannes Warth findet am 7. Dezember um 19.30 Uhr in der Stadthalle Gersthofen statt. Tickets, Karten und Termine unter www.augsburger-allgemeine.de/ special/wissen.
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