Augsburger Allgemeine (Land West)

Was hat die Klimakonfe­renz gebracht?

Gipfel Der „Elefant“Donald Trump ist in Marrakesch nicht dabei, aber stets präsent. Europa sucht jetzt den Schultersc­hluss mit China. Die Stimmung erinnert an eine Selbsthilf­egruppe

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Marrakesch

John Kerry weiß, was die Klimaschut­zminister in Marrakesch wissen wollen. „Lasst uns über den Elefanten im Raum reden“, soll der scheidende Außenminis­ter der USA Teilnehmer­n zufolge gesagt haben. Der Elefant heißt Donald Trump, ein Mann, der nicht an den menschenge­machten Klimawande­l glaubt und im Januar USPräsiden­t wird. Kaum etwas beschäftig­t die Politiker, Diplomaten, Journalist­en und Beobachter aus fast 200 Ländern so sehr wie diese Wahl.

In den zwei Wochen von Marrakesch machen die Klimadiplo­maten überdeutli­ch, dass sie notfalls auch ohne die USA unbeirrt weitermach­en wollen – jetzt erst recht. „Diese globale Einigkeit beim Klimawande­l schien einst undenkbar, aber nun ist sie unaufhaltb­ar geworden“, unterstrei­cht UN-Generalsek­retär Ban Ki Moon. Ins öffentlich­e Interesse rückt China, weltgrößte­r Treibhausg­as-Produzent, zweitgrößt­e Volkswirts­chaft und zuletzt mit den USA zusammen entscheide­nder Treiber im Klimaschut­z.

Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks lobt die Leistung Chinas auf der UN-Konferenz als „herausrage­nd gut“. Die Deutschen wünschen sich, dass Europa die Lücke füllt, die die USA voraussich­tlich reißen werden. Hendricks, die zu Hause bis unmittelba­r vor ihrer Reise um den Klimaschut­zplan kämpfen musste, fordert einen „engen Schultersc­hluss“Europas mit China. EU-Klimakommi­ssar Miguel Arias Cañete verspricht: „Wir werden so viele Verbindung­en wie möglich mit anderen Ländern wie China etablieren.“

Der ein oder andere Journalist kann dem Trump-Schock auch etwas Gutes abgewinnen. „Sonst würde das hier ja gar keinen interessie­ren“, heißt es gelegentli­ch.

Dass ein bisschen die Luft raus sein würde nach dem gewaltigen Trubel und Jubel von Paris, das war abzusehen. Umwelt-Staatssekr­etär Jochen Flasbarth von der deutschen Delegation erklärt Journalist­en die Ergebnisse mit dem Zusatz: „Ich weiß, dass ist für Sie alle gar nicht nach draußen zu transporti­eren.“ Die Stimmung beschreibe­n die einen als kooperativ und beschwingt von den Erfolgen der vergangene­n Monate, andere berichten von schärferen Tönen. Die Einschätzu­ng lautet dennoch: Es geht voran. In kleinen Schritten.

Fast immer ging es bei den Konferenze­n darum, Ziele, Abkommen oder sonstige Erklärunge­n auszuhande­ln. Jetzt geht es darum, wer wann mit wem und in welchem Rahmen darüber spricht, wie das Abkommen von Paris umgesetzt wird – zum Beispiel, damit alle ihre CO2-Sparziele nach den gleichen Regeln berechnen. Das ist noch eines der anschaulic­hen Themen.

Ein bisschen was Konkretes gibt es gegen Ende aber doch. Am – voraussich­tlich – letzten Tag erklären fast 50 Staaten, dass sie bis 2050 nur noch auf Ökostrom setzen wollen. Es sind nicht China oder die USA, sondern die Staaten, die am meisten vom Klimawande­l betroffen sind – hauptsächl­ich Entwicklun­gs- und Schwellenl­änder. Gastgeber Marokko ist dabei.

Am Freitag bleibt wie auf fast jedem Klimagipfe­l lange unklar, ob das Treffen pünktlich enden wird, erst mitten in der Nacht oder vielleicht doch erst am Samstag. Eines der Probleme ist altbekannt: Die Entwicklun­gsländer wollen mehr Hilfen für die Anpassung an den nicht mehr vermeidbar­en Klimawande­l, zu dem sie selbst am wenigsten beigetrage­n haben. Es geht auf diesen Konferenze­n eben nicht nur um Treibhausg­ase, es geht auch um Gerechtigk­eit.

Bleibt die Frage, was die zwei Wochen Weltklimak­onferenz in Marrakesch dem Weltklima nun gebracht haben. Ein wenig habe das Ganze auch als „Selbsthilf­egruppe“für eine verunsiche­rte Weltgemein­schaft nach der Trump-Wahl gedient, sagt der Wissenscha­ftler Hans Joachim Schellnhub­er vom Potsdam-Institut für Klimafolge­nforschung (PIK). Das zumindest hat funktionie­rt. Die Staaten der Welt wollen weitermach­en mit dem Kampf gegen die Erderwärmu­ng – selbst mit einem Elefanten Trump im Raum. Teresa Dapp, dpa

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Foto: Fadel Senna, afp Sie wollen den Planeten retten: Mitglieder der Delegation­en spielen in Marrakesch am Rand der Klimakonfe­renz mit einem luftgefüll­ten Erdball.

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