Augsburger Allgemeine (Land West)
VW baut mehr als jede sechste Stelle ab
Auto Das Unternehmen will in Deutschland bis zu 23 000 Arbeitsplätze streichen. Weshalb Experte Ferdinand Dudenhöffer Reformen für überfällig hält und was die Vorgänge für Audi bedeuten
Augsburg
Für den größten deutschen Autobauer VW haben sich in der letzten Zeit die Probleme geballt. Nicht nur der Diesel-Skandal lastet auf dem Unternehmen. In der Kernmarke VW fielen die Gewinne zuletzt mau aus. Und das Thema Elektromobilität verursacht hohe Investitionskosten. Jetzt legte VW ein massives Sparprogramm vor: In den nächsten Jahren sollen weltweit in der Kernmarke VW bis zu 30000 Arbeitsplätze wegfallen – die meisten in Deutschland, wo Volkswagen bis zu 23 000 Stellen streichen will. Dies ist mehr als jede sechste Stelle. Das Unternehmen hat hierzulande rund 120 000 Mitarbeiter.
VW erhofft sich Einsparungen von 3,7 Milliarden Euro pro Jahr ab 2020, davon allein drei Milliarden in Deutschland. Das Wichtigste für die VW-Mitarbeiter: Betriebsbedingte Kündigungen werden bis Ende 2025 ausgeschlossen, sagte Betriebsratschef Bernd Osterloh. VW setzt auf Fluktuation und Altersteilzeit. Im Gegenzug will VW in die Elektromobilität investieren und vom Her- zum „Mobilitätsdienstleister“werden. Der Autobauer setzt dafür 3,5 Milliarden Euro ein und will 9000 neue Stellen schaffen.
Für Auto-Fachmann Ferdinand Dudenhöffer kommen die Einschnitte nicht überraschend. Sie seien eine Folge der „Ineffizienz von VW seit zehn Jahren“, sagte der Professor der Universität DuisburgEssen unserer Zeitung. „Der VWKonzern war in der Vergangenheit so aufgestellt, genauso viel Fahrzeuge wie Toyota herzustellen, nur mit doppelt so viel Leuten.“Im gesamten VW-Imperium inklusive Marken wie Audi, Skoda oder Seat arbeiten heute weltweit über 600000 Beschäftigte.
Der Diesel-Skandal hat nach Ansicht Dudenhöffers die Lage bei VW noch verschärft. Experten schätzen, dass Volkswagen die Affäre am Ende über 30 Milliarden Euro kosten kann. „Ohne die Diesel-Affäre würde VW aber auch nicht so in Richtung Elektroantrieb gehen“, meint Dudenhöffer. Er sieht die Diesel-Krise als heilsamen Schock. „Sonst wäre VW gegen die Wand gefahren.“Ob das Sparprogramm aber ausreicht, lasse sich schwer sagen. „Es bleiben viele Risiken“, warnt Dudenhöffer. Die Diesel-Affäre scheint sich auf Benziner auszuweiten. Und in den USA droht der künftige Präsident Donald Trump mit wirtschaftlicher Abschottung. Die wichtigste Frage für unsere Region aber ist, was das Sparprogramm für den Ingolstädter Autobauer Audi bedeutet.
Bei Audi betont man, dass es sich allein um ein Programm der Marke Volkswagen handelt. Doch auch bei Audi gab es zuletzt Einsparungen: „Wir haben das Programm Speed up ins Leben gerufen, um Abläufe im gesamten Unternehmen effizienter zu machen“, berichtet AudiSprecher Jürgen De Graeve. Verschiedene Bauprojekte seien versteller schoben worden. Darunter bekanntlich der Bau des Entwicklungszentrums „IN-Campus“in Ingolstadt, das tausend neue Stellen versprach. Zudem steige Audi aus der Langstreckenweltmeisterschaft aus. Audi hat in Ingolstadt 44072 Mitarbeiter, davon 18700 in der Produktion. Auch diese machen sich nun Gedanken um ihre Jobs.
Audi-Betriebsratschef Peter Mosch forderte kürzlich, die Beschäftigungssicherheit für die Audianer über 2018 hinaus zu verlängern. „Die Gespräche über eine Verlängerung der Beschäftigungsgarantie laufen“, sagte dazu gestern der Audi-Sprecher. Wie also sieht die Zukunft für Audi aus – lange eine Ertragsperle im Konzern? Aus Sicht Dudenhöffers müssen sich auch die Ingolstädter weiterentwickeln: „Audi schwächelt in letzter Zeit und ist vom Absatz und der Ertragskraft her nicht mehr so stark wie vor drei oder vier Jahren.“
Wie VW selbst das Steuer herumreißen will, lesen Sie auf der Wirtschaft. Und Stefan Stahl vertritt dort die Meinung, dass VW den Preis für seine Reformfaulheit zahlt.